Mehr als 25 Jahre nach dem Balkankrieg ist der serbische Nationalist Vojislav Seselj im Berufungsverfahren vom Uno-Tribunal doch noch schuldig gesprochen und für Verbrechen gegen die Menschlichkeit zu zehn Jahren Gefängnis verurteilt worden.
Die Richter hoben am Mittwoch in Den Haag den Freispruch der ersten Instanz von 2016 auf. Seselj, der selbst nicht bei der Urteilsverkündung anwesend war, muss aber nicht zurück ins Gefängnis. Die Strafe ist kürzer als die bereits verbüsste Untersuchungshaft.
Der heute 63 Jahre alte Politiker galt in den 1990er Jahren als schlimmster Kriegstreiber auf dem Balkan. In erster Instanz hatte die Anklage 28 Jahre Gefängnis gefordert. Doch die Richter des Uno-Tribunals sprachen ihn 2016 überraschend frei.
Kroatien und Bosnien-Herzegowina waren schockiert. Aber auch für viele Juristen war dies ein unbegreifliches Urteil. Ankläger Mathias Marcussen sprach vor dem Gericht von einem "gravierenden Fehlurteil".
Hasserfüllte Propaganda
Die Berufungsrichter hoben dieses Urteil nun zum Teil auf und sahen die Schuld in drei der neun Anklagepunkte als zweifelsfrei erwiesen an. Der Nationalist habe mit hasserfüllter Propaganda gegen Kroaten und Muslime Gewalttaten provoziert.
"Seine Rede vom 6. Mai 1992 stachelte an zu Deportationen, Verfolgung, Vertreibung und andere unmenschliche Taten gegen die nicht-serbische Bevölkerung", sagte der Vorsitzende Richter Theodore Meron. Doch vom Vorwurf der Kriegsverbrechen sprachen die Richter Seselj ebenfalls aus Mangel an Beweisen frei.
Seselj war 2003 in Haft gekommen und wegen einer Krebserkrankung nach elf Jahren vorläufig aus dem Gefängnis entlassen worden. Er hatte jede Beteiligung an dem Berufungsverfahren abgelehnt. "Ich werde mich vor den TV-Kameras umbringen, wenn man mich nach Den Haag zurückbringt. Freiwillig gehe ich nicht. Da müssen sie mich schon in Ketten abführen", hatte der Politiker erklärt.
Das Berufungsverfahren hatte der so genannte Nachfolgemechanismus für Uno-Tribunale übernommen. Das bisherige Kriegsverbrechertribunal für das frühere Jugoslawien hatte Ende 2017 seine Arbeit abgeschlossen.
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