Mit einer Milliarden-Übernahme kauft Novartis Gentherapie-Knowhow ein: Der Basler Pharmakonzern verleibt sich die US-Firma Avexis für 8,7 Milliarden Dollar ein. Der Grosseinkauf soll sich 2020 gewinnmässig auszahlen.
Novartis bietet den Aktionären der an der Nasdaq-Börse gehandelten Avexis 218 Dollar pro Aktie. Der Deal sei von den Verwaltungsräten der beiden Firmen einstimmig genehmigt worden, teilte Novartis am Montag mit. Der Kauf soll durch Barmittel und kurzfristiges Fremdkapital finanziert werden und bis Mitte Jahr abgeschlossen sein.
Novartis erhofft "Multi-Milliarden-Dollar-Spitzenumsätze" mit Avexis und ab 2020 einen starken Beitrag an das operative Kernergebnis und den Gewinn pro Aktie. 2018 und 2019 indes werde der Deal leicht negativ zu Buche schlagen. In einer Telefon-Medienkonferenz sprach Novartis-CEO Vas Narasimhan von Blockbusterpotenzial.
Defektes Gen ersetzen
Zuoberst in der Avexis-Pipeline - das Forschungsunternehmen hat noch kein Produkt auf dem Markt - ist eine Therapie gegen spinale Muskelatropie (SMA); der Produktename lautet "AVXS-101". Diese angeborene neurodegenerative Krankheit führt zu frühem Tod oder lebenslangem Leiden, mit entsprechend hohen Gesundheitskosten.
SMA ist laut Novartis die häufigste genetische Todesursache bei Säuglingen. Auslöser ist ein defektes Gen, das die Avexis-Therapie austauscht. Novartis hofft auf die Zulassung und Markteinführung in den USA 2019; auch in Europa und Japan laufen entsprechende Vorbereitungen.
Novartis ist überzeugt vom Potenzial dieser Gentherapie-Plattform, die über SMA hinausreiche. Überdies bringe die übernommene Avexis auch skalierte Herstellungsprozesse zur Beschleunigung potenzieller zukünftiger Gentherapie-Programme und Markteinführungen. Novartis baut die eigene Pipeline in diesem Bereich aus.
Kollateral-Potenzial
Avexis biete daneben mit "AAV9" zudem eine klinisch erprobte Gentransfer-Plattform für Krankheiten des zentralen Nervensystems. Dafür habe Avexis modernste Produktionskapazitäten und "wertvolle Ressourcen für Forschung und Entwicklung". Im Fokus sind etwa das Rett-Syndrom und eine Form der amyotrophischen Lateralsklerose (ALS).
Novartis ist sonst fast ausschliesslich in gängigen Therapiegebieten wie der Krebsbehandlung tätig. Mit diesem Zukauf bewegt sich der Konzern in Richtung seltene Krankheiten.
Novartis' Optimismus erklärt den hohen Angebotspreis von 218 Dollar je Avexis-Aktie - am Freitag waren die Titel bei knapp 116 Dollar aus dem Handel gegangen. Aufschläge von 70 bis 100 seien heute üblich, lässt sich Narasimhan zitieren. Wichtig sei, dass der Zukauf Novartis im Kerngeschäft voranbringe.
Mit OTC-Verkauf finanziert
Novartis hat 2017 mit 122'000 Vollstellen weltweit einen Nettoumsatz von 49,1 Milliarden Dollar erzielt. Die 2010 gegründete Avexis mit Sitz in Illinois weist auf der Firmenhomepage für 2017 einen Verlust von 220 Millionen Dollar aus, dies bei einem Forschungsaufwand von 150 Millionen. Ende 2017 beschäftigte die Firma rund 220 Angestellte.
Novartis hatte zuletzt einige grössere Transaktionen getätigt: So hat der Konzern den französischen Krebsspezialisten Advanced Accelerator Applications (AAA) für 3,9 Milliarden Dollar gekauft.
Novartis hat zudem kürzlich für 13 Milliarden Dollar die Beteiligung am Gemeinschaftsunternehmen für rezeptfreie Medikamente an den britischen Rivalen GlaxoSmithKline verkauft. Ein Teil dieser Erlöse wird nun für den Avexis-Deal eingesetzt.
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