Fragen und Antworten Lähmen nun Streiks die Flughäfen genau zur Ferienzeit?

Von Uz Rieger und Philipp Dahm

23.6.2022

Swissport-Angestellte protestieren am 12. Januar 2021 vor dem Terminal 2 des Genfer Flughafens gegen die neuen Anstellungsbedingungen.
Swissport-Angestellte protestieren am 12. Januar 2021 vor dem Terminal 2 des Genfer Flughafens gegen die neuen Anstellungsbedingungen.
Keystone

Der Personalmangel bei den Fluggesellschaften führt zu Einschränkungen im Luftverkehr: Nun sagen Gewerkschaften auch noch Swissport den Kampf an. Die fünf wichtigsten Punkte, die du wissen musst.

Von Uz Rieger und Philipp Dahm

23.6.2022

Die Angestellten des Flughafen-Dienstleisters Swissport haben ihren Gesamtarbeitsvertrag (GAV) auf Ende 2022 gekündigt. Swissport hat auf blue-News-Anfrage «den Erhalt des Kündigungsschreibens der Gewerkschaften Kaufmännischer Verband Zürich, SEV-GATA und VPOD» bestätigt.

Was bedeutet dieser Schritt vor den Sommerferien für die Angestellten und für Reisende? Hier die wichtigsten fünf Fragen – und Antworten – zum Thema:

Warum der Streit?

Nach dem Corona-Absturz des internationalen Flugbetriebs im Frühjahr 2020 haben die Arbeitnehmenden bei Swissport einen «Krisen-GAV», der seit dem 1. Januar 2021 gültig ist. Die Zugeständnisse sollen temporär sein und ausgeglichen werden, sobald die Luftfahrt wieder abhebt. Weil aber der Arbeitgeber laut Gewerkschaft VPOD Luftverkehr «die Einsparungen der Krisenmassnahmen auch künftig beibehalten» will, sei der GAV auf Ende Jahr gekündigt worden.

Wie sind die Arbeitsbedingungen?

Wie VPOD-Gewerkschafter Stefan Brülisauer dem «Tages-Anzeiger» verrät, habe Swissport Mühe, das Personal wieder aufzustocken, nachdem sich der Flugverkehr normalisiert hat. Die Folgen seien regelmässige Sechs-Tage-Wochen, Mehrarbeit am Wochenende und viele Überstunden. «Ein Familien- oder Sozialleben ist so kaum mehr möglich.»

Gewerkschaften beklagen hohe Arbeitslast: Swissport-Angestellte fertigen eine Maschine in Genf ab.
Gewerkschaften beklagen hohe Arbeitslast: Swissport-Angestellte fertigen eine Maschine in Genf ab.
Archivbild: Keystone

Die «schlechten Arbeitsbedingungen» führen laut Brülisauer dazu, dass die Firma «keine guten Leute mehr» finde und die temporären Aushilfen eher be- als entlasten würden. 1'000 von 2'800 Stellen hat Swissport in der Corona-Krise gestrichen, die Lücke seither aber nicht wieder schliessen können, schreibt der «Blick».

Deshalb fordert Gewerkschaftssekretärin Regula Pauli: «Wir wollen mindestens zurück zum GAV19, dem Gesamtarbeitsvertrag, der vor der Krise gegolten hat.»

Sind Streiks in den Sommerferien möglich?

Eigentlich nicht: Bis Ende des Jahres gilt die Friedenspflicht, die Streiks verbietet, solange der Vertrag gültig ist. «Wir sind an die Friedenspflicht gebunden», bestätigt Regula Pauli im «Blick». Die Gewerkschaft denke deshalb über «andere Kampfmassnahmen» nach, heisst es weiter. «Im Moment geht es darum, Aktionen zu planen.» Aus Sicht der Gewerkschaften kann sich diese Friedenspflicht jedoch in den letzten Monaten relativieren.

Weil Verhandlungen über einen neuen GAV ja nicht erst im Januar 2023 beginnen, sondern vorher, gibt es Stimmen, die Arbeitsniederlegungen in diesem Rahmen für legitim halten. Grundvoraussetzungen sind die Organisation durch eine Gewerkschaft und das Erstreiten von Leistungen, die ein GAV abdeckt. Ein Streik etwa wegen der Übernahme der Firma wäre nicht legitim, das Eintreten für mehr Lohn aber schon.

Angst vor Ferien-Chaos – Passagiere müssen am 15. Juni im Flughafen Zürich warten, weil nach dem Ausfall der Flugsicherung der Luftraum gesperrt worden ist.
Angst vor Ferien-Chaos – Passagiere müssen am 15. Juni im Flughafen Zürich warten, weil nach dem Ausfall der Flugsicherung der Luftraum gesperrt worden ist.
Keystone

Was sagt der Flughafen Zürich zur Lage?

«Am Flughafen Zürich ist grundsätzlich genügend Personal im Einsatz, um das erwartete Flugvolumen abwickeln zu können», schreibt Sprecherin Elena Stern auf Anfrage von blue News. «Der Sommer ist die Hauptreisezeit und zusammen mit unseren Partnern tun wir unser Bestes für einen möglichst reibungslosen Betrieb.»

Angesprochen auf mögliche Gewerkschaftsproteste lautet die Antwort: «Kundgebungen am Flughafen Zürich müssen offiziell bei uns beantragt werden. Diese werden dann geprüft und es wird zusammen mit den Antragsstellern nach einer Lösung zur möglichen Durchführung gesucht. Ziel ist es, dass der Flugbetrieb nicht gestört wird und die Sicherheit von Passagieren, Mitarbeitenden und Demonstrierenden gewährleistet ist.»

Sanierungsarbeiten an der Piste im April 2022 – Sicherheit werde auch mit Blick aufs Personal grossgeschrieben, sagt jedenfalls die Sprecherin des Zürcher Flughafens.
Sanierungsarbeiten an der Piste im April 2022 – Sicherheit werde auch mit Blick aufs Personal grossgeschrieben, sagt jedenfalls die Sprecherin des Zürcher Flughafens.
KEYSTONE

Wie reagiert Swissport?

«Wir werden nun die aktuelle Situation und mögliche Szenarien bewerten», erklärt Sprecherin Nathalie Berchtold zu blue News. «Swissport Zürich bedauert den Entscheid der Verbände und wird den Dialog weiter aktiv aufrechterhalten.» Ab August werde weiter mit den Sozialpartnern verhandelt, um einen neuen GAV für den 1. Januar 2023 aufzugleisen.

Mit Verweis auf jene «laufenden Verhandlungen mit den Gewerkschaften für einen neuen GAV ab 2023» könne Swissport zu diesem Zeitpunkt «keine Details zu den einzelnen Vertrags- oder Verhandlungsdetails» verraten. Nur so viel: «Wir haben den Sozialpartnern bis anhin Angebote bezüglich Arbeitszeit- und Lohnanpassungen unterbreitet.» Bisher hätten «diese jedoch keine Zustimmung» gefunden.