Pensionierten droht sozialer Abstieg Eines Tages hast du nur noch halb so viel Geld, oder?

mmi

23.8.2023

Sorgenfrei blicken Arbeitnehmende in der Schweiz ihrer finanziellen Situation in der Pensionierung entgegen.
Sorgenfrei blicken Arbeitnehmende in der Schweiz ihrer finanziellen Situation in der Pensionierung entgegen.
Bild: Keystone

Eine neue Studie zeigt: In Zukunft wird es noch schwieriger, mit den Renten aus AHV und Pensionskasse den gewohnten Lebensstandard fortzusetzen. Das gilt für Gutverdienende wie auch den Mittelstand.

mmi

23.8.2023

Keine Zeit? blue News fasst für dich zusammen

  • Laut einer neuen Studie des VZ Vermögenszentrums blickt eine grosse Mehrheit gelassen ihrem Rentenalter entgegen.
  • 87 % der Befragten glauben nach der Pensionierung ohne finanzielle Probleme leben zu können.
  • Gemäss VZ Vermögenszentrum dürften die Befragten die Situation unterschätzen.
  • Seit 2002 sanken die Pensionskassenrenten um fast 41 Prozent.
  • Vor allem sinkende Leistungen der Pensionskassen durch tiefere Zinsen und fehlenden Inflationsausgleich fallen ins Gewicht.
  • Demnach erleiden die grössten Einbussen Erwerbstätige mit mittleren und hohen Einkommen. Denn sie haben oft mehr in der Pensionskasse angespart.

Trotz immer weiter sinkender Renten: Eine grosse Mehrheit glaubt laut einer neuen Studie des VZ Vermögenszentrums immer noch daran, nach der Pensionierung ohne finanzielle Probleme leben zu können. Damit unterschätzen sie die Situation aber vielleicht.

Vielen Arbeitnehmende in der Schweiz droht nach der Pensionierung eine Einkommenslücke – eine erhebliche sogar, wie die NZZ schreibt und bezieht sich auf das am Mittwoch publizierte «Pensionierungs-Barometer 2023» des VZ Vermögenszentrums.

Untersucht wurde dabei die Entwicklung der Renten aus AHV und Pensionskassen und das Vertrauen in das Vorsorgesystem. Der Barometer setzt sich aus drei Indizes zusammen: dem Vertrauens-, Erwartungs- und Rentenindex.

Pensionskassen tragen weniger bei

Vor allem sinkende Leistungen der Pensionskassen durch tiefere Zinsen und fehlenden Inflationsausgleich fallen ins Gewicht. Seit 2002 sanken die Pensionskassenrenten um fast 41 Prozent. Denn da die Menschen immer älter werden, mussten die Pensionskassen ihre Umwandlungssätze senken.

Die AHV-Rente kann diese Lücke trotz eines Rentenanstiegs um rund 19 Prozent in den letzten 20 Jahren nicht mehr füllen. Machte 2002 die AHV nur ein Drittel aus, ist deren Anteil mittlerweile auf fast die Hälfte der zu erwarteten Rente gestiegen.

Gemäss Bundesverfassung sollen Renten aus AHV und Pensionskasse zusammengerechnet den gewohnten Lebensstandard ermöglichen. In der Praxis geht man von 60 Prozent des letzten Lohnes vor der Pensionierung aus.

Mittlerweile sind es aber deutlich weniger.

In einem konkreten Beispiel habe die Rente eines Mannes mit einem Bruttoeinkommen von 100’000 Franken im Jahr 2002 zusammen aus AHV und Pensionskasse noch 62 Prozent des Lohns ausgemacht. Heute seien es nur noch knapp 53 Prozent. Bei einem Jahressalär von 150’000 Franken, zeigen die Berechnungen des VZ Vermögenszentrum, dass nach der Pensionierung im Durchschnitt nur noch mit 44 Prozent zu rechnen ist.

Grösste Einbussen für Erwerbstätige mit mittleren und hohen Einkommen

Demnach erleiden die grössten Einbussen Erwerbstätige mit mittleren und hohen Einkommen. Denn sie haben oft mehr in der Pensionskasse angespart.

Reto Spring, Präsident des Finanzplaner-Verbands Schweiz, bestätigt gegenüber der NZZ die Werte. Aus seiner langjährigen Praxis könne er sagen, dass die Ersatzquote bei Einkommen von 100’000 Franken bestenfalls noch zwischen 50 und 60 Prozent und bei Gutverdienenden jenseits der 150’000 Franken liege sie bereits heute meist unter 50 Prozent.

Gemäss Spring würden die Zahlen verdeutlichen, wie wichtig ein eigenverantwortlicher privater Vermögensaufbau sei. Es sei kein Zufall, dass jeder dritte AHV-Rentner im Ausland lebe, so Spring.

2022 erhielten insgesamt 2,5 Millionen Personen eine AHV-Altersrente, davon fast 790’000 Personen mit einem ausländischen Wohnsitz, ein Sechstel von ihnen mit Schweizer Staatsangehörigkeit. Das zeigen Zahlen des Bundesamts für Sozialversicherungen (BSV).

Gemäss Spring würden viele Arbeitnehmer mit Löhnen über 100’000 Franken Jahressalär nur mit der privaten Vorsorge, also der Säule 3a sparen. Hinzu käme, dass die Säule-3a-Gelder nur in schlecht verzinsten Kontolösungen liegen und nicht in anderweitigen Wertschriften.

Trotz gesunkenem Vertrauen: Versicherte bleiben gelassen

Trotz düsterer Aussichten glauben laut VZ-Studie noch eine grosse Mehrheit von 87 Prozent der Befragten, ihre Pensionierung problemlos finanzieren zu können. Gleichzeitig geben die Befragten mehrheitlich an, dass sich ihre Finanzsituation verbessert hat und dies auch in den kommenden 12 Monaten der Fall sein wird.

Gleichzeitig sinkt aber das Zutrauen in die Altersvorsorge, besonders die Pensionskassen haben an Vertrauen verloren. Nicht einmal jeder Dritte glaube, dass die Renten in Zukunft so sicher sein werden wie heute.

Zudem trübt sich das Bild der erwarteten Rente immer mehr ein. Heute gehe ein 55-Jähriger, der 120’000 Franken verdient, bei seiner Pensionierung in zehn Jahren von einer Rente von rund 59’200 Franken aus. Die Erfahrung lasse aber vermuten, dass er dann deutlich weniger erhalten dürfte.

*Mit Material der Nachrichtenagentur Keystone-SDA.