Prozess Luzerner Bordellbetreiberin war laut Verteidiger keine Ausbeuterin

rl, sda

13.6.2023 - 09:36

Die Beschuldigte hat bei der Befragung durch das Kriminalgericht die Aussage verweigert. (Symbolbild)
Die Beschuldigte hat bei der Befragung durch das Kriminalgericht die Aussage verweigert. (Symbolbild)
Keystone

Die vor dem Kriminalgericht Luzern stehende ehemalige Bordellbetreiberin hat sich gemäss ihres Verteidigers nicht des Menschenhandels schuldig gemacht. Der Verteidiger beschrieb das Etablissement zudem als normalen Arbeitsplatz.

Keystone-SDA, rl, sda

Die Luzerner Staatsanwaltschaft wirft der 55 Jahre alten, aus Thailand stammenden Schweizerin Menschenhandel in 19 Fällen, Förderung der Prostitution in 29 Fällen, das Waschen von über 700'000 Franken kriminellen Geldes und Widerhandlungen gegen die Ausländergesetzgebung vor. Sie forderte eine Freiheitsstrafe von 6,5 Jahren.

Der Verteidiger plädierte am Prozess vom Dienstag dagegen für Freisprüche in den Hauptanklagepunkten. Seine Mandantin habe sich nur der Widerhandlung gegen die Ausländergesetzgebung schuldig gemacht. Er forderte dafür eine bedingte Geldstrafe von 80 Tagessätzen zu 30 Franken und verwies darauf, dass der Tatvorwurf verjährt sein dürfte.

«Wucherpreis» für Visa

Die Beschuldigte führte vor rund zehn Jahren an der Baselstrasse in Luzern ein Bordell mit Prostituierten aus Thailand. Für die Reise in die Schweiz zahlten die Frauen in Thailand einen laut Verteidiger «Wucherpreis» für ein Visum und verschuldeten sich. Das Geld hätten sie aber nicht seiner Mandantin geschuldet, sagte der Verteidiger.

Der Verteidiger bezeichnete die Aussagen des Staatsanwalts und der Opferanwältinnen als «Unsinn», dass die Frauen nicht gewusst hätten, worauf sie sich mit ihrer Reise in die Schweiz einliessen. «Sie wussten, was sie tun müssen». Sie hätten deswegen jeden Preis für ein Visum bezahlt, sagte er.

Es seien erwachsene Frauen gewesen, die sich auch hätten informieren können, sagte der Verteidiger. Er widersprach damit der Darstellung, dass die Prostituierten alle ungebildet und unwissend und deswegen leichte Opfer gewesen seien.

Die Frauen mussten gemäss Anklage die Kunden nach strikten Vorgaben der Beschuldigten bedienen und die Einnahmen abliefern. Die Rede war dabei von «Schuldenknechtschaft». Der Verteidiger sprach dagegen von einem «branchenüblichen» Betrieb. Seine Mandantin sei nicht die dargestellte «böse Bordellmutter» gewesen.

«Gesetze des Kapitalismus»

«Es gibt Regeln am Arbeitsplatz, auch im Bordell», sagte der Verteidiger. Die Mindestpreise seien zum Schutz der Frauen gewesen. Dass die Frauen seiner Mandantin Abgaben zahlen mussten, erklärte er damit, dass sie vom Ruf und der Stammkundschaft des Bordells profitiert hätten. Dies seien die Gesetze des Kapitalismus, sagte er.

Der Verteidiger kritisierte zudem grundsätzlich die Arbeit der Staatsanwaltschaft. Die Anklageschrift sage nur wenig Konkretes aus, und es seien nur sechs der angeblichen Opfer befragt worden, sagte er.