CS-Quartalsbericht61,2 Milliarden Abfluss, aber «keine weiteren Leichen im Keller»
Von Monique Misteli
24.4.2023
Die Credit Suisse weist in ihrem Quartalsbericht einen Gewinn aus, trotz Milliarden-Verlust. Wie geht das? Was bedeuten die Zahlen für die Übernahme durch UBS? Hier gibt's die Antworten auf die wichtigsten Fragen.
Von Monique Misteli
24.04.2023, 15:18
24.04.2023, 16:57
Monique Misteli
Keine Zeit? blue News fasst für dich zusammen
61,2 Milliarden Franken Kunden-Assets wurden im ersten Quartal von der Credit Suisse abgezogen.
Die UBS, welche die Credit Suisse in den nächsten Wochen übernehmen soll, verliert mit den Abflüssen mögliche Erträge.
Durch die Abschreibungen von AT1-Obligationen im Rahmen der Übernahme, kann die Credit Suisse, zumindest auf dem Papier, einen Gewinn von über 12 Milliarden Franken ausweisen.
Um diesen Sondereffekt bereinigt, hat die Bank allerdings einen operativen Verlust von 1,3 Milliarden geschrieben.
Das erste Quartalsergebnis 2023 der Credit Suisse lässt sich wie folgt zusammenfassen: Das Geld wird weiterhin abgezogen. Zwar nicht mehr so rasch und so viel wie im letzten Quartal 2022, als noch 110 Milliarden Franken an Kundenvermögen abgezogen worden. Doch auch die Zwangsfusion mit der UBS vermochte die Abzüge nicht stoppen. Satte 61,2 Milliarden Franken Kunden-Assets hat die Bank abgeben müssen.
Auch sonst sehen die Geschäftszahlen des Berichtsquartals schlecht aus. Auf dem Papier schreibt die Credit Suisse zwar einen Gewinn von 12 Milliarden Franken. Ohne die Umwandlung der AT1-Anleihen wäre es aber ein Milliardenverlust geworden. Jetzt beläuft sich Vorsteuer-Verlust auf «nur» 1,3 Milliarden Franken.
Laut der Bank seien nebst rückläufiger Kundenvermögen und die dadurch geringeren Erträge auch weitere Wertberichtigungen und einmalige Kosten ins Ergebnis gepackt worden.
Immerhin: Experten werten positiv, dass bei der CS, zumindest vorerst, «keine weiteren Leichen im Keller» aufgetaucht sind.
Was heisst das jetzt für die Credit Suisse und für deren Übernahme? Die Antworten zu den wichtigsten Fragen liest du hier.
In welchem Geschäftsfeld hat die Credit Suisse am meisten Geld verloren?
Die häufigsten Abgänge an verwalteten Kunden-Assets musste das Wealth Management mit 47 Milliarden Franken (9 Prozent der verwalteten Kunden-Assets) hinnehmen, gefolgt vom Asset Management mit 12 (1 Prozent) und das Schweizer Geschäft mit 7 Milliarden Franken (3 Prozent).
In der Summe wurden der Bank nicht weniger als 67 Milliarden Franken aus Festgeldanlagen und Konten abgezogen. Die Differenz zu den 61,2 Milliarden im Quartalsbericht entsteht durch doppelt gezählte Gelder. Etwa solche, die sowohl im Asset Management als auch im Wealth Management verbucht sind.
Besonders hoch seien die Abflüsse von Bareinlagen «in den Tagen unmittelbar vor und nach der Bekanntgabe des Zusammenschlusses» gewesen, schreibt die Credit Suisse im Bericht. Den Terminus «Übernahme» verwendet die Bank in ihrer Kommunikation nicht.
Was bedeuten die Geldabflüsse für die UBS?
Kurz und knapp bedeutet dies für die UBS: Je mehr Geld bei der UBS abgezogen wird, desto weniger Ertragsmöglichkeiten übernimmt die neue Mega-Bank. Deshalb dürfte das Interesse der UBS gross sein, so rasch wie möglich die Übernahme unter Dach und Fach zu bringen, damit nicht noch mehr Kunden-Assets abfliessen.
Warum kann die Credit Suisse einen Gewinn ausweisen?
12,4 Milliarden Franken – der Gewinn des ersten Quartals 2023 liegt vor allem daran, dass die Credit Suisse risikotragende AT1-Obligationen infolge der Bank-Rettungsaktion auf null abschreiben konnte.
Zudem konnte die Bank einen Gewinn von 0,7 Milliarden Franken aus dem Geschäftsverkauf von verbrieften Assets an die Appollo-Gruppe verbuchen sowie einen sogenannten Goodwill-Abschreiber in der Sparte Wealth Management über 1,3 Milliarden Franken.
Die Publikation der Quartalszahlen wurde kurzfristig von Donnerstag vorverlegt – vermutlich damit die UBS-Spitze, die am Dienstag ihre eigenen vorstellt, auf die zahllosen Fragen zur Integration der CS eingehen kann.
Die CS selbst hält sich knapp mit Ausführungen. Zur Übernahme schweigt sie ganz. Über strategische Fragen könne sie nicht mehr sprechen – diese Entscheide trifft nun die UBS-Führung. Auch finanzielle Ziele sind jetzt Sache der UBS.
Hat die Credit Suisse bereits von den staatlichen Notkrediten Gebrauch gemacht?
Im Quartalsbericht werden erstmals die von der Nationalbank gewährten Notkredite aufgeführt. Die Bank hat demnach 168 Milliarden Franken Kredit erhalten, von denen sie bis Ende März bereits 60 zurückbezahlt hat. Somit sind 108 Milliarden Franken Notkredite bilanziert worden. Laut Geschäftsbericht sollen im April weitere zehn Milliarden zurückbezahlt worden sein.
Was geschieht nun mit der Teilauslagerung der Investmentbank?
Es wurde bereits seit der Übernahme gemunkelt. Nun bestätigt die Credit Suisse offiziell: Der Plan, einen Teil der Investmentbank an die reaktivierte CS First Boston Group auszulagern, wurde abgesagt.
Dazu hätte auch der Kauf der Firma von Starbanker Michael Klein gehört. Laut Fachkreisen hätte das UBS-Management den Deal der CS mit Klein als kritisch eingestuft.
Man habe sich mit der M. Klein & Company LLC darauf geeinigt, «angesichts des kürzlich bekannt gegebenen Zusammenschlusses (…) den Erwerb der Klein Group (…) durch die Credit Suisse nicht weiterzuverfolgen».
Wie der «Tagesanzeiger» schreibt, äusserte sich die Credit Suisse nicht dazu, ob Michael Klein für den abgeblasenen Deal eine Entschädigung erhält.
Wie hat sich der Quartalsbericht auf den Aktienkurs ausgewirkt?
Der Quartalsbericht hat sich zumindest zum Start des Handelstages verhältnismässig gut auf die Aktienkurse der beiden Grossbanken ausgewirkt.
Um 09:45 Uhr legen die UBS-Papiere um 1,1 Prozent auf 18,25 Franken und die CS-Titel gar um 1,5 Prozent auf 0,8018 Franken zu, dies in einem tendenziell wenig veränderten Gesamtmarkt.
Was bedeutet das Quartalsergebnis der Credit Suisse für die UBS?
Die im Quartalsbericht präsentierten Zahlen sind vor allem für die Käuferin UBS wichtig. Sie offenbaren einen Blick in den operativen Zustand der Credit Suisse, der in diversen Medien als desolat oder dramatisch benannt wird.
Die UBS teilte denn auch am Montagmorgen mit, dass Christian Bluhm vorerst weiter als Risikochef der Bank an Bord bleiben soll. Ursprünglich hatte Bluhm die UBS per Ende April verlassen wollen, um sich auf andere Tätigkeiten zu fokussieren. Als seinen Nachfolger hatte die Bank Damian Vogel präsentiert. Die ursprünglich Anfang Mai vorgesehene Stabübergabe an Vogel an der Spitze des Risiko-Managements verzögere sich nun, heisst es von der UBS.