Bern
Der Schweizer Finanzmarkt kann sich nach Angaben eines UNO-Experten mit Blick auf Rechenschaftspflicht, Regulierung und Überwachung noch verbessern. Verstärkte Bemühungen, die Menschenrechte im Finanzbereich umzusetzen, sollten als eine Pflicht betrachtet werden.
"Die Schweiz ist ein wichtiger internationaler Banken- und Finanzplatz und eine Drehscheibe für den globalen Rohstoffhandel", sagte Juan Pablo Bohoslavsky am Mittwoch in Bern vor den Medien. Der Staat und der Finanzsektor sollten nachteilige Auswirkungen auf die Menschenrechte verhindern, die durch unlautere Finanzströme hervorgerufen werden.
Der unabhängige UNO-Experte zu Auslandsverschuldung und Menschenrechten besuchte die Schweiz vom 25. September bis 4. Oktober. Dabei traf er mit Parlamentariern, Vertretern der Behörden, des Finanz- und Handelssektors, der Zivilgesellschaft sowie mit akademischen Experten zusammen.
Risiko bleibt bestehen
In der Schweiz seien seit 2008 zahlreiche Massnahmen ergriffen worden, um den Ruf des Bankensektors wieder herzustellen, sagte der UNO-Experte. Das Risiko, dass der Schweizer Finanzplatz weiterhin für Geldwäscherei missbraucht werde, sei jedoch nicht völlig gebannt.
So seien mehrere Schweizer Banken in den Korruptionsskandal um den brasilianischen Ölkonzern Petrobras und den milliardenschweren Geldwäscherei-Skandal um den malaysischen Staatsfonds 1MDB verwickelt.
Bohoslavsky begrüsste, dass die Finanzmarktaufsicht seit 2014 jährliche Berichte über Enforcement-Verfahren veröffentlicht. Er bedauerte jedoch, dass in den Berichten nicht die Namen aller Banken aufgelistet werden, die wegen mangelnder Sorgfaltspflicht beim Umgang mit Vermögen politisch exponierter Personen einem solchen Verfahren unterzogen wurden.
Die Schweiz habe zwar in den letzten 30 Jahren zwei Milliarden Dollar unrechtmässig erworbener Vermögen zurückerstattet und verdächtige Vermögen in Höhe mehrerer Hundert Millionen Dollar eingefroren. Allerdings könne die Schweiz keine Vermögen einfrieren von Machthabern, die noch im Amt seien. Ausserdem dauere die Rückgabe gestohlener Vermögen an ein Land oft sehr lange.
Schwache Massnahmen
Strafrechtliche Sanktionen wegen Unterstützung von Ausländern bei der Steuerhinterziehung sind laut Bohoslavsky in der Schweiz schwach. So sei es nur eine Straftat, wenn Personen gegenüber Schweizer Behörden Steuern hinterziehen oder Beihilfe zur Steuerhinterziehung leisten. Dasselbe Delikt würde nicht bestraft, wenn ein Ausländer dabei unterstützt werde, Steuervergehen in einem andern Staat zu begehen.
Das werfe Fragen bezüglich der Verhältnismässigkeit von Strafen auf. Es müsse ferner überdacht werden, ob die strafrechtlichen Sanktionen wegen Wirtschaftskriminalität ausreichend seien, sagte Bohoslavsky. Er hatte in diesem Jahr zum Thema Eindämmung unlauterer Finanzströme auch Panama und Tunesien besucht. Seinen umfassenden Bericht wird Bohoslavsky im nächsten März dem UNO-Menschenrechtsrat vorlegen.
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