Lage in Libyen weiter katastrophal Bürgermeister von Darna befürchtet allein in seiner Stadt bis zu 20’000 Tote

dpa/dor

14.9.2023 - 07:30

Flutkatastrophe in Libyen: Stadt rechnet mit bis zu 20.000 Toten

Flutkatastrophe in Libyen: Stadt rechnet mit bis zu 20.000 Toten

STORY: Nach der Flutkatastrophe in Libyen suchen Einsatzkräfte weiter nach Opfern und Vermissten. Allzu oft können sie jedoch nur noch Leichen bergen. Der Bürgermeister der besonders schwer getroffenen Küstenstadt Derna geht davon aus, dass sich die Zahl der Toten auf bis zu 20.000 erhöhen könnte. Dies ergebe sich auf Grundlage der Teile der Stadt, die zerstört worden seien, sagte Abdulmenam Al-Ghaithi am Mittwoch dem Sender al-Arabija. Bislang gingen Regierungsvertreter von über 5300 Toten in Derna aus. Auf die Frage, wie viele Menschen durch das Unwetter getötet worden sein könnten, brach dieser Mediziner am Mittwoch in Tränen aus. Die Zahlen seien gigantisch, Genaues könne er aber nicht sagen, so der Mann. Nach bisherigen Erkenntnissen war nach sintflutartigen Regenfällen oberhalb der Stadt ein Damm gebrochen. Danach raste eine Flutwelle durch den 125.000 Einwohner zählenden Ort und spülte ganze Strassenzüge ins Meer. Unterdessen ist auch Hilfe aus Deutschland angelaufen. Im Logistikzentrum des Technischen Hilfswerks in Bayern wurden am Mittwoch Hilfsgüter verladen. «Wir schicken hier aus dem Landesverband aus dem Logistikzentrum des Landesverbands Bayern verschiedene Hilfsgüter, die vor Ort dringend gebraucht werden, wie Familien, Zelte, Schlafsäcke, Decken, Isomatten. Aber auch Feldbetten, so dass die Flutopfer vor Ort auch übernachten können und ein trockenes Dach über dem Kopf haben.» Am Donnerstag sollen die Hilfsgüter mit Maschinen der Bundeswehr vom niedersächsischen Stützpunkt Wunstorf aus nach Libyen geflogen werden.

14.09.2023

Die Lage in Libyen ist auch Tage nach den Überschwemmungen weiter verheerend. Ganze Regionen sind von der Aussenwelt abgeschnitten. Das Land braucht nach Meinung von Experten dringend mehr Hilfe.

dpa/dor

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  • In Libyen schwindet nach den furchtbaren Überschwemmungen die Hoffnung auf Überlebende.
  • Während Rettungsteams weiter in den Trümmern eingestürzter Gebäude suchen, müssen in Leichensäcke gehüllte Opfer in Massengräbern verscharrt werden.
  • Nach Angaben der Verwaltung im Osten des Landes kamen allein in der besonders betroffenen Hafenstadt Darna 5300 Menschen ums Leben.
  • Der Bürgermeister von Darna geht davon aus, dass die Zahl der Toten allein in der Stadt noch auf 18’000 bis 20’000 erhöhen wird.
  • In Darna gelten rund 10’000 Menschen als vermisst.
  • Die Sorge gilt auch den Hunderttausenden von Flüchtlingen und anderen Migranten aus mehr als 40 Ländern, für die Libyen das Sprungbrett nach Europa ist.

In Libyen schwindet nach den furchtbaren Überschwemmungen die Hoffnung auf Überlebende. Während Rettungsteams weiter in den Trümmern eingestürzter Gebäude suchen, müssen in Leichensäcke gehüllte Opfer in Massengräbern verscharrt werden. Nach Angaben der Verwaltung im Osten des Landes kamen allein in der besonders betroffenen Hafenstadt Darna 5300 Menschen ums Leben. Die genaue Zahl ist nur schwer unabhängig zu beziffern. Es wird aber befürchtet, dass noch weit mehr Tote geborgen werden.

Der Bürgermeister von Darna, Abdulmenam Al-Ghaithi, sagte am Mittwoch im Sender al-Arabija, er gehe davon aus, dass die Zahl der Toten allein in der Stadt noch auf 18’000 bis 20’000 erhöhen werde. Die Zahl ergebe sich nicht aus Zählungen von Leichen, die Rettungskräfte gefunden haben oder aus Vermisstenmeldungen, anhand derer sich sagen liesse, wie viele Menschen das verheerende Flutkatastrophe vom Sonntag wohl nicht überlebt haben. Vielmehr ergebe sich dies auf Grundlage der Gegenden, die zerstört worden seien, sagte der Bürgermeister der Stadt am Mittelmeer weiter. Auch Hilfsorganisationen, Politiker und die Armee rechnen damit, dass die Zahl der Toten noch weiter steigen könnte.

Grosse Teile der besonders schwer getroffenen Küstenstadt Darna sind zerstört.
Grosse Teile der besonders schwer getroffenen Küstenstadt Darna sind zerstört.
Bild: Keystone/AP/Muhammad J. Elalwany/

Unterdessen gibt es verzweifelte Rufe nach mehr humanitärer Hilfe für die Überlebenden in dem nordafrikanischen Land, das sich seit Jahren im Bürgerkrieg befindet.

Hilfslieferungen und Notfallteams auf dem Weg

Das deutsche Technische Hilfswerk (THW) brachte derweil Hilfslieferungen auf den Weg. Es handelt sich nach Angaben der Organisation um 100 Zelte mit Beleuchtung, 1000 Feldbetten, 1000 Decken, 1000 Isomatten und 80 Stromgeneratoren. Einem Sprecher zufolge brachen acht Lastwagen noch am Mittwochabend in Richtung Wunstorf bei Hannover auf. Vom dortigen Bundeswehrstandort sollte die Fracht an diesem Donnerstag nach Libyen gebracht werden.

Auch die Hilfsorganisation Ärzte ohne Grenzen kündigte für Donnerstag die Ankunft eines Notfallteams in der schwer betroffenen Stadt Darna an. Es bestehe aus Logistikern und medizinischem Personal, gab die Organisation auf der Plattform X (vormals Twitter) bekannt. Man bringe zudem Notfallausrüstung mit zur Behandlung von Verletzten und Leichensäcke für Libyens Wohlfahrtsorganisation Roter Halbmond.

Die Sorge gelte auch den Hunderttausenden von Flüchtlingen und anderen Migranten aus mehr als 40 Ländern, für die Libyen das Sprungbrett nach Europa sei, berichtete die englischsprachige Zeitung «Arab News» mit Sitz in Saudi-Arabien. Auch unter diesen Menschen dürfte es Opfer geben, die von den Überschwemmungen mitgerissen wurden, hiess es.

Leichen treiben im Meer

Derweil hat die Europäische Union ihr Katastrophenschutzverfahren aktiviert und koordiniert Hilfsangebote aus verschiedenen EU-Ländern. Auch die Vereinten Nationen haben ein Team vor Ort. Libyen hatte ein internationales Hilfeersuchen gestellt.

Allein in Darna sind mehr als 30’000 Menschen obdachlos geworden, wie die Internationalen Organisation für Migration (IOM) auf X mitteilte. Rund 10’000 Menschen gelten als vermisst. Videos in sozialen Medien zeigten Fahrzeugkolonnen, die Tote abtransportierten, auf anderen Aufnahmen trieben Leichen im Meer. Ganze Strassenzüge sind in Schlamm versunken.

Neben Darna sind auch andere Städte wie Al-Baida, Al-Mardsch, Susa und Schahat betroffen. «Wir brauchen einfach Leute, die die Situation verstehen – logistische Hilfe, Hunde, die Menschen riechen können und sie aus dem Boden holen. Wir brauchen einfach humanitäre Hilfe, Leute, die wirklich wissen, was sie tun», sagte ein libyscher Arzt, der in einer Klinik nahe Darnas arbeitet, dem britischen Sender BBC.

Der Sturm «Daniel», der zuvor auch in Griechenland gewütet hatte, erfasste Libyen am Sonntag. Nahe Darna brachen zwei Dämme, ganze Viertel der Hafenstadt ihren rund 100’000 Einwohnern wurden ins Meer gespült.