Marke in Reichweite Nach Franken-Schock: Euro fast wieder bei 1,20

SDA

18.4.2018 - 13:57

Die Zeit der Euroschwäche scheint vorbei: Die Marke von 1,20 Franken pro Euro scheint wieder in Griffnähe.
Die Zeit der Euroschwäche scheint vorbei: Die Marke von 1,20 Franken pro Euro scheint wieder in Griffnähe.
Source: Keystone/LAURENT GILLIERON

In den letzten Tagen hat der Euro-Franken-Kurs die Schwelle von 1,19 überschritten. Der Franken hat sich also soweit abgeschwächt, dass die Marke von 1,20 Franken pro Euro wieder in Griffnähe scheint.

Seit Januar 2015 hat die Schweizer Währung diese nie mehr erreicht. Eine Kombination verschiedener Ursachen sorgt nun dafür, dass sich dies wohl schon bald wieder ändert.

In einer Nacht-und-Nebel-Aktion hatte die Schweizerische Nationalbank (SNB) vor mehr als drei Jahren ihren Mindestkurs von 1,20 Franken pro Euro aufgehoben. Die Reaktion folgte sofort: Nachdem der Euro im frühen Handel teilweise unter 0,80 Franken gehandelt wurde, pendelte er sich bei Parität ein.

Der Schweizer Exportindustrie setzte die Frankenstärke im Anschluss teilweise happig zu. Ihre Produkte hatten Mühe, preislich mit der ausländischen Konkurrenz mitzuhalten. Immer wieder kaufte die SNB auch Euro in grossen Mengen, um den Franken zumindest etwas zu schwächen.

Doch heute - über drei Jahre später - scheint der Schock verdaut zu sein. Und für die meisten Ökonomen und Währungsspezialisten ist klar: Es wird nun nicht mehr lange dauern, bis die 1,20er-Marke wieder geknackt wird.

Am Mittwoch um 13.10 Uhr lag der Kurs mit 1,1989 Franken nur noch minim darunter. Und betrachtet man die Entwicklung seit Anfang 2017, so beträgt der Rückgang des Frankens gegenüber dem Euro inzwischen mehr als 11 Prozent.

Verschiedene Ursachen

An sich läuft die Entwicklung jedoch den klassischen Mustern zuwider, wie Währungsstrategen von Mirabaud in einem Kommentar schreiben. So steht die Abwertung des Frankens in deutlichem Widerspruch zu den derzeitigen wirtschaftlichen und geopolitischen Spannungen. In der Vergangenheit hätten solche Ereignisse die Investoren jeweils regelrecht in den Franken getrieben, da dieser als klassischer "sicherer Hafen" gilt.

2017 hatten aber weder die Wahlen in Frankreich, Italien oder Deutschland, noch Spannungen in Nordkorea oder Syrien den Abstieg des Frankens verhindert. Ein Grund hierfür ist laut Claude Zehnder von der Zürcher Kantonalbank, dass derzeit eher der Yen statt der Franken den Investoren als Fluchtwährung dient. "Da die Handelskrise zwischen den USA und China vor allem Asien betrifft, ist dies aber wenig erstaunlich", sagt Zehnder.

Für FX-Analystin Thu Lan Nguyen von der Commerzbank liegt die Ursache für die Abwertung des Frankens sowieso primär anderswo - nämlich in der Geldpolitik. "Im Moment ist die SNB eine der taubenhaftesten Notenbanken überhaupt", erklärt die Währungsstrategin im Gespräch mit AWP. Während die US-Notenbank Fed in kleinen Schritten die Zinsen erhöhe und auch die Bank of England den Boden für eine baldige Erhöhung vorbereite, sei ein solcher Schritt bei der SNB nicht abzusehen.

In ihrer Rhetorik sei die SNB in der letzten geldpolitischen Lagebeurteilung vielmehr erneut zahm geblieben und habe ihre Aussagen nicht verändert. "Sogar die Bank of Japan scheint Zinserhöhungen weniger abgeneigt zu sein als die SNB", so Nguyen in ihrer Begründung, weshalb die Geldpolitik ein klarer Grund für die aktuelle Schwäche des Frankens ist.

SNB muss auf EZB warten

Allerdings bleibe der SNB vorerst auch gar nichts anderes übrig, als die Normalisierung der Geldpolitik der Europäischen Zentralbank (EZB) abzuwarten. Erst wenn diese ihre milliardenschweren Wertpapierkäufe abschliesst, wird die SNB ihr folgen können. Dasselbe gelte für die schrittweise Abkehr von den negativen Einlagezinsen, die die EZB frühestens in der zweiten Hälfte dieses Jahres beginnen könnte.

Ausserdem gilt zumeist: Wenn eine Abwertung erst einmal beginnt, setzt sich diese in der Regel relativ schnell weiter fort. Die Bewegung nimmt an Schwung auf, da ausländische Investoren eine weitere Abwertung der Währung fürchten und ihre Gelder abziehen, um Kursverlusten zuvorzukommen. Dadurch schwächen sie im vorliegenden Fall den Franken weiter.

Laut Analysten von Crédit Agricole kommt hinzu, dass in den letzten Tagen nach den US-Sanktionen auch gewisse Russen wohl ihr Geld aus der Schweiz abzogen und ihre hiesigen Wertpapiere veräussert haben, um einer Einfrierung ihrer Gelder zuvorzukommen. Zu spüren war die Entwicklung übrigens auch an den Bondmärkten, wo die Renditen der Eidgenossen im Gegenzug zu anderen Staatsanleihen anzogen.

Wenn es dann soweit ist, und der Kurs die 1,20er-Schwelle überschreitet, dann könnte der Franken laut Mirabaud kurzzeitig auch bis 1,23 oder sogar 1,25 fallen. Aufwerten dürfte der Franken umgekehrt dann wieder, wenn die SNB entscheidet, ihre Geldpolitik zu normalisieren, so das Fazit.

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