Grossbritannien Virgin Orbit: «Unregelmässigkeiten» bei Satellitenstart in England

falu

10.1.2023 - 02:52

Bei dem geplanten Satellitenstart in Grossbritannien ist es nach Angaben der beteiligten US-Firma Virgin Orbit in der Nacht zum Dienstag unerwartet zu Problemen gekommen. "Es scheint, dass eine Unregelmässigkeit uns daran gehindert hat, die Umlaufbahn zu erreichen."
Bei dem geplanten Satellitenstart in Grossbritannien ist es nach Angaben der beteiligten US-Firma Virgin Orbit in der Nacht zum Dienstag unerwartet zu Problemen gekommen. "Es scheint, dass eine Unregelmässigkeit uns daran gehindert hat, die Umlaufbahn zu erreichen."
Keystone

Beim ersten Satellitenstart von britischem Boden ist es in der Nacht zum Dienstag unerwartet zu Problemen gekommen – der historische Versuch scheiterte.

Keystone-SDA, falu

«Es kam es zu einer Unregelmässigkeit im System, die die Mission vorzeitig beendete», teilte die US-Firma Virgin Orbit mit, die den Start durchführte.

Die Enttäuschung im Vereinigten Königreich ist gross. «Newquay, wir haben ein Problem», schrieb der Sender Sky News. Virgin Orbit zeigte sich zerknirscht. Es sei das erste Mal, dass die Trägerrakete die Satelliten nicht wie geplant in die Umlaufbahn gebracht habe. Zuvor waren mehrere ähnliche Flüge in den USA erfolgreich verlaufen.

Die Rakete habe nicht die nötige Höhe erreicht und die neun Satelliten, die jeweils die Grösse eines Schuhkartons haben, nicht aussetzen können, sagte Matt Archer von der britischen Weltraumbehörde UK Space Agency.

Ob und wo Teile der Rakete auf die Erde zurückfielen, sei noch nicht bekannt, betroffen seien in diesem Fall aber unbewohnte Gebiete. In den nächsten Tagen solle eine Untersuchung herausfinden, wie es zu dem technischen Versagen kam und wie es nun weitergeht.

Rückschlag für britische Pläne

Es ist ein heftiger Rückschlag für die ambitionierten britischen Pläne. Das Land will zum Vorreiter der europäischen Weltraumindustrie werden. Die BBC sprach vor dem Start von einem «Meilenstein» für die britische Raumfahrt. Es handle sich um «die Geburt einer einheimischen Trägerraketen-Industrie».

Rund 2000 Schaulustige verfolgten laut BBC das Ereignis in der südwestenglischen Grafschaft Cornwall. Vor anderthalb Jahren hatte der damalige Premierminister Boris Johnson in seiner gewohnt überschwänglichen Art angekündigt, das Land zum «Galactic Britain» zu machen – zum galaktischen Grossbritannien.

Wie wichtig das Vorhaben für die konservative Regierung ist, machte ein Tweet deutlich, den der zuständige Staatssekretär George Freeman kurz nach dem Start der «Cosmic Girl» getauften Boeing 747 absetzte, die die Trägerrakete ins All bringen sollte. Grossbritannien habe «das Weltraumrennen um den ersten Weltraumsatellitenstart Europas» gewonnen, jubelte Freeman und betonte: «Ein kleiner Schritt für eine alte 747. Ein gewaltiger Sprung für die britische Weltraumbranche.»

Propaganda

Ausserhalb des Königreichs war die Stimmung bereits vor dem Scheitern nüchterner. «Damit werden sie nicht zu den Grossen gehören», sagte ein europäischer Raumfahrtexperte, der nicht namentlich genannt werden wollte, der Deutschen Presse-Agentur. Er sprach von einer «Propaganda-Massnahme», die vor allem an die eigene Bevölkerung gerichtet sei und als Brexit-Vorteil verkauft werden solle.

Bei der Rakete handle es sich lediglich um einen «kleinen Träger» mit knapp 150 Kilogramm Last. Allerdings, so räumte er ein, biete Cornwall auch Vorteile. Der Ort sei einfach zu erreichen, zudem gebe es dank guter Verbindungen zu den britischen Behörden eine Art All-Inclusive-Paket.

Nach britischen Schätzungen wird der Weltraum-Markt bis 2030 auf rund 490 Milliarden Pfund (548 Milliarden Franken) wachsen. Die Regierung in London hofft, dass die Raumfahrtindustrie im kommenden Jahrzehnt rund 3,8 Milliarden Pfund zur britischen Wirtschaft beitragen wird.