Installation einer 5-G-Antenne in Genf. Eine Arbeitsgruppe macht Vorschläge, wie es mit dem Mobilfunk weitergehen soll.
Source:KEYSTONE/MARTIAL TREZZINI
Mobilfunk, insbesondere 5G, erhitzt die Gemüter. Eine von der ehemaligen Telekom-Ministerin Doris Leuthard eingesetzte Arbeitsgruppe hat am Donnerstag ihre Ergebnisse präsentiert. Von einer Einigung über das weitere Vorgehen sind die Experten weit entfernt.
Angesichts der breiten Besetzung erstaunt das nicht: In der Arbeitsgruppe sassen Umwelt- und Telekommunikationsexperten des Bundes, Vertreter der Mobilfunkanbieter, Umweltwissenschaftler und Mediziner. Über die zentrale Frage, ob und wie die Anlagegrenzwerte angepasst werden sollen, kam aufgrund der unterschiedlichen Interessenlage keine Einigung zu Stande.
Hintergrund der aktuellen Debatte ist die Einführung des neuen 5G-Mobilfunkstandards. Dieser erlaubt um ein Vielfaches höhere Datenübertragungsraten und sehr viel kürzere Antwortzeiten. 5G gilt damit als Voraussetzung für die Nutzung neuer Technologien wie zum Beispiel Drohnen oder selbstfahrende Autos. Diesem Potenzial gegenüber steht die Befürchtung, dass die Funkstrahlung ein bisher nicht bekanntes Gesundheitsrisiko darstellen könnte.
Dünne Beweislage
Die Arbeitsgruppe hat daher zunächst den Stand des Wissens dazu zusammengetragen. Ihr Fazit: Unterhalb der geltenden Immissionsgrenzwerte konnten gesundheitliche Auswirkungen nicht konsistent nachgewiesen werden. Aus Praxis und Wissenschaft gebe es unterschiedlich gut abgestützte Beobachtungen, heisst es im Bericht. Gesundheitsauswirkungen liessen sich wissenschaftlich nie mit absoluter Sicherheit ausschliessen. Wegen dieser Unsicherheit gibt es bei den Anlagegrenzwerten aufgrund des Vorsorgeprinzips grosse Sicherheitsmargen.
Über diese Fakten sind sich die Mitglieder der Arbeitsgruppe einig geworden, nicht aber über das weitere Vorgehen. Sie haben daher unterschiedliche Optionen zur Entwicklung des Mobilfunknetzes ausgearbeitet. Die Mobilfunkanbieter möchten naturgemäss 5G flächendeckend im Aussen- und Innenbereich anbieten können.
Sie schlagen verschiedene Optionen vor, die von höheren Anlagegrenzwerten ausgehen. Je nach Variante könnte ein leistungsfähiges 5G-Netz flächendeckend innerhalb weniger Jahre oder aber mit einigen tausend zusätzlichen Antennenstandorten innerhalb von 10 bis 20 Jahren realisiert werden. Die Investitionskosten betragen nach Schätzungen der Branche zwischen 1 und 3 Milliarden Franken.
Hohe Kosten
Eine weitere Option ist die Beibehaltung der heutigen Anlagegrenzwerte. Für ein leistungsfähiges 5G-Netz wären rund 26‘000 zusätzliche Antennenstandorte nötig. Die Investitionskosten werden auf knapp 8 Milliarden Franken geschätzt.
Eine Variante sieht den Status quo bei den Anlagegrenzwerten, aber strengere Anforderungen an Kleinzellenantennen und adaptive Antennen vor. Erstere werden wegen der schlechteren Durchdringung von 5G in grosser Zahl benötigt, letztere geben die Mobilfunkstrahlung gerichtet ab und können kurzzeitig zu einer höheren Exposition führen.
Für 5G wären bei dieser Option über 46‘000 neue Standorte nötig, die Kosten belaufen sich auf geschätzte 13 Milliarden Franken. Trotzdem liesse sich im Innenraum unter diesen Bedingungen keine flächendeckende Abdeckung erreichen.
Separate Versorgung im Gebäudeinnern
Ein Konzept schliesslich geht von einer Trennung von Aussen- und Innenraumversorgung aus. Der Aussenraum könnte mit deutlich tieferen Anlagegrenzwerten versorgt werden, während im Inneren von Gebäuden Festnetzanschlüsse oder Kleinstfunkanlagen zum Einsatz kämen. Der Vorschlag stammt von den Ärztinnen und Ärzten für Umweltschutz.
Für eine Volksinitiative mit dieser Stossrichtung werden derzeit Unterschriften gesammelt. Eine leistungsfähige Mobilfunkkommunikation wäre nach Ansicht der Mobilfunkanbieter unter diesen Bedingungen nicht mehr möglich.
Unabhängig von der gewählten Option für die Weiterentwicklung des Mobilfunknetzes schlägt die Arbeitsgruppe dem Departement für Umwelt, Verkehr, Energie und Kommunikation (UVEK) verschiedene Begleitmassnahmen vor. Dazu gehören ein Monitoring der Exposition und der Gesundheitsauswirkungen, die Förderung der Forschung, eine Beratungsstelle für nichtionisierende Strahlung oder zusätzliche Informationen für die Bevölkerung zur Versachlichung der Diskussion.
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