Weitergabe-VerbotSchweizer Waffen verschwinden im Ausland ohne jede Spur
phi
17.5.2023
Kontrolle durch den Bund: Wenn sich Länder nicht an die Regeln zur Weitergabe von Schweizer Waffen halten, werden sie nicht mehr beliefert. Doch nicht immer ist das importierte Gut dort auch auffindbar.
phi
17.05.2023, 11:56
17.05.2023, 12:18
phi
Keine Zeit? blue News fasst für dich zusammen
Das Seco kontrolliert im Ausland die Bestände gelieferter Schweizer Waffen, um sicherzustellen, dass diese nicht vertragswidrig weitergegeben wurden.
Das Ausland hat für diese Kontrollen nur wenig Verständnis, halten die Beamten in einem Prüfbericht fest.
Obwohl oft nur ein Teil der Importe vorgezeigt werden muss, fehlen oft Bestände, was sich in der Benotung aber kaum niederschlägt.
Die Kontrollen sind aber nicht folgenlos: Ghana hat 2016 und der Libanon 2019 das Recht verwirkt, Waffen in der Schweiz zu kaufen.
Es sind heikle diplomatische Aufträge, wenn Schweizer Prüfer im Ausland den Bestand gewisser Waffen kontrollieren, weil diese aus der Schweiz importiert worden sind. Das Recht zu diesen Kontrollen lässt sich der Bund zusichern, wenn die entsprechenden Verträge geschlossen werden.
Wie pikant die Kontrollen der Schweiz sein können, ist den Experten klar, weil sie beim Empfänger «in deren Souveränität [eingreifen] und zuweilen vertrauliche Informationen, mitunter sogar militärische Geheimhaltungsinteressen, tangiert sein können», heisst es in entsprechenden Berichten des Bundes, aus denen der «Tages-Anzeiger» zitiert.
Deshalb führen auch nur wenige Länder solche Kontrollen überhaupt durch. Wie heikel die Kontrollen sind, habe sich in der Slowakei gezeigt: Der Besuch der Schweizer Gruppe sei mehrfach verschoben worden – offiziell wegen der Corona-Pandemie. Ein Beamter schreibt aber im Kontrollbericht, es werde der Eindruck erweckt, «dass es der slowakischen Seite nur recht war, den Zeitpunkt auf den Sankt Nimmerleinstag zu verschieben».
Nur 60 Prozent kontrolliert – trotzdem nicht alles gefunden
Es geht dabei um Maschinenpistolen, die die Schweiz dem slowakischen Innenministerium und dem Geheimdienst zwischen 2015 und 2017 geliefert hat. Als das zuständige Staatssekretariat für Wirtschaft (Seco) im November 2021 den Bestand schliesslich sichten darf, bekommen sie nicht alle Waffen zu Gesicht.
«Schlussendlich waren es rund 60 Prozent der ausgeführten Waffen, die überprüft werden sollten», erklärt Seco-Sprecher Fabian Maienfisch dem «Tages-Anzeiger». Die restlichen Waffen befänden sich «im Einsatz oder in Reparatur». Doch nicht mal die Kontrolle dieser Menge klappt.
«In der Slowakei konnte leider nicht sämtliches ausgeführte Kriegsmaterial physisch überprüft werden», wird aus dem Bericht zitiert. Zwei Prozent seien dabei nur via Fotos gesichtet worden. Der Bericht hält angeblich auch fest, dass Bratislava wenig Verständnis für die Aktion hat. Am Ende steht die Note «Knapp gut», so der «Tages-Anzeiger».
Kontrollen wichtig für Glaubwürdigkeit
Dass nicht alle Maschinenpistolen überprüft worden sind, sei kein Problem, sagt Maienfisch: «Die restlichen Kleinwaffen können auch noch zu einem späteren Zeitpunkt kontrolliert werden.» Der Bund greife auch durchaus durch, wenn etwas nicht stimmt: Ghana und der Libanon bekämen keine Waffen mehr, seit Kontrollen 2016 und 2019 ein «ungenügendes Ergebnis» erbracht hätten.
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Bosnien und Herzegowina sowie Malaysia hätten bei Kontrollen die Note «Gut» erhalten, obwohl «leider nicht sämtliches ausgeführte Kriegsmaterial physisch überprüft werden» konnte, heisst es laut «Tages-Anzeiger» im Prüfbericht des Seco. In Mexico und der Dominikanischen Republik habe es nur ein «Genügend» gegeben: Im letzteren Land seien nicht alle Maschinenpistolen und Schalldämpfer gefunden worden.
Keine Probleme gab es dagegen beim Sichten der Schweizer Importe in Bugarien, Kuwait und Südafrika. So sollte es immer sein, fordert die Grünen-Nationalrätin Marionna Schlatter: «Die strengen Exportregeln, die militärische Neutralität – sie sind nur glaubwürdig, wenn die Kontrolle einwandfrei funktioniert.»