Als die Welt mit Thailand bangte Höhlendrama wird zum Heldenepos

dpa/toko

23.6.2021 - 00:00

Die zwölf Jungs der Fussballmannschaft der «Wildschweine» aus Mae Sai und ihr ehemalige Fussballtrainer Ekkapol Chanthawong (4.v.l, hintere Reihe), die zusammen vor drei Jahren aus der überfluteten Tham-Luang-Höhle gerettet wurden.
Die zwölf Jungs der Fussballmannschaft der «Wildschweine» aus Mae Sai und ihr ehemalige Fussballtrainer Ekkapol Chanthawong (4.v.l, hintere Reihe), die zusammen vor drei Jahren aus der überfluteten Tham-Luang-Höhle gerettet wurden.
Sakchai Lalit/AP/dpa

Vor drei Jahren bewegte das Höhlendrama von Thailand die Welt. Zwölf junge Fussballer und ihr Trainer waren rund zwei Wochen eingeschlossen – und überlebten am Ende wie durch ein Wunder.

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Die Geschichte ist der perfekte Stoff, aus dem Hollywood-Blockbuster gewebt werden: Zwölf Jugendliche und ihr Betreuer sind in einem tropischen Land in einem Höhlensystem eingeschlossen. Die Welt bangt mit.

Leben die Jungen noch? Können sie Hunger und Verzweiflung trotzen? Werden die Retter sie rechtzeitig erreichen? Vor drei Jahren, am 23. Juni 2018, nahm genau dieses Drama in der Realität seinen Lauf. Bei einem Ausflug wurde die Gruppe von Hochwasser überrascht, der Rückweg war plötzlich unpassierbar.

Ein Rückblick: Seit neun Tagen werden die jungen Fussballer der U16-Mannschaft und ihr Trainer tief in der Tham-Luang-Höhle in Thailand vermisst, als am 2. Juli die erlösende Nachricht kommt: Alle sind am Leben. Allerdings befinden sie sich vier Kilometer vom Eingang entfernt. Es beginnt ein Wettlauf gegen die Zeit, denn um die zwischen 11 und 16 Jahre alten Jungen zu befreien, müssen sie es tauchend aus der verzweigten Höhle schaffen. Dabei können einige gar nicht schwimmen.

«Macht euch keine Sorgen, wir sind alle stark»

Experten machen sie mit Vollgesichtsmasken und dem Atmen unter Wasser vertraut. Aber am 5. Juli stirbt ein Taucher der thailändischen Eliteeinheit Navy Seals, der Druckluftflaschen in die Höhle transportiert hat, auf dem Rückweg. Die Zweifel wachsen, ob eine Rettung überhaupt möglich ist.

In Briefchen an ihre Eltern, die sie einem Rettungstaucher mitgeben, versichern die Teenager: «Macht euch keine Sorgen, wir sind alle stark.» Nach 17 Tagen dann das grosse Aufatmen: Die letzten vier Jungs und ihr Trainer sind ihrem Felsen-Gefängnis entkommen – in letzter Minute, denn aufziehender Regen drohte, die Höhle weiter zu fluten.

Seit Ende März wird das Unglück mit dem wundersamen Ausgang nun aufwendig in Australien und Thailand verfilmt. Unter Regie von Ron Howard («A Beautiful Mind», «Illuminati») soll «Thirteen Lives» vor allem die Geschichte der Retter erzählen – Spezialisten, die aus aller Welt in die Provinz Chiang Rai geflogen waren, um zu den Eingeschlossenen vorzudringen. Ein wahres Heldenepos also.



Der Cast kann sich sehen lassen: Viggo Mortensen («Herr der Ringe») spielt etwa den Engländer Richard Stanton, einen der erfahrensten Höhlentaucher der Welt. Colin Farrell («The Gentlemen») übernimmt die Rolle von John Volanthen, einer weiteren Legende im Höhlentauchen. Stanton und Volanthen waren die ersten, die zu den Eingeschlossenen vordringen konnten. Zur Orientierung für andere Taucher installierten sie eine Führungsleine. Beide wurden mit der George Medal geehrt, der zweithöchsten zivilen Auszeichnung für Tapferkeit in Grossbritannien.

Sie kauerten auf einem Felsvorsprung

Über die aufreibenden Tage in Thailand hat Volanthen in der Corona-Pandemie ein Buch geschrieben. «Ich hoffe, dass es als Inspiration dient und hoffentlich nützliche Informationen liefert», sagte der 50-Jährige aus Bristol zuletzt dem Sender BBC. «Für mich war es völlig unglaublich, dass sie alle am Leben waren.» Er sei sich fast sicher gewesen, «dass wir sie alle tot finden würden oder die Lebenden von den Toten trennen müssten».

Stattdessen kauerten alle einigermassen gesund auf einem Felsvorsprung. «Es war also ein Gefühl der Ungläubigkeit und der reinen Freude.» Er sei extrem stolz, dass Ron Howard die Story in einem Film erzähle, so Volanthen.

Um die Geretteten ist es derweil eher still geworden. Viele der Jungen sind wie andere Gleichaltrige auf Instagram unterwegs, wo sie Fotos aus dem Alltagsleben und von ihren jüngsten Fussballpartien posten. Dabei haben sie allerdings teilweise bis heute mehr als 100'000 Follower.

Vor der Tham-Luang-Höhle im äussersten Norden Thailands wird der Eingang durch einen Zaun abgesperrt.
Vor der Tham-Luang-Höhle im äussersten Norden Thailands wird der Eingang durch einen Zaun abgesperrt.
Christoph Sator/dpa

Wegen Corona geschlossen

Und wie steht es drei Jahre nach dem Unglück um die Höhle? In den Monaten danach reisten etwa eine Million Menschen zum Schauplatz des Dramas. In die Felsgrotten hinein durften sie aber lange nicht. Erst im Herbst 2019 wurde die Tham-Luang-Höhle für Touristen wiedereröffnet. Jedoch können Besucher seither nur noch den Eingangsbereich und die erste Kammer erkunden – sicher ist sicher.



Seit April ist die Tropfsteinhöhle wegen Corona wieder geschlossen. Thailand kämpft derzeit gegen seine bisher schlimmste Virus-Welle. Aber bereits zuvor habe das Interesse deutlich nachgelassen, sagt Kawee Prasompon, Chef des Pha Doi Nang Non National Reserve Forest, in dem die Höhle liegt. «Im ersten Jahr kamen pro Tag 3000 bis 4000 Besucher. Im Jahr darauf sank die Zahl bereits auf etwa 1000 täglich, und im dritten Jahr kamen wegen der Coronakrise nur noch wenige Leute», erzählt er.

Von der Regierung werde die Instandhaltung der Höhle bislang mit lediglich zwei Millionen Baht (rudn 58'000 Franken) jährlich unterstützt, mit denen vor allem Angestellte des Parks bezahlt würden, so Prasompon. Jedoch sei weiterhin eine Sanierung der Höhle geplant – das werde aber frühestens im nächsten Jahr in Angriff genommen. Und so wird der dritte Jahrestag des Unglücks in aller Stille vonstatten gehen: Eine Gedenkfeier vor Ort sei nicht vorgesehen, sagte Prasompon. Das sei derzeit wegen der Pandemie unmöglich.