RusslandRussischer Regiestar Serebrennikow soll sechs Jahre ins Gefängnis
SDA
22.6.2020 - 13:57
Der russische Starregisseur Kirill Serebrennikow soll nach dem Willen der Staatsanwaltschaft in Moskau in seinem umstrittenen Strafverfahren sechs Jahre ins Gefängnis.
Wegen Betrugs solle der 50-Jährige zudem 800 000 Rubel (etwa 10 960 Schweizer Franken) Strafe zahlen, sagte Staatsanwalt Michail Resnitschenko am Montag vor einem Moskauer Gericht. Das Verfahren steht international als politischer Schauprozess gegen die liberale Kunstszene in Russland in der Kritik. Internationale Stars sowie Politiker hatten sich für den Filme- und Theatermacher eingesetzt.
Der mit vielen Preisen ausgezeichnete Regisseur hatte zuletzt im März in Abwesenheit für das Deutsche Theater in Berlin das Stück «Decamerone» inszeniert. Die russische Justiz wirft dem Chef des Moskauer Gogol-Zentrums vor, Fördergelder in Millionenhöhe veruntreut zu haben. Mit ihm sind drei weitere Mitarbeiter angeklagt. Sie sollen nach dem Willen der Anklagebehörde vier beziehungsweise fünf Jahre ins Gefängnis. Der Regisseur beteuerte stets seine Unschuld.
Der Strafprozess wird von zahlreichen russischen und internationalen Kulturschaffenden als Rachefeldzug ultrakonservativer Kreise gegen den liberalen Künstler gesehen. Auch die politisch einflussreiche russisch-orthodoxe Kirche stört sich an seinen bisweilen gesellschaftskritischen Filmen. Tausende prominente Kulturschaffende in Russland forderten die Kulturministerin Olga Ljubimowa auf, die Anschuldigungen gegen Serebrennikow und sein Team fallenzulassen.
Serebrennikow wurde im Sommer 2017 wegen angeblicher Veruntreuung festgenommen. Im Sommer vorigen Jahres hatte ein Gutachten Serebrennikow entlastet. Das Kulturministerium in Moskau teilte mit, dass es die Schuld der Theatermacher für erwiesen hält. Es sollen 129 Millionen Rubel (fast 1,8 Millionen Schweizer Franken) unterschlagen worden sein.
In dem Verfahren gab es immer wieder Wendungen. Im vergangenen Jahr kam Serebrennikow nach mehr als anderthalb Jahren im Hausarrest auf freien Fuss. Er durfte zwar arbeiten, aber die Stadt nicht verlassen. Im September hatte eine Richterin den Fall wegen Widersprüchen und fehlender Details in der Anklage an die Generalstaatsanwaltschaft zurückgegeben. Diese hatte daraufhin Berufung eingelegt und sich durchgesetzt, dass ein anderes Gericht den Fall verhandelt.
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