Konjunktur Weltbank warnt vor Risiko globaler Rezession

jb

10.1.2023 - 16:49

Die hohe Inflation, steigende Zinsen und der russische Angriffskrieg gegen die Ukraine bremsen das weltweite Wirtschaftswachstum drastisch aus. Die Weltbank hat ihre globale Wachstumsvorhersage für dieses Jahr auf nur noch  1,7 Prozent gesenkt. (Archivbild)
Die hohe Inflation, steigende Zinsen und der russische Angriffskrieg gegen die Ukraine bremsen das weltweite Wirtschaftswachstum drastisch aus. Die Weltbank hat ihre globale Wachstumsvorhersage für dieses Jahr auf nur noch 1,7 Prozent gesenkt. (Archivbild)
Keystone

Die hohe Inflation, steigende Zinsen und der russische Angriffskrieg gegen die Ukraine bremsen das weltweite Wirtschaftswachstum drastisch aus. Die Weltbank hat am Dienstag ihre globale Wachstumsvorhersage für dieses Jahr auf nunmehr 1,7 Prozent gesenkt.

10.1.2023 - 16:49

Zudem warnte das Institut vor einer möglichen Rezession. «Die Weltwirtschaft steht auf Messers Schneide», sagte Prognose-Chef Ayhan Kose der Deutschen Presse-Agentur in Washington. Es handle sich um die niedrigste Wachstumsrate ausserhalb einer globalen Rezession in den vergangenen drei Jahrzehnten. In praktisch allen Regionen werde das Pro-Kopf-Einkommen langsamer wachsen als in der Zeit vor der Coronapandemie, heisst es im Bericht «Global Economic Prospects».

Dies werde vor allem Entwicklungsländer hart treffen, mahnte Weltbank-Präsident David Malpass. «Es besteht eine verheerende Diskrepanz zwischen den Regionen, die umfangreiche neue Investitionen benötigen, um die wachsende Bevölkerung zu versorgen, und den tatsächlichen Investitionsströmen.» Weitere negative Schocks könnten die Weltwirtschaft in eine erneute Rezession stürzen, wird gewarnt.

Inflation bleibt grösstes Problem

«Wenn wir eine weitere globale Rezession erleben, denn wir hatten gerade eine im Jahr 2020, dann wird das historisch sein», sagte Volkswirt Kose. Es wäre das erste Mal seit den 1930er Jahren, dass die Weltwirtschaft zwei Rezessionen innerhalb desselben Jahrzehnts erlebe.

Das Risiko sei durchaus vorhanden – auch wenn eine Rezession im Moment nicht das Basisszenario der Weltbank sei: «Wenn es dazu kommt, wird es meiner Meinung nach ziemlich kostspielig werden.»

Die grösste Herausforderung bleibe die hohe Inflation. Die weltweite Teuerungsrate dürfte sich zwar abschwächen, werde aber über dem Niveau vor der Pandemie bleiben, heisst es in der Prognose. Die Zentralbanken müssten die Zinssätze weiter erhöhen oder auf hohem Niveau halten, um Preisstabilität zu gewährleisten, so die Weltbank.

Die US-Notenbank Fed oder die Europäische Zentralbank stemmen sich seit Monaten mit kräftigen Zinserhöhungen gegen die hartnäckig hohen Preise. Das hat allerdings einen Preis: Mit der strengen Geldpolitik wächst das Risiko, dass die Wirtschaft so stark ausgebremst wird, dass Arbeitsmarkt und Konjunktur abgewürgt werden.

Schuldenkrise möglich

Kose merkte an, dass die Finanzmärkte sich als widerstandsfähig erwiesen hätten. «Das bedeutet nicht unbedingt, dass die Dinge in Zukunft schön und gut laufen werden. Es könnte hier und da Risse geben.» Die strenge Geldpolitik kann in Entwicklungsländern eine Schuldenkrise auslösen, da diese sich weitgehend über Kredite finanzieren.

«Es ist wichtig, die Folgen dieser Entscheidungen zu bedenken», sagte Kose mit Blick auf die Notenbanken. Allerdings bedeute dies nicht, dass Zentralbanken der grossen Volkswirtschaften ihr Hauptziel aufgeben sollten: die Preisstabilität.

Prognosen deutlich gesenkt

Im vergangenen Juni ging die Weltbank noch von einem weltweiten Wirtschaftswachstum um 3 Prozent für das Jahr 2023 aus – es handelt sich also um eine Korrektur von 1,3 Prozentpunkten nach unten. In den Industrieländern dürfte die Wirtschaft im Schnitt um 0,5 Prozent wachsen – 1,7 Prozentpunkte weniger als zuvor prognostiziert. Für die Eurozone wird nunmehr 2023 gar kein Wachstum erwartet – eine Abwärtskorrektur um 1,9 Prozentpunkte.

In Schwellen- und Entwicklungsländer geht die Weltbank von einem Wachstum von 3,4 Prozent im Jahr 2023 aus – ein Rückgang von 0,8 Prozentpunkten. Auch für das kommende Jahr sind die Aussichten trüb. Die Weltbank sagt ein globales Wachstum von 2,7 Prozent für 2024 voraus – 0,3 Prozentpunkte weniger als zuvor erwartet.

Die Prognosen seien für 95 Prozent der Industriestaaten und fast 70 Prozent der Schwellen- und Entwicklungsländer nach unten korrigiert worden, heisst es weiter. Wichtig seinen nun Investitionen, forderte Kose, der Direktor der Weltbank-Prospects-Group ist. Ohne diese werde das Wachstum gedrückt.

Auch die Folgen der Klimakrise könnten dann schwieriger bewältigt werden, die Verringerung von Armut und Ungleichheit käme nicht voran. Aufgrund der begrenzten finanziellen Spielräume der Schwellen- und Entwicklungsländer sei an dieser Stelle die internationale Gemeinschaft gefragt, Zuschüsse stark auszuweiten.

jb