Justiz Bieler Rentner Kneubühl wird verwahrt

hn, sda

11.2.2021 - 11:15

Peter Hans Kneubühl bei einem Gerichtstermin im September 2010. 
Peter Hans Kneubühl bei einem Gerichtstermin im September 2010. 
Bild: Keystone/Laurent Gillieron

Der Bieler Rentner Peter Hans Kneubühl wird verwahrt. Das Berner Obergericht wies seine Beschwerde am Donnerstag ab. Kneubühl hatte 2010 vor der Zwangsräumung seines Hauses auf Polizisten geschossen.

Das Berner Obergericht bestätigt die Verwahrung des Bieler Rentners Peter Hans Kneubühl. Damit hat die Beschwerdekammer Kneubühls Beschwerde gegen das erstinstanzliche Urteil abgewiesen. 

Alle strafrechtlichen Voraussetzungen für eine Verwahrung seien gegeben, sagte Oberrichter Jürg Bähler. Kneubühl habe eine schwere Straftat begangen, die Rückfallgefahr sei laut einem «überzeugenden» Gutachten hoch und eine Verwahrung in diesem Fall auch verhältnismässig.

Der Entscheid kann noch ans Bundesgericht weiterzogen werden. Kneubühls amtlicher Verteidiger Sascha Schürch sagtenach der Urteilseröffnung, er gehe davon aus, dass der Bieler Rentner den Beschluss des Berner Obergerichts anfechten werde.

Bedenken wegen Gefahr einer erneuten Straftat

Der Oberrichter wies insbesondere darauf hin, dass Kneubühl bei einer Entlassung aus der Haft ohne Haus und ohne Familie auf behördliche Hilfe angewiesen wäre. Er wolle aber mit den Behörden nichts zu tun haben. Die Wahrscheinlichkeit wäre deshalb gross, dass Kneubühl wieder in eine Situation käme, in der er glaubte, sich wehren zu müssen. 

In einer solche Situation wäre erneut mit einer Straftat gegen Leib und Leben zu rechnen. Schliesslich sei nach wie vor unbekannt, wo Kneubühl sein Gewehr versteckt habe.

Ans Obergericht war der Fall gelangt, weil Kneubühl gegen das Urteil des Bieler Regionalgerichts von März 2020 Beschwerde eingereicht hatte. Zur Eröffnung des Verfahrens am Mittwochmorgen war Kneubühl nicht erschienen. Dies sei als «Streik» gegen die «Korruption der Berner Behörden» aufzufassen, liess er das Obergericht vom Regionalgefängnis Thun aus in einem Brief wissen.

Landesweit bekannt geworden

Der heute 77-Jährige wurde 2010 landesweit bekannt, als er vor der Zwangsräumung seines Elternhauses in Biel auf Polizisten schoss und einen von ihnen schwer verletzte. Nach einem mehrtägigen Katz-und-Maus-Spiel mit der Polizei wurde der Rentner schliesslich oberhalb von Biel gefasst.

Das Regionalgericht Berner Jura-Seeland kam 2013 zum Schluss, Kneubühl leide an einer schweren wahnhaften Störung. Es taxierte den Angeklagten als schuldunfähig und verordnete deshalb eine stationäre psychiatrische Massnahme. Das bernische Obergericht und das Bundesgericht bestätigten dieses Vorgehen.

Im Rahmen der stationären Massnahme solle sich Kneubühl therapieren lassen, so die Idee. Packe er diese Chance nicht, drohe ihm eine Verwahrung, warnten seinerzeit die Richter.

Doch der als «renitenter Rentner» und «Behördenschreck» bekannt gewordene Kneubühl bestreitet, dass er an Verfolgungswahn leidet. Laut den Behörden verweigerte er jegliche Therapie und medikamentöse Behandlung. Aus diesem Grund stellten die Bewährungs- und Vollzugsdienste (BVD) des Kantons Bern beim Bieler Gericht den Antrag, die stationäre Massnahme wegen Aussichtslosigkeit des Unterfangens durch eine Verwahrung abzulösen.

Das erstinstanzliche Gericht entsprach im März vor einem Jahr diesem Antrag unter anderem mit der Begründung, die Rückfallgefahr bei Kneubühl sei hoch. Dies sei der Fall, wenn der Mann sich in die Enge getrieben fühle.

Peter Hans Kneubühl erschien aus Protest nicht zum Prozess am Obergericht – er schickte stattdessen einen Brief aus dem Regionalgefängnis in Biel (im Bild).
Peter Hans Kneubühl erschien aus Protest nicht zum Prozess am Obergericht – er schickte stattdessen einen Brief aus dem Regionalgefängnis in Biel (im Bild).
Bild: Keystone/Peter Klaunzer

Der Gerichtspräsident wies damals auch darauf hin, dass Kneubühl nie verriet, wo er sein Gewehr versteckte. Den neuen Besitzern des zwangsversteigerten Hauses habe er geschrieben, er werde nicht ruhen, bis der «illegale Hauskauf» rückgängig gemacht sei. Er werde ihnen «den Hals umdrehen».

Verhältnis- oder unverhältnismässig?

Vor der Beschwerdekammer des Berner Obergerichts wiederholten am Mittwoch Staatsanwalt Manus Widmer und BVD-Vertreter Markus D'Angelo ihre Positionen von März 2020: Eine Verwahrung sei in diesem Fall verhältnismässig, sagte etwa Widmer mit Verweis auf das versteckte Gewehr.

Eine Gefahr für seine Mitmenschen könne Kneubühl schon werden, wenn er sich nur schon subjektiv unter Druck gesetzt fühle, sagte D'Angelo. Von Gefahr sei nicht nur bei objektiv vorhandenem Druck auszugehen. D'Angelo wies zudem darauf hin, dass Verwahrungen gewisse Lockerungen wie Ausgänge nicht ausschliessen und die Massnahme immer wieder überprüft wird.

Ein psychiatrischer Gutachter, auf den sich die Anklage und das Gericht im Wesentlichen stützten, habe Kneubühl nie persönlich getroffen: Das sagte Kneubühls Verteidiger Sascha Schürch. Die Rückfallgefahr sei gemäss dem in diesem Fall zur Anwendung gekommenen Prognoseinstrument HCR-20 gar nicht so gross.

Es sei unverhältnismässig, für Kneubühl die Verwahrung anzuordnen, ohne es zuvor mit einer bedingten Entlassung unter Auflagen versucht zu haben. Das Urteil wird am Donnerstagmorgen bekanntgegeben.

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