Bundesrat Privatisierung der Postfinance spaltet die Geister

SDA/jka

20.1.2021 - 18:00

Die Reaktionen auf die Pläne des Bundesrats sind gespalten. 
Die Reaktionen auf die Pläne des Bundesrats sind gespalten. 
Bild: Keystone

Der Bundesrat will die Postfinance vollständig privatisieren. Das passt nicht allen: SP, Gewerkschaften und Gewerbeverband sind dagegen. Unterstützt wird das Vorhaben hingegen von SVP, FDP, Grünliberalen und der Bankiervereinigung.

Der Bundesrat will der Post erlauben, ihre Mehrheit an Postfinance zu verkaufen. Damit stünde der Weg zur Weiterentwicklung von Postfinance in eine vollwertige inlandorientierte Geschäftsbank offen.

Diese Pläne der Regierung stossen auch auf Kritik. Die SP etwa hält angesichts des Tiefzinsumfelds nichts von der Privatisierung der Postfinance. Vielmehr müsse die Bank als Garantin des Zahlungsverkehrs neu aufgestellt werden, schreibt die Partei in einer Mitteilung.

Die Schweiz und Europa bräuchten staatseigene Banken für die Finanzierung des Klimaschutzes. Die Energiewende biete genügend Investitions- und Kreditmöglichkeiten. Die SP kritisiert weiter, dass der Bundesrat keine Alternativen zur Privatisierung vorlege.

Postfinance gehört laut Gewerkschaften der Allgemeinheit

Vehement gegen die Privatisierung spricht sich auch der Schweizerische Gewerkschaftsbund (SGB) aus. Das Institut sei eine Volksbank mit fast drei Millionen Kundinnen und Kunden und gehöre als Teil der Post der Allgemeinheit. Die Postfinance habe einen Grundversorgungsauftrag. Und diesen unterminiere der Bundesrat mit seinem Vorschlag, schreibt der SGB.

Wenn sich Bund und Post aus der Postfinance zurückzögen, müsste der Zahlungsverkehr mit einer Konzessionsvergabe sichergestellt werden. Das hätte laut dem SGB Abstriche an der Qualität und nicht zuletzt beim Personal zur Folge. Die Vorlage sei ein unverhohlener Frontalangriff auf den Service public.

Ins gleiche Horn stösst die Gewerkschaft Syndicom. Die bundesrätliche Idee sei eine Gefahr für den Service public sowie ein hilfloser Versuch, sich über die Aufhebung des Kredit- und Hypothekarkredit-Verbots der Diskussion über eine Staatsgarantie zu entziehen. Syndicom werde sich mit allen Mitteln wehren, in letzter Konsequenz mit dem Referendum, heisst es in einer Mitteilung.

Ablehnung auch beim Gewerbeverband

Auch beim Gewerbeverband (SGV) stösst die vorgesehene Privatisierung auf klare Ablehnung. Das Privatisierungsvorhaben diene ausschliesslich dem «Eigennutz der Postfinance». Im Kredit- und Hypothekarmarkt der Schweiz herrsche kein Versorgungsengpass. «Statt sich den Tatsachen zu stellen, versucht der Bundesrat, mit falschen Argumenten eine eidgenössische Bank zu schaffen», so der SGV.

Anders klingt es bei der SVP. Die Partei teile beim Postfinance-Geschäft die Haltung des Bundesrates, erklärte Sprecherin Andrea Sommer auf Anfrage der Nachrichtenagentur Keystone-SDA. Bedingung für eine vollständige Privatisierung sei für die Partei jedoch die Aufhebung des Kreditverbotes. Dies habe man bereits in der Vernehmlassung zur Teilrevision des Postorganisationsgesetzes unmissverständlich dargelegt.

Privatisierung als einziger Weg für fairen Wettbewerb?

Nach Ansicht der FDP ist die Postfinance-Privatisierung der einzige und darum richtige Weg für einen fairen Wettbewerb im Kredit- und Hypothekarmarkt. Der Aufhebung des Kredit- und Hypothekarverbots für die Postfinance könne die FDP nur in Verbindung mit einer vollständigen und konsequenten Privatisierung zustimmen, erklärte ein Sprecher auf Anfrage.

Aus unternehmerischer Sicht sei es nachvollziehbar, dass Postfinance auch Hypotheken und Kredite anbieten wolle, hiess es bei den Grünliberalen. Zwingende Bedingung dafür sei aber die vollständige Privatisierung, wie sie die Grünliberalen seit Längerem forderten. Die Grundversorgung könne auch ohne Staatsbank über Leistungsaufträge gewährleistet werden.

Ähnlich äusserte sich die Schweizerische Bankiervereinigung (SBVg). Der Grundsatzentscheid des Bundesrats sei ein «Schritt in die richtige Richtung». Entscheidend sei, dass die Aufhebung des Kredit- und Hypothekenverbots für die Postfinance zwingend mit einem «verbindlichen Pfad für eine Privatisierung» verbunden werde.

Die Mitte will abwarten

Die Mitte anerkenne, dass die Postfinance vor grossen Herausforderungen stehe, erklärte eine Parteisprecherin auf Anfrage. Einer alleinigen Aufhebung des Kredit- und Hypothekarvergabeverbots stehe man aber kritisch gegenüber.

Der Bundesrat habe dieser Kritik nun Rechnung getragen und angekündigt, den Eintritt von Postfinance in den Kredit- und Hypothekarmarkt durch die Abgabe der Kontrollmehrheit der Post an Postfinance zu flankieren. Das sei grundsätzlich ein gangbarer Weg. Es bleibe allerdings abzuwarten, wie genau der Bundesrat diese Teilprivatisierung der Postfinance vorsehe.

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