Paul Estermann mit seinem Pferd «Castlefield Eclipse» an den Olympischen Spielen in London.
Paul Estermann mit «Lord Pepsi» 2017 in St. Gallen.
Mutmassliche Tierquälerei im Reitsport
Paul Estermann mit seinem Pferd «Castlefield Eclipse» an den Olympischen Spielen in London.
Paul Estermann mit «Lord Pepsi» 2017 in St. Gallen.
Der Luzerner Spitzenspringreiter Paul Estermann hat vor dem Bezirksgericht Willisau Vorwürfe zurückgewiesen, zwei Tournierpferde mit der Peitsche verletzt zu haben. Er wies damit die Beschuldigung der Tierquälerei zurück.
Bei den Pferden handelte es sich um die Stute «Castlefield Eclipse» und den Oldenburger Wallach «Lord Pepsi». Mit «Castlefield Eclipse» nahm Estermann von 2011 bis 2018 an internationalen Wettkämpfen teil. Auch mit «Lord Pepsi» reitet Estermann an internationalen Tournieren, so nahm er mit ihm diesen Sommer an der Europameisterschaft in Rotterdam teil.
Die Staatsanwaltschaft warf dem 56-jährigen Estermann vor, «Castelfield Eclipse» 2016 zwei Mal mit der Dressurpeitsche schmerzhafte und teilweise blutende Verletzungen zugeführt zu haben. «Lord Pepsi» soll der Springreiter zwischen 2014 und 2017 mindestens drei Mal unnötig stark mit der Peitsche traktiert haben. Die Staatsanwaltschaft forderte für diese mutmassliche Tierquälerei eine bedingte Geldstrafe von 90 Tagessätzen zu je 160 Franken (total 14'400 Franken) plus eine Busse von 3600 Franken.
Nicht systematisch geschlagen
Estermann hat gemäss Anklage den beiden Pferden willentlich unnötig Schmerzen zugefügt und zumindest in Kauf genommen, sie zu verletzten. Der Staatsanwalt sagte vor dem Gericht, er werfe Estermann nicht vor, die Pferde systematisch oder böswillig geschlagen zu haben. Es habe keine anhaltende Schädigung der Tiere gegeben.
Der Staatsanwalt schilderte den Beschuldigten als aufbrausend und impulsiv. Dies passe gut zu den Tatvorwürfen, sagte er. Estermann verlange von seinen Pferden viel und behandle sie wie Spitzenathleten. Es gehe um Ruhm und Geld.
Whistleblower zeigte Estermann an
Den Fall ins Rollen gebracht hatte ein Angestellter Estermanns mit einer Anzeige und mit Fotos von verletzten Tieren. Es seien schwierige Ermittlungen gewesen, sagte der Staatsanwalt. Viele Zeugen hätten sich bedeckt gehalten, um die Reiterszene nicht in ein schlechtes Licht zu rücken. «Was gibt es Schlimmeres für den Reitsport als Tierquälerei?«, fragte er.
Estermann sagte vor dem Gericht, er habe «Castlefield Eclipse» immer ohne Peitsche und Sporen geritten, denn die Stute sei eher auf der heissen Seite gewesen. Sie habe mehr Vorwärtsdrang gehabt, als ihm lieb gewesen sei. Sie habe keine Peitsche gebraucht.
Unterschiedliche Charaktere
Bei «Lord Pepsi» setzt Estermann nach eigenen Angaben Peitsche und Sporen ein, aber nicht zum Strafen und Wehtun, wie er sagte. «Lord Pepsi» sei vom Charakter her das Gegenteil von «Castlefield Eclipse». Er schlage aber kein Pferd, um bessere Trainingsresultate zu erzielen.
Ein Tierarzt hielt bei einer Kontrolle fest, dass «Castlefield Eclipse» Verletzungen aufweise, die von Sporen und Peitschen stammten. Er wisse nicht, wie der Tierarzt darauf komme, sagte Estermann. Er habe die Stute an jenem Tag nicht geritten. Sie könne sich auch anderweitig verletzt haben.
Unglaubwürdiger Zeuge
Die Verteidigung stufte die Aussagen des Whistleblowers gegen seinen Mandanten im Gegensatz zur Staatsanwaltschaft als nicht glaubwürdig ein. Auch die Beweiskraft der Fotos stellte sie in Frage.
Es sei ohnehin unerfindlich, wie mit verbotenen Peitscheneinsätzen bessere Trainingsergebnisse erzielt werden sollen, sagte der Anwalt Estermanns. Sein Mandant könne als international erfolgreicher Springreiter mit Pferden umgehen. Estermann sei freizusprechen.
Das Urteil wird zu einem späteren Zeitpunkt schriftlich bekannt gegeben.
Verband wartet ab
Beim Schweizerischen Verband für Pferdesport (SVPS) urteilt die Sanktionskommission (Sako) über Misshandlungen und andere Verstösse gegen die Verbandsvorschriften. Bei zivil- oder strafrechtlichen Fällen wird die Kommission erst aktiv, wenn eine Verurteilung rechtskräftig ist. Sie kann Sanktionen aussprechen, die von einer Verwarnung über eine Busse bis hin zu Sperren reichen. Zweite Instanz ist das Verbandsgericht.
Der Verband habe bislang keinen Zugang zu den Akten, über die die Justiz befinde, weil der mutmassliche Vorfall nicht im Kontext einer Veranstaltung des SVPS stehe, sagte Verbandspräsident Charles F. Trolliet auf Anfrage. Aus diesem Grund wäre im Falle einer Verurteilung auch keine Rückgabe von Preisgeldern fällig. Einfluss haben könnte sie dagegen auf die Kaderselektion. Ende Oktober war Estermann ins Elite-Kader Springen für das Olympiajahr 2020 selektioniert worden.
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