Coronavirus – Tourismus Verhaltener Optimismus für Wintersaison

SDA

23.10.2020 - 16:33

In St. Moritz fehlen derzeit wegen der Coronakrise die Touristen. Doch die aktuelle Buchungslage lässt die Touristiker hoffen. (Symbolbild)
In St. Moritz fehlen derzeit wegen der Coronakrise die Touristen. Doch die aktuelle Buchungslage lässt die Touristiker hoffen. (Symbolbild)
Source: KEYSTONE/ALESSANDRO DELLA BELLA

Trotz explodierender Corona-Infektionen zeigen sich Vertreter aus dem Engadin und St. Moritz verhalten optimistisch für die kommende Wintersaison. Allerdings ist das eine Momentaufnahme, denn die Lage kann sich sehr schnell ändern.

Stellvertretend zeigt dies das Beispiel des Luxushotels Badrutt's Palace. Derzeit liege der Buchungsstand für den Winter um rund 20 Prozent unter dem Vorjahr, sagte Hoteldirektor Richard Leuenberger am Freitag im Gespräch mit der Nachrichtenagentur AWP. Das Buchungsverhalten ändere sich sehr schnell. Vor kurzem sei der Buchungsstand sogar um 5 Prozent über dem Stand des letzten Jahres gelegen.

Die Lage hänge extrem von den Reisebeschränkungen und anderen Coronamassnahmen der Behörden ab, sagte Leuenberger. Wenn die Reisebeschränkungen fallen würden, würden auch die internationalen Gäste wieder kommen. Die meisten von ihnen fliegen über Weihnacht/Neujahr direkt über den Flugplatz Samaden ein und könnten so die grossen Flughäfen meiden.

Lieber jetzt Lockdown als an Weihnachten

Die ganze Lage sei allerdings extrem labil. «Wenn der Bundesrat am nächsten Mittwoch einen Lockdown verhängt, wird das kurzfristig auf uns einen Einfluss haben.» Aber die Buchungslage könne an Weihnachten wieder ganz anders aussehen, sagte Leuenberger.

Ähnlich sieht es Adrian Jordan von der Geschäftsleitung des Bergbahn- und Gastronomieunternehmens Engadin St. Moritz Mountains AG: «Lieber jetzt drastische Massnahmen als kurz vor Weihnachten.» Ins selbe Horn stösst Jan Steiner von der Geschäftsleitung der Marketingorganisation Engadin St. Moritz Tourismus: «Wir würden strengere Massnahmen begrüssen, um das Coronavirus unter Kontrolle zu bringen, so dass man an Weihnachten wieder normale Fallzahlen hat.»

Denn jetzt tauche man in die Zwischensaison ab in der Hoffnung, dass die Lage bis zu den Feiertagen wieder besser sei. Man hoffe auch, dass die Schweiz bis dann auch von der Reisewarnungsliste Deutschlands verschwunden sei. Dass Deutschland die ganze Schweiz am Vortag zu einem Coronarisikogebiet erklärt hatte, habe zwar bisher noch kaum Auswirkungen gehabt, sei aber «suboptimal», sagte Steiner. Denn jetzt sei die Buchungszeit.

Beim Badrutt's Palace spüre man davon noch nichts, sagte Hoteldirektor Leuenberger, der auch Präsident des Kurvereins ist. Bis zur Eröffnung seines Hotels am 17. Dezember seien es noch fast zwei Monate. Die Leute hätten genug Zeit zu stornieren. Man habe die Stornierungsbedingungen gelockert. In diesen zwei Monaten könne noch viel passieren.

Verunsicherung bei Stammgästen

Auch Bergbahnvertreter Jordan geht nicht davon aus, «dass die deutsche Reisewarnung dramatische Auswirkungen auf uns hat». Aber er spüre eine Verunsicherung bei den Stammgästen.

Grundsätzlich gebe es mehr Erklärungsbedarf, den Gästen mitzuteilen, wie sie bei all den Massnahmen ihre Ferien geniessen könnten, sagte Leuenberger: «Wir wollen, dass die Leute sich erholen können.»

Hier würden einheitliche Massnahmen für die ganze Schweiz helfen, sagte Steiner. Dann würden sich die Gäste weniger Fragen stellen.

Bergbahn-Vertreter Jordan stellt fest, dass es seit der Einführung der allgemeinen Maskenpflicht in geschlossenen Räumen weniger Diskussionen mit den Gästen gebe. Die allgemeine Vorschrift habe die Akzeptanz der Maskenpflicht bei den Schweizern erhöht. Vielen sei nicht bewusst gewesen, dass die Bergbahnen zum öffentlichen Verkehr gehörten, wo die Maskenpflicht gelte.

Viel mehr Schweizer Gäste

Die Bedeutung der Schweizer Touristen habe seit dem Corona-Ausbruch massiv zugenommen. «Normalerweise haben wir weniger als 20 Prozent Schweizer Gäste», sagte Hoteldirektor Leuenberger. Gegenwärtig machten sie mehr als 50 Prozent der Buchungen aus. Es kämen auch viel mehr Westschweizer als früher. Jetzt höre man im Engadin auch Französisch, nachdem bisher vor allem Italienisch gesprochen worden sei, sagte Jordan.

Ein Vorteil des Engadins gegenüber anderen Skiorten sei in der Pandemie die Weite des Bergtals, sagte Steiner. «Langlaufen, Winterwandern, Skitouren, Schneeschuhlaufen werden in unserem weiten Hochtal boomen. Skifahren findet selbstverständlich auch statt.» Abstand halten sei kein Problem.

Das Damoklesschwert sei die Ungewissheit über den Pandemieverlauf und allfällige weitere Eindämmungsmassnahmen. Wenn man mit den jetzigen Schutzkonzepten und Massnahmen in den Winter starten könne und die Anlagen und Hotels offen blieben, gehe man von einer guten Saison aus, sagte Steiner.

Die Hotels seien über die Weihnachtszeit und im Februar laut einer Umfrage gut gebucht. Bei den Ferienwohnungen gebe es gar einen Boom, sagte Steiner. «Wir gehen davon aus, dass wir mit blauem Auge davon kommen.» Bergbahnvertreter Jordan rechnet mit einem Minus im tiefen zweistelligen Prozentbereich für die ganze Saison.

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