Busse statt Bier Thüringer Polizei mietet Tankstelle an, um Nazi-Konzert trockenzulegen

phi

3.7.2019

Aus der braunen Konzert-Vergangenheit gelernt: Naonazi-Reigen in Themar im Oktober 2017.
Aus der braunen Konzert-Vergangenheit gelernt: Naonazi-Reigen in Themar im Oktober 2017.
Bild: Keystone

Kein Bier für Nazirock-Freunde: Ausgerechnet in der Tankstelle gleich beim Veranstaltungsort rechter Konzerte richtet die Polizei von Themar für ein Wochenende eine Wache ein.

Dass sich Musiker explizit gegen Nazis und Rassisten wenden, hat Tradition. In England rief «Rock Against Racism» erstmals 1978 zum kreativen Protest gegen Populisten und Rassenfanatiker auf.

100'000 Menschen zogen damals in London durchs East End, dem Quartier der Rechten, und sahen Legenden wie The Clash auf der Bühne. Auch Deutschland stand nicht nach: Nur ein Jahr später stieg das erste «Rock gegen Rechts» der Bundesrepublik mit Udo Lindenberg in Frankfurt.

Rock und Gegenrock

Die Gegenseite war und ist auch nicht untätig: In England veranstaltete die National Front schon 1977 ein «Rock Against Communism», während deutsche Neonazis seit 2016 zum «Rock gegen Überfremdung» aufrufen. Im letzten Jahr sollte die Veranstaltung in Themar durchgeführt werden, doch in letzter Sekunde platzte das Ganze wegen Problemen beim Mietvertrag für das Gelände. Der knapp 2'900 Seelen zählende Ort liegt in Thüringen: In keinem anderen Bundesland gibt es so viele Rechtsrockkonzerte wie dort.

Polizisten am Sperrzaun: «Tage der nationalen Bewegung» in Thmear im Juni 2018.
Polizisten am Sperrzaun: «Tage der nationalen Bewegung» in Thmear im Juni 2018.
Bild:  Keystone

Und nun steht Themar ein Wochenende bevor, an dem eines der grössten Rechtsrock-Konzerte über die Bühne gehen soll. Freitag und Samstag werden an den «Tagen der nationalen Bewegung» braune Bands aufspielen.

Das Verwaltungsgericht hat das Ganze nur unter Auflagen genehmigt: Am Auftakt darf nur Bier mit 2.7 Prozent Alkohol oder weniger ausgeschenkt werden, und Samstag herrscht dann: Prohibition. Dass sich Konzertgänger anderweitig mit Bier und Schnaps zu versorgen beabsichtigen, kann aber eigentlich nicht verhindert werden.

Eihnwohner leeren Biervorat

Es sei denn, die Polizei mietet kurzerhand die Tankstelle an, die gleich beim Veranstaltungsort liegt, und richtet dort fürs Wochenende eine Wache ein. Der Zugang zu Nachschub «ist quasi geschlossen für die Öffentlichkeit», verkündet Thomas Quittenbaum von der Thüringer Polizei an einer Bürgerversammlung. Ausserdem dürfen die Neonazis nicht mit dem Auto in den Ort fahren.

Die Massnahmen sind gemäss der Lokalzeitung «Freies Wort» Lehren der letzten beiden Jahre, als Rechtsrocker den Ort stürmten: Wer an der Quelle sitzt, bestimmt, was einläuft – und auch was abfliesst.

«Die Tankstelle 

Vielleicht haben sich die Beamten bei ihrem effektiven Schachzug ja von den Menschen in Ostritz inspirieren lassen, die in ähnlicher Lage die Lacher am Ende auf ihrer Seite hatten. Als in dem sächsischen Ort am 21. Juni das «Schild-und-Schwert-Festival» beginnen sollte, gab es ebenfalls ein richterliches Alkoholverbot. Damit das nicht unterlaufen wurde, kauften die Einwohner den Biervorrat des örtlichen Detailhändlers auf: Über 120 Kisten hätten sie so aus dem Rechtsverkehr ziehen können, feixte «Der Spiegel».

Ob die Konzertbesucher seither sozusagen nach Rache dürsten, ist nicht überliefert.

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