Coronaviren Neues Virus hinter Lungenkrankheit in China: Sorge wegen Reisewelle

sda/dpa

9.1.2020

Dieses undatierte Handout des amerikanischen Centers for Disease Control (CDC) zeigt einen Coronavirus unter dem Mikroskop. (Aufnahme vom April 2003).
Dieses undatierte Handout des amerikanischen Centers for Disease Control (CDC) zeigt einen Coronavirus unter dem Mikroskop. (Aufnahme vom April 2003).
Center for Disease Control/epa/dpa (Archivbild)

Experten haben ein neues Virus aus der Gruppe der Coronaviren als Auslöser für die mysteriösen Lungenerkrankungen in China identifiziert. Vor der grossen Reisewelle zum bevorstehenden chinesischen Neujahrsfest wachsen die Sorgen.

Die Ausbreitung einer zuvor unbekannten Lungenkrankheit in der zentralchinesischen Metropole Wuhan geht wahrscheinlich auf ein neuartiges Coronavirus zurück. Chinesische Experten hätten die Gensequenz des Erregers entziffert, teilte die Weltgesundheitsorganisation (WHO) am Donnerstag in Peking mit.

Demnach stecken sich Menschen nicht allzu leicht gegenseitig mit dem Erreger an. Vor der grossen Reisewelle zum chinesischen Neujahrsfest am 25. Januar äusserten Verantwortliche dennoch die Sorge, dass sich infektiöse Krankheiten wie diese verstärkt ausbreiten könnten, wenn Hunderte Millionen Menschen unterwegs sind.

Coronaviren verursachen oft harmlose Erkältungen, allerdings gehören auch Erreger gefährlicher Atemwegskrankheiten wie Sars und Mers dazu. Die Erreger kommen bei Menschen und in der Tierwelt vor. Ein Überspringen der hochvariablen Viren zwischen Tierarten oder vom Tier auf den Menschen ist nicht ungewöhnlich. Als Herkunftsort wurde in Wuhan ein Markt verdächtigt, wo neben Fischen auch Wildtiere verkauft wurden. Der Markt ist inzwischen geschlossen.

Bisher keine Todesfälle

Bislang ist die Infektion bei 59 Menschen bestätigt, von denen acht als geheilt wieder das Spital verlassen haben. Der Zustand von sieben Patienten galt zuletzt als kritisch. Todesfälle gibt es bislang nicht. Nach Meldungen aus Hongkong und Singapur wurde erstmals auch aus Südkorea ein Verdachtsfall gemeldet. Es handle sich um eine 36-jährige Chinesin, die im vergangenen Monat Wuhan besucht habe, berichteten die Behörden. Sie werde in einem Spital in Bundang südlich von Seoul behandelt.

«Ich möchte jeden daran erinnern, persönlich Schutzmassnahmen zu ergreifen, um sicherzustellen, gesund und problemlos nach Hause zu kommen», sagte Wang Yang vom chinesischen Transportministerium in Peking. «Das Auftauchen der Epidemie mag viele beunruhigen, über das Neujahrsfest zu reisen.» Die Behörden konzentrierten sich darauf, Drehscheiben für den Transport wie Flughäfen oder Bahnhöfe, wo viele Passagiere verkehrten, zu desinfizieren und zu beobachten.

Andere asiatische Staaten haben die Vorsichtsmassnahmen bei der Einreise besonders von Reisenden aus Wuhan verstärkt und Fieberkontrollen eingeführt, um eine befürchtete Ausbreitung zu vermeiden. In Hongkong gibt es bisher 16 Verdachtsfälle, in Singapur wurde eine mögliche Betroffene gemeldet. Nicht in allen Fällen gibt es einen direkten Bezug zu Wuhan.

Warnung vor Tiermärkten und Rohfleisch

Die US-Botschaft in Peking gab eine Reisewarnung aus. Reisende nach Wuhan sollen demnach Tiermärkte und den Kontakt mit Tieren oder auch ungekochtes Fleisch meiden. Auch sollten sie kranken Personen aus dem Weg gehen und sich die Hände häufig mit Seife und Wasser waschen. Wer in Wuhan gewesen sei und sich krank fühle, solle sofort medizinische Hilfe suche und den Kontakt mit anderen vermeiden, hiess es weiter. Bevor der Arzt aufgesucht werde, solle die Praxis oder Klinik über die Reisegeschichte und die Symptome unterrichtet werden.

Die WHO erliess ausdrücklich keine besondere Reisewarnung. In einer Mitteilung wurden lobend erwähnt, dass die Identifikation eines neuen Virus in kurzer Zeit eine «bemerkenswerte Errungenschaft» sei. Es demonstriere die gewachsenen Fähigkeiten Chinas, mit solchen Ausbrüchen umzugehen. Nach chinesischen Medienberichten wurde die Gensequenz des Virus bei einem Patienten identifiziert und bei 15 weiteren Erkrankten bestätigt.

Sorge über neuen Virustyp

Die chinesischen Wissenschaftler äusserten sich besorgt über den neuen Typ von Virus. «Die Entwicklung spezifischer Medikamente und Impfstoffe gegen den neuen Erreger könnte Jahre brauchen», zitierte das Staatsfernsehen Experten. «Das neue Coronavirus, das diese Epidemie ausgelöst hat, ist anders als die menschlichen Coronaviren, die bisher entdeckt worden sind.»

Das Überspringen von Krankheiten aus dem Tierreich auf den Menschen ist generell nicht ungewöhnlich. Weitere Beispiele für solche sogenannten Zoonosen sind Influenza, HIV, Ebola, Mers und Tollwut. Bei spontanen Wirtswechseln eines Erregers ist die Gefahr einer verheerenden Epidemie oft grösser als bei schon lange kursierenden, weil der Mensch keine Antikörper gegen den neuen Erreger hat. Das ist das typische Szenario, das beispielsweise auch bei einer Grippepandemie etwa mit Vogelgrippeviren befürchtet wird.


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