Tutanchamuns GraböffnungCarter bricht vor 100 Jahren das Siegel und entdeckt einen Superstar
Von Johannes Sadek, dpa
26.11.2022 - 11:04
100 Jahre Tutanchamun: Wie Howard Carter einen Star ausgrub
Tutanchamun, der Superstar: Obwohl der ägyptische König nur zehn Jahre regiert hat, ist er 3300 Jahre später weltweit ein Begriff. Im Bild: eine Kopie seiner Totenmaske 2008 in Zürich. Seine Bekanntheit verdankt der antike Herrscher....
Bild: KEYSTONE
... einerseits diesem Herren: Howard Carter ist es, der am 4. November 1922 in Ägypten im Tal der Könige eine Treppe findet. Er gräbt ein bisschen weiter, schüttet dann aber alles zu. Er telegrafiert nach Grossbritannien, denn andererseits...
Bild: Gemeinfrei
... ist auch dieser Herr für Tutanchamuns Ruhm essenziell: Lord Carnarvon hat Carters Projekt finanziert. Und das nicht zum ersten Mal: Tatsächlich sollte es die letzte Ausgrabung sein, die sich der adlige Geschichtsfan leisten konnte.
Dass Carter Tal der Könige bei Luxor in Ägypten. Carter weiss, dass er einen Volltreffer gelandet hat, weiss er, weil das Grab noch versiegelt ist. Der Archäologe bohrt die Vorkammer nur an, erspäht weitere Siegel und telegrafiert dann zunächst seinem Geldgeber.
Bild: dpa
Lord Carnarvon ist am 24. November vor Ort. Am 26. November 1922 brechen sie die Siegel an der ersten Tür (rot hinter der Treppe rechts). Nach einer weiteren Vorkammer erreichen sie das eigentliche Grab. Am 29. gibt es eine offizielle Graböffnung inklusive Presse.
Bild: Commons/Anuskafm
Die Mumie des altägyptischen Königs Tutanchamun im Tal der Könige: Lord Carnarvon stirbt bald nach seinem Besuch am 5. April 1923 in Kairo. Eine Geschichte taucht auf, dass ein Vogel, der Giftgase anzeigen sollte, beim Grab von einer Schlange gefressen wurde. Ein böses Omen, ein toter Lord – die Mär vom Fluch des Pharao wird ersonnen.
Bild: dpa
Grab-Replika in Zürich 2008: Lord Carnarvon schneidet sich im März beim Rasieren einen Moskitostich auf, der sich entzündet. Zur Blutvergiftung kommt am 26. März eine Lungenentzündung hinzu, die den 56-Jährigen tötet.
Bild: KEYSTONE
Der deutsche Restaurator Christian Eckmann restauriert die goldenen Totenmaske von Pharao Tutanchamun: Lord Carnarvon war ohnehin durch Krankheit lungenschwach. Der Vogel war nicht gefressen, sondern woanders hingebracht worden. Gerüchte, Tutanchamun habe genau dort eine Wunde, wo sich Lord Carnarvon geschnitten hat, entpuppen sich als falsch.
Bild: dpa
Die Geschichten werden von den Medien aufgegriffen, aufgebauscht und Zusammenhänge hergestellt, wo keine sind. Dafür steht auch der Versuch, das Ableben von Archäologen mit giftigen Schimmel-Sporen zu erklären. Die würden sich jedoch nicht 3300 Jahre halten und wären, wenn doch, nicht tödlich.
Bild: KEYSTONE
100 Jahre Tutanchamun: Wie Howard Carter einen Star ausgrub
Tutanchamun, der Superstar: Obwohl der ägyptische König nur zehn Jahre regiert hat, ist er 3300 Jahre später weltweit ein Begriff. Im Bild: eine Kopie seiner Totenmaske 2008 in Zürich. Seine Bekanntheit verdankt der antike Herrscher....
Bild: KEYSTONE
... einerseits diesem Herren: Howard Carter ist es, der am 4. November 1922 in Ägypten im Tal der Könige eine Treppe findet. Er gräbt ein bisschen weiter, schüttet dann aber alles zu. Er telegrafiert nach Grossbritannien, denn andererseits...
Bild: Gemeinfrei
... ist auch dieser Herr für Tutanchamuns Ruhm essenziell: Lord Carnarvon hat Carters Projekt finanziert. Und das nicht zum ersten Mal: Tatsächlich sollte es die letzte Ausgrabung sein, die sich der adlige Geschichtsfan leisten konnte.
Dass Carter Tal der Könige bei Luxor in Ägypten. Carter weiss, dass er einen Volltreffer gelandet hat, weiss er, weil das Grab noch versiegelt ist. Der Archäologe bohrt die Vorkammer nur an, erspäht weitere Siegel und telegrafiert dann zunächst seinem Geldgeber.
Bild: dpa
Lord Carnarvon ist am 24. November vor Ort. Am 26. November 1922 brechen sie die Siegel an der ersten Tür (rot hinter der Treppe rechts). Nach einer weiteren Vorkammer erreichen sie das eigentliche Grab. Am 29. gibt es eine offizielle Graböffnung inklusive Presse.
Bild: Commons/Anuskafm
Die Mumie des altägyptischen Königs Tutanchamun im Tal der Könige: Lord Carnarvon stirbt bald nach seinem Besuch am 5. April 1923 in Kairo. Eine Geschichte taucht auf, dass ein Vogel, der Giftgase anzeigen sollte, beim Grab von einer Schlange gefressen wurde. Ein böses Omen, ein toter Lord – die Mär vom Fluch des Pharao wird ersonnen.
Bild: dpa
Grab-Replika in Zürich 2008: Lord Carnarvon schneidet sich im März beim Rasieren einen Moskitostich auf, der sich entzündet. Zur Blutvergiftung kommt am 26. März eine Lungenentzündung hinzu, die den 56-Jährigen tötet.
Bild: KEYSTONE
Der deutsche Restaurator Christian Eckmann restauriert die goldenen Totenmaske von Pharao Tutanchamun: Lord Carnarvon war ohnehin durch Krankheit lungenschwach. Der Vogel war nicht gefressen, sondern woanders hingebracht worden. Gerüchte, Tutanchamun habe genau dort eine Wunde, wo sich Lord Carnarvon geschnitten hat, entpuppen sich als falsch.
Bild: dpa
Die Geschichten werden von den Medien aufgegriffen, aufgebauscht und Zusammenhänge hergestellt, wo keine sind. Dafür steht auch der Versuch, das Ableben von Archäologen mit giftigen Schimmel-Sporen zu erklären. Die würden sich jedoch nicht 3300 Jahre halten und wären, wenn doch, nicht tödlich.
Bild: KEYSTONE
Wegen Geldmangels ist es seine letzte Expedition, doch die entpuppt sich als Volltreffer: Vor 100 Jahren öffnet Howard Carter in Ägypten das Grab von Tutanchamun.
Von Johannes Sadek, dpa
26.11.2022, 11:04
dpa/phi
In den Tagen vor seiner Jahrhundert-Entdeckung scheint im Arbeitsleben des Howard Carter alles seinen gewöhnlichen Gang zu nehmen. «Kairo in Richtung Luxor verlassen», notiert der britische Archäologe am 27. Oktober 1922 knapp in seinem Tagebuch. Auf dem Weg nach Oberägypten tragen Esel sein Gepäck, er zahlt Gehälter an verschiedene Assistenten.
Aber bald darauf, am 4. November 1922, beginnt im Tal der Könige der Sensationsfund, der ihn berühmt machen wird: «Erste Stufen von Grab entdeckt», schreibt Carter mit nur fünf Worten, als im Staub die ersten Anzeichen sichtbar werden. Am 26. November betritt Carter schliesslich erstmals das Grab des Pharaos Tutanchamun.
Im Kerzenschein offenbart sich etwa drei Wochen später schliesslich die Grabkammer mit all ihren Schätzen: Die Entdeckung vor 100 Jahren gilt als Meilenstein der Archäologie und als der wohl berühmteste Fund aus der alt-ägyptischen Hochkultur.
«Die heisse Luft liess die Kerze flackern», schreibt Carter, «aber sobald die Augen sich an den Lichtschimmer gewöhnten, zeichnete sich das Innere der Kammer allmählich vor einem ab, ein seltsames und herrliches Gemisch ausserordentlicher und wunderschöner übereinander gehäufter Objekte.» Das Grab mit Kennziffer KV62 war spektakulär, weil weitgehend intakt. Die Schätze waren verschüttet und Grabräubern deshalb entgangen.
Fund erst nach jahrzehntelangem Buddeln
Von Glück kann die Archäologie heute sprechen, dass Lord Carnarvon, Carters Geldgeber und derjenige, der von der ägyptischen Regierung die Ausgrabungsrechte erworben hatte, nicht vorher die Geduld ausging. Denn Schatzsucher und Archäologen hatten seit Jahrzehnten im Tal der Könige gebuddelt, und in den Jahren vor der grossen Entdeckung reifte die Ansicht, dass die Gegend langsam abgegrast sei.
Im Juni 1922 musste Carter bei Carnarvon vorsprechen und die Mittel für eine letzte Ausgrabungssaison erbetteln. 100 Jahre später ist der Rummel um den Kindskönig, der wohl bekannteste der etwa 170 Pharaonen aus der ägyptischen Antike, ungebrochen. Eine US-Wanderausstellung seiner Artefakte in den 1970er Jahren zog mehr als acht Millionen Besucher an.
In Paris besuchten 2019 rund 1,4 Millionen Menschen eine Tutanchamun-Schau – bis heute die meistbesuchte Ausstellung in Frankreich überhaupt. Auch im Grossen Ägyptischen Museum (GEM), das voraussichtlich 2023 nahe den Pyramiden von Giseh öffnen soll, ist «King Tut» der Star.
Todesumstände nicht abschliessend geklärt
Im Alter von neun Jahren bestieg Tutanchamun 1332 vor Christus – also vor rund 3300 Jahren – den ägyptischen Thron als einer der letzten Könige der 18. Dynastie. Seine grösste Leistung, ehe er nach neun oder zehn Jahren unerwartet starb, war Experten zufolge die Abkehr von radikalen religiösen Reformen seines Vaters Echnaton, die das Land destabilisiert hatten. Tut-anch-amun bedeutet wörtlich «Lebendes Abbild Amuns» (Amun gilt als König der antiken Götter).
Die Begeisterung reisst auch deshalb nicht ab, weil viele Details, wie auch die Frage nach möglichen weiteren Grabkammern, bis heute nicht endgültig geklärt sind. DNA-Analysen zeigten zum Beispiel, dass der Pharao wohl an Malaria erkrankte und an der Knochenkrankheit Morbus Köhler litt, möglicherweise als Kind einer Inzest-Ehe.
Mit diesen Erkenntnissen schien die verbreitete Theorie widerlegt, Tutanchamun sei ermordet worden. Was aber, wie US-Ägyptologe Bob Brier nach umfänglichen Recherchen mutmasst, wenn der Kindskönig gar kein gebrechlicher und kränkelnder Jugendlicher war, sondern ein Krieger? Im Grab wurde zum Beispiel eine Lederrüstung gefunden, die möglicherweise auch im Kampf zum Einsatz gekommen war.
Grabschätze bald in Giseh zu bestaunen
Vielleicht bleiben einige Fragen für immer unbeantwortet, wie auch die, ob der Archäologe Carter sich an den Schätzen bereicherte. Den Andrang in Ausstellungen zum Pharao dürfte das kaum stoppen. Im GEM in Giseh sollen bald 4700 der mehr als 5000 Artefakte zu sehen sein, die nahe Tutanchamuns Mumie gefunden wurden: Kleidung, Spiele, Juwelen, Waffen, Möbelstücke, Kosmetik und mehr.
Historikerin Christina Riggs beschreibt, dass Tutanchamun eine noch viel grössere Rolle spielte: als Kulturbotschafter, Finanzquelle für die ägyptische Regierung und Diener verdeckter Staatskunst. Seine Artefakte – und in welchen Ländern sie im jeweiligen politischen Kontext ausgestellt wurden – sind laut Riggs eine Form weicher Macht und Einflussnahme, die Besucher nur selten durchschauen.
Die goldenen Schätze kann man hinter Glasvitrinen aber auch einfach bestaunen. So wie Carter bei einer Kammer-Begehung auf die Frage antwortete, ob er schon etwas sehen könne: «Ja, es ist wundervoll.»
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