Das Schicksal von Harvey Weinstein liegt nun in den Händen von zwölf Laien. Die Geschworenen in dem aufsehenerregenden Prozess haben sich zur Urteilsfindung zurückgezogen.
Sechs Wochen nach Beginn des Prozesses gegen den ehemaligen Hollywood-Produzenten Harvey Weinstein hat sich die Jury zu Beratungen über das Urteil zurückgezogen.
Richter James Burke wies die zwölf Geschworenen am Dienstag in New York an, über Schuld oder Unschuld des 67-Jährigen zu entscheiden. Dabei sei der Angeklagte nur dann schuldig, wenn seine Unschuld «zweifelsfrei» widerlegt sei.
Die Jury muss nun zu einer einstimmigen Entscheidung in drei verschiedenen Anklagepunkten kommen: Vergewaltigung, sexuelle Nötigung und «predatory sexual assault» – also in etwa «raubtierhafter sexueller Angriff». In dem aufsehenerregenden New Yorker Prozess geht es seit Januar aber im Kern um zwei Vorwürfe: Weinstein soll 2006 die Produktionsassistentin Mimi Haleyi zum Oral-Sex gezwungen und 2013 die heutige Friseurin Jessica Mann vergewaltigt haben.
Die Beratungen können sich über Wochen hinziehen. Sollten sich die Geschworenen nicht einigen können, spricht man von einer sogenannten «hung jury», was den Prozess wohl zum Platzen bringen würde. Dann müsste das Verfahren neu aufgerollt werden. Bei einer Verurteilung droht Weinstein Gefängnis bis ans Lebensende. Der Prozess gilt als Meilenstein der MeToo-Ära, die von dem Fall ausgelöst wurde. Seit 2017 haben mehr als 80 Frauen Weinstein sexuelle Übergriffe vorgeworfen.
In den vergangenen Wochen hatte die Staatsanwaltschaft in dem Verfahren versucht, mithilfe von insgesamt sechs Hauptzeuginnen in teils drastischer Detailtiefe ein Muster Weinsteins offenzulegen – das eines Mannes, der seine Macht in der Filmindustrie systematisch ausnutzte, um sich junge Frauen gefügig zu machen; eines Mannes, der Frauen für Sex Karrierehilfe versprach und sie bei einem Nein zum Geschlechtsverkehr zwang.
Die Verteidigung hingegen hatte den Zeuginnen eine Mitschuld gegeben und Weinstein in einer Opferrolle dargestellt. Frauen hätten ihn über Jahrzehnte wegen seines Einflusses und Geldes ausgenutzt und seien sich ihrer Handlungen und Signale an ihn bewusst gewesen. Jeglicher Sex habe einvernehmlich stattgefunden.
Weinsteins Anwälte hoben hervor, dass Jessica Mann eine längere Beziehung mit dem heute 67-Jährigen geführt habe. Sie zeigten Nachrichten und E-Mails von den mutmasslichen Opfern, die auch nach den vorgeworfenen Taten noch ein positives Verhältnis zu Weinstein widerspiegeln sollen.
Weinsteins Anwältin Donna Rotunno stellte derweil indirekt die vollständige Unabhängigkeit bei der Entscheidungsfindung angesichts der angeblich tendenziösen Berichterstattung in Frage. «Die Richter weisen die Juroren an, bei ihrer Entscheidung jegliche Berichterstattung in den Medien und äussere Einflüsse zu vermeiden. Aber glaubt jemand in einem hochkarätigen Fall wie dem von Harvey Weinstein wirklich, dass dies realistisch möglich ist?», schrieb sie in einem Kommentar für das Magazin «Newsweek».
Staatsanwältin Joan Illuzzi sprach vor Gericht von einer Verletzung der Regeln und «100 Prozent unangebrachtem Verhalten». Richter Burke wies die Verteidigung an, künftig von der Veröffentlichung von Artikeln abzusehen.
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