«Wirtschaftsgenie» Erdogan Schock für die Türkei – Inflation springt auf gut 36 Prozent

dpa

3.1.2022 - 12:43

Inflation in der Türkei lockt Bulgaren zur Schnäppchenjagd

Inflation in der Türkei lockt Bulgaren zur Schnäppchenjagd

Der Wertverlust der türkischen Lira wird zu einem immer ernsteren Problem für Präsident Recep Tayyip Erdogan und belastet türkische Verbraucher. Dagegen freuen sich Schnäppchenjäger aus dem benachbarten Bulgarien, die mit Reisebussen in die Grenzs

28.12.2021

Im alltäglichen Leben spüren die Türken die Teuerung schon lange. Nun gibt die Statistikbehörde einen deutlichen Anstieg der Inflation bekannt. Sie klettert auf den höchsten Stand seit zwei Jahrzehnten.

3.1.2022 - 12:43

Die Inflation in der Türkei gerät zunehmend ausser Kontrolle: Im Dezember sprang die Inflationsrate über die Marke von 30 Prozent und erreicht im Jahresvergleich bei 36,08 Prozent den höchsten Stand seit rund zwei Jahrzehnten, wie das türkische Statistikamt heute mitteilt.

Am stärksten verteuerten sich Lebensmittel und Transport, so die Behörde in Ankara. Analysten wurden von der Stärke des Preisanstiegs überrascht. Sie hatten mit gut 27 Prozent gerechnet.

Seit dem Sommer hat sich die Rate mehr als verdoppelt. Getrieben wurde der Anstieg der Kosten für die Lebenshaltung zuletzt auch durch höhere Lebensmittelpreise. Allein von November auf Dezember betrug die Teuerungsrate 13,6 Prozent.

Geldwechselstube in Istanbul am 17. Dezember: Der Lira-Kurs fällt und fällt.
Geldwechselstube in Istanbul am 17. Dezember: Der Lira-Kurs fällt und fällt.
KEYSTONE

Die Erzeugerpreise legten im Dezember sogar um 79,89 Prozent im Jahresvergleich zu. Die Preise, die Produzenten für ihre Waren verlangen, dürften mit einiger Verzögerung zumindest teilweise auf die Verbraucherpreise durchschlagen. Am Devisenmarkt geriet die türkische Lira heute schon wieder unter Druck.

Der mit der Inflation einhergehende rasante Kursverfall der Lira verteuert die Einfuhren von Gütern in das Land. Hinzu kommen vergleichsweise hohe Rohstoffpreise auf dem Weltmarkt. Die Türkei steckt auch deshalb in einer wirtschaftlich schwierigen Situation, die sich in hoher Arbeitslosigkeit niederschlägt.

Leitzins auf Druck Erdogans immer weiter abgesenkt

Die Türken müssen zu Jahresbeginn zudem einen deutlichen Anstieg der Energiepreise verkraften. Die Strompreise für Haushalte stiegen im neuen Jahr um rund 50 Prozent, die für verbrauchsstarke Unternehmen sogar um mehr als 100 Prozent. Auch die Preise für Gas zogen deutlich an.

Lenker warten am 16. Dezember an einer Tankstelle, bevor um Mitternacht die Preise steigen.
Lenker warten am 16. Dezember an einer Tankstelle, bevor um Mitternacht die Preise steigen.
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Verschlimmert wird die Lage seit Monaten durch die türkische Zentralbank, die unter dem Druck des türkischen Präsidenten Recep Tayyip Erdogan trotz der hohen Inflation den Leitzins zuletzt immer weiter senkte. Eigentlich stemmen sich Notenbanker mit höheren Leitzinsen gegen eine galoppierende Inflation. Erdogan ist entgegen der volkswirtschaftlichen Lehre allerdings der Ansicht, hohe Zinsen förderten die Inflation.

Der türkische Oppositionsführer Kemal Kilicdaroglu kritisierte Erdogan erneut scharf. Das «Wirtschaftsgenie» im Präsidentenpalast habe alles vermasselt, was es angefasst habe, schrieb er auf Twitter. Die Opposition zweifelt die offiziellen Inflationszahlen seit längerem an und geht von einer noch wesentlich höheren Teuerungsrate aus.

dpa