Umwelt ETH-Forscher präsentieren Pestizidplan

SDA

9.10.2020 - 08:48

Ein Drohnenpilot bereitet ein Gerät für einen Sprühflug gegen Pilzbefall vor. Eine gute Sache, finden ETH-Forscher. Digitalisierung sei Bestandteil einer ganzheitlichen Pestizidstrategie – natürlich neben alternativen Anbaumethoden und deren Förderung durch staatliche Subventionen (Symbolbild).
Ein Drohnenpilot bereitet ein Gerät für einen Sprühflug gegen Pilzbefall vor. Eine gute Sache, finden ETH-Forscher. Digitalisierung sei Bestandteil einer ganzheitlichen Pestizidstrategie – natürlich neben alternativen Anbaumethoden und deren Förderung durch staatliche Subventionen (Symbolbild).
Source: Keystone/ALESSANDRO DELLA VALLE

Verbote lösen das Pestizid-Problem nicht, finden ETH-Forscher, denn Bauern müssen ihre Pflanzen schützen – das schleckt keine Geiss weg. Die Wissenschaftler haben nun in der Fachzeitschrift «Nature Food» Pfade zu einer ganzheitlichen Pestizid-Politik vorgeschlagen.

Es gibt Alternativen zu umweltschädigenden Pestiziden. Landwirte ergreifen sie freilich nur, wenn es sich für sie auch lohnt, meint ein interdisziplinäres Wissenschaftler-Team rund um den ETH-Professor Robert Finger: «Lenkungsabgaben können den entscheidenden Anreiz geben, damit Landwirte gefährliche Pestizide durch weniger schädliche Mittel ersetzen.»

Trotz ambitionierter Pläne habe bislang kaum ein europäisches Land Risiken beim Einsatz von Pflanzenschutzmitteln verringern können, schreibt Finger in einer Mitteilung vom Freitag. Auch in der Schweiz würden regelmässig Grenzwerte überschritten. Mit der Trinkwasser-​und der Pestizidinitiative stünden gleich zwei Volksbegehren an, die den Einsatz von Pflanzenschutzmitteln in der Landwirtschaft massiv reduzieren oder gänzlich verbieten wollen. Freilich: «Pflanzenschutz ist komplex».

Um Risiken effektiv und effizient zu senken, brauche es eine umfassende Sicht: «Wir müssen Pflanzenschutz ganzheitlich betrachten und dazu von den Bauern über Behörden bis zu den Konsumentinnen alle Akteure einschliessen.» Wie das zu bewerkstelligen wäre, hat Fingers Team in «Nature Food» skizziert.

Messen, deregulieren, digitalisieren

Erstmal müssten die ausgebrachten Pestizide nicht nur – wie bisher üblich – mengenmässig gemessen werden, sondern auch bezüglich ihrer Toxizität. Risikobasierte Indikatoren sollen verwendet werden, um das Schadenpotenzial für Mensch und Umwelt zu berücksichtigen.

Weiter gelte es, bereits bekannte Alternativen anzuwenden: artenreichere Anbausysteme mit breiteren Fruchtfolgen, die den Krankheits- ​und Schädlingsdruck verringern; Methoden, welche die verbleibenden Schädlinge biologisch bekämpfen; und die Züchtung resistenter Sorten mit molekularbiologischen Methoden. Letztere würden in der Schweiz wie in der EU restriktiv reguliert – das gelte es zu überdenken.

Ausserdem sollte die Skepsis gegenüber digitalen Hilfsmitteln überwunden werden. «Technologien für einen smarten Pflanzenschutz» sollten weiterentwickelt und gefördert werden, verlangen die Experten: Roboter und Drohnen etwa, die durch Ausbringung von Substanzen Schädlinge, Unkräuter und Krankheiten gezielt bekämpfen.

Finanzielle Anreize schaffen

«Neue Technologien, und seien sie noch so vielversprechend, sind wirkungslos, wenn Landwirte sie nicht annehmen. Heute sind Pflanzenschutzmittel generell zu billig, potenzielle Schäden für Mensch und Umwelt nicht in Preisen integriert», bemängeln die ETH-Fachleute.

Hier könnten Lenkungsabgaben in Kombination mit Direktzahlungen den entscheidenden Anreiz geben. Dänemark habe es beispielsweise geschafft, die Risiken von Pflanzenschutzmitteln mit einer Lenkungsabgabe in fünf Jahren um mehr als 30 Prozent zu reduzieren.

Von der Furche bis zum Teller

Für all das brauche es einen übergeordneten ernährungspolitischen Rahmen, der die wichtigsten Spannungsfelder berücksichtige. Die von der EU kürzlich präsentierte Strategie «From Farm to Fork» sei ein guter Denkansatz, finden die ETH-Experten

*Fachpublikationsnummer DOI: 10.1038/s43016-​020-00141-4

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