Hunderte Lokale verschwunden Warum immer mehr Pubs in Grossbritannien dicht machen

Von Naoual Abardah, dpa

12.10.2018

Bier wird in einem Pub in London ausgeschenkt. Seit Jahresbeginn mussten in Grossbritannien 800 Pubs wegen der Wirtschaftslage schliessen. Die Briten fürchten um ihre Pub-Tradition.
Bier wird in einem Pub in London ausgeschenkt. Seit Jahresbeginn mussten in Grossbritannien 800 Pubs wegen der Wirtschaftslage schliessen. Die Briten fürchten um ihre Pub-Tradition.
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Rauchverbot und steigende Bierpreise belasten die britischen Pubs. Sind die auch bei Touristen beliebten Gaststätten vom Aussterben bedroht?

Früher führte nach der Arbeit kein Weg an ihnen vorbei: Pubs gehören zu Grossbritannien wie der Afternoon Tea oder der akkurat getrimmte Rasen. Doch immer mehr Wirte müssen ihre Lokale schliessen. Allein in der ersten Jahreshälfte 2018 haben beinahe 800 Pubs den Betrieb eingestellt - es ist eine Entwicklung, die seit Jahren andauert. Um zu überleben, müssen die Wirte die Preise für Bier erhöhen. Doch das verschlimmert die Lage nur: Denn die Menschen kaufen ihr Bier nun lieber im Supermarkt und trinken es zu Hause.

«Vor 20 Jahren gingen die Menschen zwei, drei oder vier Mal pro Woche in den Pub. Heute nur noch einmal die Woche, weil sie es sich anders nicht leisten können», sagt Patrick Linn. Der 43-Jährige ist Manager des Pubs «The Lamb and Flag» im Londoner Viertel Covent Garden. Seinem Beruf geht er inzwischen seit 17 Jahren nach, angefangen hat er in der ehemaligen Industriestadt Coventry. «Als ich dort im Jahr 2005 arbeitete, gab es allein in unserer Strasse elf Pubs. Als ich die Stadt 2010 verliess, waren es nur noch zwei».

Rauchverbot und Kostendruck 

Als Ursache für den Niedergang der Pubs nennt die British Beer and Pub Association (BB&PA) zum Beispiel das Rauchverbot, das 2007 in Kraft trat, sowie veränderte Freizeitgewohnheiten. Dazu kommt ein gestiegener Kostendruck für die Pub-Betreiber. Verantwortlich dafür seien vor allem stark gestiegene Steuern auf alkoholische Getränke. Die Biersteuer im Vereinigten Königreich liegt der BB&PA zufolge inzwischen bei 70 Rappen pro Pint. Begründet werden die hohen Steuern mit dem Kampf gegen Alkoholmissbrauch.

Doch auch andere Abgaben machen den Wirten zu schaffen. «Die Grundsteuer hat sich an einigen Orten vervielfacht», sagt Linn. Betroffen seien vor allem London und der Südosten des Landes. Seiner Ansicht nach tragen auch die ständig steigenden Personalkosten dazu bei, dass immer mehr Pubs zumachen.

Briten finden vier Franken für ein Pint Bier angemessen. Doch der Preis liegt mittlerweile deutlich höher.
Briten finden vier Franken für ein Pint Bier angemessen. Doch der Preis liegt mittlerweile deutlich höher.
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Im «The Lamb and Flag» kostet das günstigste Pint fünf Franken – zehn Prozent mehr als noch vor zwei Jahren. Insgesamt hat sich der durchschnittliche Preis für ein Pint im Vereinigten Königreich zwischen 2000 und 2017 der BB&PA zufolge beinahe verdoppelt. Die Zahl der Pubs ging im selben Zeitraum von 60 800 auf 48 350 zurück. 

Briten finden vier Franken für Pint angemessen

Laut dem britischen Reiseführer «Good Pub Guide» gibt es derzeit das günstigste Bier in den ländlichen Grafschaften Shropshire und Herefordshire für durchschnittlich 4,40 Franken. In London muss man durchschnittlich 5,80 Franken für ein Bier hinlegen. Dabei empfinden die Briten vier Franken als angemessenen Preis für ein Bier, wie eine im Juni veröffentlichte Umfrage des Meinungsforschungsinstituts YouGov unter mehr als 40'000 Briten ergab. Einer anderen Umfrage zufolge hält die Mehrheit der Briten ein Pint im Pub schlicht für nicht mehr bezahlbar.

Patrick Linn, Manager des Pubs «The Lamb and Flag», steht im Pub im Londoner Viertel Covent Garden. Er sieht in den stark gestiegenen Steuern einen Grund für das Sterben der Pubs in Großbritannien. 
Patrick Linn, Manager des Pubs «The Lamb and Flag», steht im Pub im Londoner Viertel Covent Garden. Er sieht in den stark gestiegenen Steuern einen Grund für das Sterben der Pubs in Großbritannien. 
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Wie er mit seinem Pub, das seit 1623 existiert, trotzdem überlebt? Linn will gerade antworten, da unterbricht ihn eine Frau, die mit Partner und Kind das Lokal verlässt. «Danke für den wundervollen Service. Das Essen und die Getränke sind sehr lecker», sagt sie, und verabschiedet sich. Linn kommt das gerade recht. «Die Kunden sind überzeugt und empfehlen uns weiter», sagt er. «So überleben Pubs.» Das sei aber auch der Lage des «The Lamb and Flag» in der von Touristen belebten Metropole London zu verdanken. Wirtshäuser ausserhalb des Zentrums hätten es schwerer und würden eher unter der Marktsituation leiden – und schliessen.

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