Arbeitsmarkt Noch keine Entlassungswelle – aber auch keine Entwarnung

ra

8.1.2021 - 16:18

Beim Kanton Waadt türmten sich im April 2020 die Gesuche um Kurzarbeit. 
Beim Kanton Waadt türmten sich im April 2020 die Gesuche um Kurzarbeit. 
Bild: Keystone

Die Kurzarbeitsentschädigung hat den Schweizer Arbeitsmarkt vor dem Schlimmsten bewahrt, die Arbeitslosenquote stieg dennoch auf ein Mehr-Jahres-Hoch – das zeigt ein Rückblick auf 2020. 

Der Schweizer Arbeitsmarkt stand 2020 ganz im Zeichen der Coronavirus-Pandemie. Dieser hat sich nicht zuletzt dank massivem Einsatz von Kurzarbeitsentschädigungen als relativ robust erwiesen. Das Instrument soll auch durch die «zweite Welle» helfen.

Dennoch: Ende Dezember 2020 waren bei den Regionalen Arbeitsvermittlungszentren (RAV) 163'545 Personen eingeschrieben. Das sind satte 40 Prozent mehr als im Jahr davor. Die Arbeitslosenquote stieg Ende Jahr auf 3,5 Prozent. Im Dezember 2019 – also in der Vor-Corona-Zeit – hatte sie noch bei sehr tiefen 2,5 Prozent gelegen.

Die Folgen der Coronakrise für den Schweizer Arbeitsmarkt lassen sich auch anhand der durchschnittlichen Arbeitslosigkeit ablesen. Die Arbeitslosenquote lag 2020 im Durchschnitt bei 3,1 Prozent nach 2,3 Prozent im Jahr zuvor. Ein so hoher Wert wurde letztmals im Jahr 2017 registriert.

Kurzarbeit federt ab

Die schlimmsten Befürchtungen hätten sich aber nicht materialisiert, sagte Boris Zürcher, Leiter der Direktion für Arbeit im Staatssekretariat für Wirtschaft (Seco), am Freitag vor den Medien. Die Corona-Pandemie habe in der Schweiz – noch – keine Entlassungswelle ausgelöst. Zu verdanken sei dies dem massiven Einsatz von Kurzarbeitsentschädigungen.

Auf dem Höhepunkt der Krise während des «Lockdowns» im Frühjahr steckten in der Schweiz mehr als 1,3 Millionen Personen in Kurzarbeit – also jeder vierte Erwerbstätige. Die Kurzarbeit habe insbesondere geholfen, den Arbeitsmarkt zu stabilisieren.

Auch Entlassungen im grossen Stil seien ausgeblieben, betonte Zürcher. Die Zahl der Beschäftigten sank denn bis Jahresende auch nur um rund 0,6 Prozentpunkte und damit deutlich weniger stark als die am BIP gemessene Wirtschaftsleistung.

9,2 Milliarden bis jetzt

Dafür haben die Schweizer Behörden viel Geld in die Hand genommen. Die Kurzarbeitsentschädigungen summierten sich bis Ende 2020 auf 9,2 Milliarden Franken. In der Spitze kamen im Mai teilweise mehr als 100 Millionen Franken pro Tag zur Auszahlung.

Der Löwenanteil ging mit 1,9 Milliarden Franken an das Verarbeitende Gewerbe. Auf Hotels und Restaurants entfielen 1,4 Milliarden, den Handel 1,3 Milliarden, «Verkehr und Lagerei» 0,7 Milliarden und auf das Baugewerbe 0,5 Milliarden Franken. Dennoch: Im Gastgewerbe (9,3%) und auf dem Bau (6,8%) etwa sind die Arbeitslosenquoten hochgeschnellt.

«Nutzen Sie das Instrument Kurzarbeit»

Entwarnung kann ohnehin noch nicht gegeben werden. Denn in den Wintermonaten dürfte die Kurzarbeit vor allem auf Grund der «zweiten Welle» der Covid-19 Pandemie und damit verbundenen Massnahmen nochmals deutlich ansteigen.

Laut Zürcher waren im November wieder mehr als 645'000 Arbeitnehmende für Kurzarbeit vorangemeldet, fast drei Mal mehr als noch im Oktober. Gleichzeitig dürfte die Arbeitslosenquote Anfang 2021 auf 3,8 Prozent steigen.

Zürcher ist aber zuversichtlich, dass auch die zweite Phase an Massnahmen zur Eindämmung der Pandemie mit dem Instrument Kurzarbeit abgefedert werden kann. Der Seco-Direktor forderte die Unternehmen daher auf, aktiv zu werden: «Machen sie eine Voranmeldung für Kurzarbeitsentschädigung.»

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