USA Streit über strengere Waffengesetze nach Massaker in US-Grundschule

SDA

26.5.2022 - 03:55

dpatopbilder - ARCHIV - Demonstranten protestieren gegen das lockere Waffenrecht und den Besuch des damaligen Präsident Donald Trump. Foto: Andres Leighton/FR171260 AP/dpa
dpatopbilder - ARCHIV - Demonstranten protestieren gegen das lockere Waffenrecht und den Besuch des damaligen Präsident Donald Trump. Foto: Andres Leighton/FR171260 AP/dpa
Keystone

Der politische Streit über strengere Waffengesetze ist nach dem tödlichen Massaker an einer Grundschule im US-Bundesstaat Texas offen ausgebrochen.

Keystone-SDA

Bei einer Pressekonferenz mit dem republikanischen Gouverneur des Bundesstaats, Greg Abbott, kam es am Mittwochnachmittag (Ortszeit) zum Eklat. Der Demokrat Beto O'Rourke unterbrach die Veranstaltung und kritisierte Abbott für seine Haltung zu den Waffengesetzen. Auch US-Präsident Joe Biden beklagte erneut das Ausmass an Waffengewalt und kündigte an, die betroffene Gemeinde besuchen zu wollen. Der Sender CNN berichtete unterdessen, dass der Schütze kurz vor der Tat auch Kontakt zu einem Mädchen aus Deutschland gehabt habe.

Abbott und weitere Offizielle äusserten sich bei der Pressekonferenz in der Kleinstadt Uvalde erstmals detailliert zu dem Blutbad an der Robb Elementary School. Ein Schütze hatte dort am Dienstag 19 Kinder und zwei Lehrer getötet, bevor er von der Polizei erschossen wurde. Der 18-Jährige hatte Ermittlern zufolge im März innerhalb weniger Tage in einem Geschäft zwei Sturmgewehre und Munition gekauft. Er hatte seine Tat kurz zuvor auf Facebook angekündigt, wie Abbott sagte.

Der Sender CNN berichtete, dass der Schütze kurz vor dem Massaker auch Textnachrichten an ein Mädchen aus Deutschland geschickt habe. Die 15-Jährige soll seit Anfang Mai in Kontakt mit dem Schützen gestanden haben, wie der Sender unter Berufung auf Chatprotokolle und ein Gespräch mit dem Teenager aus Frankfurt am Main berichtete. Der Schütze schickte dem Sender zufolge auch Videos von sich an das Mädchen. «Er sah glücklich aus und fühlte sich wohl im Gespräch mit mir», zitierte CNN das Mädchen.

Kurz vor der Tat soll er sich per Textnachricht über seine Grossmutter beschwert haben. Dann habe er dem Mädchen mitgeteilt, der 66-Jährigen in den Kopf geschossen zu haben. Die Frau überlebte. Der Schütze habe dem Mädchen im Anschluss auch geschrieben, in einer Grundschule um sich schiessen zu wollen, so CNN. Das sei die letzte Nachricht an das Mädchen in Deutschland gewesen. «Jedes Mal, wenn ich mit ihm sprach, hatte er nie Pläne mit seinen Freunden», sagte das Mädchen CNN zufolge weiter. Der Grossvater des Schützen sagte dem Sender ABC, dass sein Enkel nicht viel geredet habe. «Er war sehr ruhig.»

Unterdessen kocht die Debatte über strengere Waffengesetze in den USA weiter hoch. Bei der Pressekonferenz mit Republikaner Abbott in Uvalde kam es sogar zu verbalen Ausfällen. Der Demokrat O'Rourke befand sich während der Veranstaltung im Publikum und warf dem Republikaner vor, nichts gegen die grassierende Waffengewalt in den USA zu unternehmen. Der 49-Jährige will bei der nächsten Gouverneurswahl in Texas im November gegen Abbott antreten. Abbott reagierte auf die Vorwürfe nicht, während andere Offizielle O'Rourke zur Ordnung riefen und ihn dazu aufforderten, den Saal zu verlassen.

Ein Mann rief O'Rourke zu: «Sie fallen aus dem Rahmen, und Sie sind peinlich.» Ein anderer Mann beschimpfte den Demokraten wüst und sagte: «Ich kann nicht fassen, dass Sie ein kranker Bastard sind, der aus einer Sache wie dieser ein politisches Thema machen will.» O'Rourke verliess nach der verbalen Auseinandersetzung den Raum. «Wir können etwas tun», sagte er im Anschluss sichtlich aufgebracht vor laufenden Kameras. Abbott kümmere sich mehr um seine politische Karriere als die Menschen in Texas. «Das ist gestört», rief O'Rourke.

Abbott führte in der Pressekonferenz diese und ähnliche Taten nicht auf den leichten Zugang zu Waffen, sondern auf eine Zunahme von psychischen Erkrankungen zurück. Er lobte ausserdem die Polizei und merkte an: «Die Realität ist, so schrecklich wie das, was passiert ist, es hätte schlimmer sein können.» Der 64-Jährige ist ein ausgesprochener Befürworter von lockeren Waffengesetzen. Die Waffenlobby-Organisation National Rifle Association (NRA) plant an diesem Freitag ihre Jahresversammlung in Texas. Bei dem Treffen in Houston soll auch Bidens republikanischer Vorgänger Donald Trump sprechen.

Eine Verschärfung der Waffengesetze in den USA scheitert seit vielen Jahren an einer grundlegenden Uneinigkeit zwischen Demokraten und Republikanern in dieser Frage. Während viele Demokraten seit langem eine substanzielle Verschärfung der Vorschriften für Waffenbesitz im Land fordern, sind viele Republikaner vehement dagegen. «Ich habe einfach satt, was da vor sich geht», sagte Biden am Mittwoch und warb einmal mehr für eine Reform der Waffengesetze im Land. Viele Änderungen könnten einen Unterschied machen, ohne dass sich dies negativ auf den zweiten Verfassungszusatz auszuwirken würde.

Das Recht auf Waffenbesitz in den USA ist in der Verfassung verankert. Der entsprechende Passus stammt aus dem 18. Jahrhundert. Biden betonte, bei der Verabschiedung des zweiten Verfassungszusatzes habe es bestimmte Waffen noch gar nicht gegeben. Dass ein 18-Jähriger heute einfach in ein Geschäft gehen könne, um Kriegswaffen zu kaufen, sei nicht richtig. «Das ist gegen den gesunden Menschenverstand.» Der US-Präsident kündigte an, er wolle «in den nächsten Tagen» mit seiner Ehefrau Jill nach Texas reisen und sich dort mit Familien treffen.

Ein Vorfall in der texanischen Stadt Richardson sorgte am Mittwoch ausserdem für Aufregung. Die Polizei wurde über einen Jugendlichen informiert, der bewaffnet in Richtung einer Schule laufen würde. Der verdächtige Schüler sei schliesslich von der Polizei in der Schule aufgegriffen worden – Waffen seien aber nicht bei ihm gefunden worden, hiess es in einer Mitteilung. Allerdings hätten die Beamten im Kofferraum des Autos des Verdächtigen auf dem Parkplatz Waffen entdeckt. Der Jugendliche sei festgenommen worden – weitere Details gab die Polizei nicht bekannt.