Akita Wie Japans «Suizidhauptstadt» gegen ihren Ruf kämpft

tsha

8.4.2019

In Japan begehen jährlich mehr als 20'000 Menschen Selbstmord (Symbolbild).
In Japan begehen jährlich mehr als 20'000 Menschen Selbstmord (Symbolbild).
Keystone

Die japanische Hafenstadt Akita hatte einst die höchste Suizidrate des Landes. Heute ist das anders. Geholfen haben dabei Regierungspläne – und auch ganz einfache Lösungen.

Während Jahrzehnten gab es nirgends in Japan so viel Suizide wie in Akita, einer Grossstadt im Nordwesten des Landes. Und nirgendwo innerhalb der G7, der Gruppe der sieben grössten Industrienationen der Welt, gibt es überhaupt so viele Suizide wie in Japan. Akita war über Jahre die «Selbstmordhauptstadt» der industrialisierten Welt. Doch seit einigen Jahren tut sich etwas in der Hafenstadt.

Weniger Stress bei der Arbeit

Wie die «South China Morning Post» berichtet, ist die Suizidrate in Akita heute so niedrig wie seit 40 Jahren nicht mehr. In ganz Japan ging die Zahl der Suizide in den letzten 15 Jahren um 40 Prozent zurück. Töteten sich in dem Inselstaat im Jahr 2003 noch 34'427 Menschen selbst, fiel die Zahl auf zuletzt 20'598.

Geholfen hat dabei ein nationaler Plan, um den Suiziden vorzubeugen. Schon seit 2007 arbeiten Wissenschaftler daran, Gruppen zu identifizieren, die besonders suizidgefährdet sind, um massgeschneiderte Programme aufzulegen. Auch grosse Firmen haben Schritte unternommen, um Selbsttötungen unter ihren Mitarbeitern zu verhindern. So ist es heute einfacher, bei Überarbeitung eine Auszeit zu nehmen, viele Unternehmen bieten ausserdem psychologische Beratung an. Und ein neues Gesetzt deckelt die Zahl der möglichen Überstunden.

Zuhören hilft

Vorreiter war die Stadt Akita. Wegen ihrer abgeschiedenen Lage, den langen Wintern und einer schwächelnden Wirtschaft sei hier die Suizidrate besonders hoch gewesen, so Experten. Schon 1999 bewilligte der Gouverneur der Präfektur Akita, in der die gleichnamige Stadt liegt, Mittel zur Suizidprävention. «Lange Zeit lautete die vorherrschende Meinung, dass Suizid ein persönliches Problem war, also hat sich die Regierung nicht damit auseinandergesetzt», sagt Hiroki Koseki, der in Akita für die Präventionsprogramme verantwortlich ist. 

Heute unterstützen unzählige Freiwillige das Projekt. Sie werden draufhin geschult, Warnzeichen zu erkennen und suizidgefährdete Menschen an Hilfsstellen zu verweisen. Viele Rentner haben es sich ausserdem zur Aufgabe gemacht, Menschen, die sich mit Suizidgedanken tragen, einfach nur zuzuhören. «Während sie mit uns sprechen, hören sie auf, an Suizid zu denken», erzählt die 79-jährige Freiwillige Ume Ito.

Seit Kurzem konzentrieren sich die Präventionsprogramme in Japan sogar auf die Kinder. Ein Comic, der an Grundschulen verteilt wird, soll das Bewusstsein dafür schaffen, dass es in Ordnung ist, über seine Probleme zu sprechen. Eine Erkenntnis, die für manchen Japaner keine Selbstverständlichkeit ist.

Hier bekommen Sie Hilfe:

Wenn Sie selbst Suizidgedanken haben oder jemanden kennen, der Unterstützung benötigt, wenden Sie sich bitte an die Berater der Dargebotenen Hand. Sie können diese vertraulich und rund um die Uhr telefonisch unter der Nummer 143 erreichen. Spezielle Hilfe für Kinder und Jugendliche gibt es unter der Nummer 147.

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