Millionen-Zahlungen und Entlassungen Trumps Strafzölle auf chinesische Waren belasten US-Wirtschaft

Von Richard Lardner, AP

26.4.2018

Washingtons neue Handelsbeschränkungen könnten der heimischen Industrie einen Schub verleihen - wäre die gesamte Wirtschaft nicht international vernetzt. Unzählige US-Unternehmen fürchten massive Nachteile und fordern Ausnahmen.

Mit «America First» und verbalen Angriffen auf China hat Donald Trump in den Industrie-Regionen der USA viele Stimmen gesammelt. Der von ihm nun entfesselte Handelskonflikt dürfte aber gerade diesen Regionen schaden. Denn viele der dortigen Betriebe sind auf günstigen Stahl aus Übersee angewiesen. Investitionen, die neue Arbeitsplätze bringen könnten, werden daher zurückgehalten. Die Gewinnmargen sinken, die Verbraucherpreise drohen zu steigen.

Dem Handelsministerium in Washington liegen Anträge von mehr als 2400 Unternehmen vor, die auf eine Befreiung von den neuen Zöllen hoffen. Im Falle einer Ablehnung müssten einige von ihnen zusätzliche Ausgaben in Höhe von mehreren Millionen Dollar einplanen. Das Ministerium ist dabei, die Anträge ins Internet zu stellen, um eine öffentliche Kommentierung zu ermöglichen. Zum Teil zeigt sich in den Dokumenten, dass die Industrie Trumps protektionistischen Kurs stark ablehnt.

Mit seinen Strafzöllen auf Stahl- und Aluminiumeinfuhren will der Präsident nach eigenen Angaben verhindern, dass China die globalen Märkte mit extrem günstigen Produkten überschwemmt. Unternehmen aus den USA sollen dadurch wieder eine «faire» Chance bekommen. Doch die Rechnung scheint nicht aufzugehen. Im Gegenteil: In vielen Branchen und in vielen Staaten der USA sorgen die Zölle für grosse Verunsicherung - wenn nicht gar für Existenzängste.

In der Kleinstadt Okmulgee in Oklahoma etwa hängen Dutzende Jobs von der Antwort des Ministeriums ab. Polyvision, eine Tochterfirma des amerikanischen Möbel-Herstellers Steelcase, betreibt in Okmulgee eine Anlage, in der ein Spezialstahl aus Japan für glasähnliche Oberflächen genutzt wird. Polyvision werde nicht in der Lage sein, den Rohstoff allein von amerikanischen Unternehmen in ausreichender Menge sowie in zufriedenstellender Qualität zu beziehen, teilte Steelcase mit.

Ranulfo Flores betreibt eine Maschine in einer Stahlfabrik in Baytown, Texas.
Ranulfo Flores betreibt eine Maschine in einer Stahlfabrik in Baytown, Texas.
AP

30 Millionen Dollar zusätzlich pro Jahr

Bei der Präsidentschaftswahl im Jahr 2016 ging der Bezirk Okmulgee klar an Trump. Nun aber droht der Wirtschaft der Stadt durch Trumps Politik ein herber Rückschlag. Steelcase stand nach eigenen Angaben kurz davor, 15 Millionen Dollar (12,3 Millionen Euro) in einen Ausbau des Standorts zu investieren. Dieser Plan wurde nun bis auf Weiteres auf Eis gelegt. Der Stadtdirektor Roger Ballenger betont, er und andere Mitarbeiter der Verwaltung seien «wegen der Situation mit Polyvision sehr besorgt».

Andere erhoffen sich dagegen Vorteile durch die neuen Strafzölle. «Wir sind sehr dafür, die Stahlindustrie in diesem Land zu fördern», sagt John Hritz, Leiter von JSW Steel USA in Baytown, Texas. Nach seinen Angaben will das zur indischen JSW Group gehörende Unternehmen in der Stadt 500 Millionen Dollar (409 Millionen Euro) in die Modernisierung einer Anlage investieren und damit hunderte neue Jobs schaffen. Für das im Grossraum Houston gelegene Baytown, in dem die Arbeitslosenquote mit 9,8 Prozent fast doppelt so hoch ist wie der nationale Durchschnitt, wäre dies ohne Zweifel ein grosser Gewinn.

Für einen Konkurrenten in der Stadt sind die Aussichten aber weniger positiv. Das Unternehmen Borusan Mannesmann Pipe importiert Stahlrohre und Stahlgehäuse von seinem türkischen Mutterkonzern. Künftig muss es deswegen - sofern es keine Ausnahmeregelung zugesprochen bekommt - jährlich zwischen 25 und 30 Millionen Dollar (20,5 bis 24,4 Millionen Euro) an zusätzlichen Zöllen zahlen. Die Produktion in Baytown wäre dadurch nicht mehr wirtschaftlich, «Jobs wären in Gefahr», teilte das Unternehmen auf Anfrage der Nachrichtenagentur AP mit.

Im Falle einer Befreiung von den Strafzöllen sei dagegen eine Investition von 25 Millionen Dollar (20,5 Millionen Euro) geplant. Später könne sogar noch eine weitere Investition in Höhe von 50 Millionen Dollar (40,9 Millionen Euro) folgen, hiess es.

Die Seneca Foods Corporation, der führende Anbieter von Konservengemüse in den USA, hat ebenfalls einen Antrag beim Handelsministerium eingereicht. Darin heisst es, es sei kaum davon auszugehen, dass der Bedarf des Unternehmens an Weissblech langfristig von amerikanischen Herstellern gedeckt werden könne. Und «ganz eindeutig können sie den Bedarf nicht kurzfristig decken». Ein grosser Teil des Materials werde daher auch weiterhin aus dem Ausland bezogen werden müssen.

Wie aus Unternehmenskreisen verlautete, ist für dieses und nächstes Jahr eine Lieferung von 11'000 Tonnen aus China bereits vertraglich fest vereinbart. Allein dafür droht demnach nun eine Zollabgabe von 2,25 Millionen Dollar (1,84 Millionen Euro). In den Staaten Wisconsin, Idaho und New York hat Seneca insgesamt gut 400 Beschäftigte. Ein Job-Abbau sei derzeit zwar nicht geplant, hiess es. Die Gewinnaussichten würden durch die Zölle aber deutlich geschmälert.

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