Mächtige Asche1815 – ein Ausbruch in Asien bringt die Schweiz in grösste Not
Von Philipp Dahm
10.4.2020
Vor 205 Jahren explodiert ein Berg. Der Ausbruch des Vulkans Tambora tötet in Indonesien Zehntausende – und sorgt in der 15'000 Kilometer entfernten Schweiz noch bis ins Folgejahr für Tod und Verderben.
Was dem Erdbeben seine nach oben offene Richterskala ist, ist dem Vulkanausbruch sein Vulkanexplosionsindex (VEI). Auch jener ist nach oben offen: Die grösste bisher erreichte Stufe ist die 8, sie gab es zum letzten Mal – je nach Sichtweise – vor 26'500 Jahren in Neuseeland oder vor 74'000 Jahren auf der indonesischen Sumatra-Insel.
Als zuletzt ein VEI 7 die Erde erschüttert, existiert bereits eine Wissenschaft, die das Ereignis festhält – auch wenn es 100 Jahre dauern soll, bis diese begriffen hat, dass es sich um ein Jahrhundertereignis mit globalen Auswirkungen handelt. Am 10. und 11. April 1815 explodiert der Berg Tambora im heutigen Indonesien und bringt nicht nur Tod und Verderben über die Region, sondern beschert der ganzen Welt 1816 ein «Jahr ohne Sommer».
Wie heftig dieser Ausbruch ist, erschliesst sich einem nicht sofort, wenn man die blossen Zahlen liest. Nach dem Ausbruch, der die Kraft von 30'000 Megatonnen TNT hat, werden 140 Milliarden Tonnen Material ausgeworfen. Asche verteilt sich in einem Umkreis von 1'300 Kilometern.
Nie dagewesene Naturkatastrophe
Deutlicher ist vielleicht dieser Aspekt: Der Tambora, der mit seinen 4'300 Metern zu den höchsten Bergen in der Region zählt, misst nach seiner Explosion nur noch: 2'800 Meter.
Es ist eine Naturkatastrophe, wie sie der moderne Mensch vielleicht noch nicht erlebt hat – und deren Folgen die ganze Welt zu spüren bekommt. Besonders hart wird es in kommender Zeit ein kleines Land in 15'000 Kilometer Entfernung treffen: die Schweiz.
Zuerst jedoch zurück nach «Vorderindien», wie man in der Kolonialzeit die niederländischen Besitzungen nennt. Es ist einem englischen Pionier zu verdanken, dass wir uns auch heute noch ein Bild malen können, was damals dort passiert: Sir Stamford Raffles erlebt 1815 aus der Entfernung selbst den Ausbruch, sammelt vor allem aber Augenzeugenberichte von Einheimischen aus der Gegend.
Der Ausbruch in zeitgenössischen Quellen
In denen beschreibt der Raja des untergegangenen Fürstentums Saugar den Ausbruch am 10. April so: «In kurzer Zeit erschien es so, als bestünde der ganze Berg neben Saugar aus flüssigem Feuer, das sich in jede Richtung ausbreitet. Das Feuer und die Flammensäulen wüteten mit unverminderter Wut weiter, bis die Masse von herabfallender Materie sie um 20 Uhr mit Dunkelheit verdeckte. Zu diesem Zeitpunkt fielen schwere Steine auf Saugar. Einige waren so gross wie zwei Fäuste, aber die meisten waren so gross wie Walnüsse.»
Eine sechs Kilometer hohe Aschesäule steht über dem Vulkan Merapi auf der indonesischen Insel Java.
Bild: Keystone
Im Umkreis von bis zu zehn Kilometern regnete Asche und Sand herab.
Bild: Keystone
Vorübergehend wurde der internationale Flughafen der Stadt Solo geschlossen.
Bild: Keystone
Die Bevölkerung wurde aufgerufen, dem Merapi nicht näher als drei Kilometer zu kommen.
Bild: Keystone
Anwohner ausserhalb einer Drei-Kilometer-Zone um den Gipfel sollten die Ruhe bewahren und sich normal verhalten, hiess es.
Bild: Keystone
Der Merapi spuckte bereits im Januar 2019 wieder Feuer und Lava: Der Schichtvulkan auf Java ist einer der gefährlichtsen seiner Art.
Bild: Keystone
Vor dem aktuellen Ausbruch ist der Merapi zuletzt im Mai und Juni 2018 aktiv gewesen. Verwechslungen sind bei dem Vulkan programmiert.
Bild: Keystone
Auf Sumatra gibt es ebenfalls einen Merapi und auch auf Java existiert ein erloschener Zwillingsvulkan mit diesem Namen. Immer hilfreich: eine klärende Karte wie diese.
Bild: Google Maps
Wie gefährlich der Merapi sein kann, hat der Schichtvulkan zwischen September und November 2010 bewiesen. Damals forderten Erruptionen, ...
Bild: Keystone
... Feuer und Rauch insgesamt 324 Menschenleben. 400 Personen wurden verletzt. 19'000 Indonesier, die im Umfeld des Merapi lebten, mussten damals evakuiert werden.
Bild: Keystone
Der Merapi blies 2010 Asche und Rauch bis zu vier Kilometer hoch. Die Sicherheitszone um den Krater betrug 20 Kilometer.
Bild: Keystone
Pyroklastische Ströme sind ein Gemisch aus heissen Gasen, Asche und Geröll, die alles vernichten, was sich ihnen in den Weg stellt.
Bild: Keystone
Noch eine Satellitendarstellung von Lava und heissen Vulkangasen, die 300 bis 800 Grad Hitze erreichen.
Bild: Nasa
Die Aschewolke, die der Merapi 2010 in die Atmosphäre geblasen hat.
Bild: Nasa
Der Ausbruch von 2010 dürfte der schwerste der verganenen 100 Jahre gewesen sein.
Bild: Nasa
Dann rasen pyroklastische Ströme vom Berg hinab: «Zwischen 21 und 22 Uhr begann Asche zu fallen, und bald darauf wurden gewaltige Wirbelwinde entfacht, die jedes Haus im Dorf Saugar niederrissen und ihre Dächer und leichte Teile mit sich trugen. In dem Teil von Saugar, der an Tomboro grenzt, waren ihre Auswirkungen viel gewaltiger, sie griffen die grössten Bäume bei den Wurzeln und trugen sie ins Meer, zusammen mit Menschen, Häusern, Vieh und was auch immer sonst in ihre Wege kam. Man konnte keine Explosionen hören, bis sie gegen 23 Uhr aufhörten.»
Dann entfesselt sich der Berg: «Von Mitternacht bis zum Abend des 11. April [gab es Explosionen] ohne Unterbrechung. Danach waren sie weniger gewaltig und nur noch in Intervallen zu hören.»
Als die Vorbeben am 5. April losgegangen waren, dachten die Menschen übrigens noch, das Grollen komme von Kanonen. Seit Einsetzen des Ascheregens war aber klar, dass ein Vulkan die Ursache ist. Die Explosionen vom 10. auf den 11. April 1815 sind angeblich noch in 2'600 Kilometer Entfernung zu hören.
Fatale, globale Folgen
Dann ebben sie ab. «[Sie] hörten aber nicht auf bis zum 15. Juli.» Dafür trafen dann die Ernteausfälle die Menschen massiv: Über Hunderte Kilometer ist alles mit Asche übersät. «Die Hungersnot war derart schwer, dass sogar eine der beiden Töchter [des Rajas von Saugar] verhungert ist», notiert Sir Raffles zweite Ehefrau Sophia.
Nicht minder schwer wiegen die Krankheiten: «Seit der Eruption hat ein heftiger Durchfall die Gegend von Bima, Dompo und Saugar befallen, dem eine grosse Zahl von Bewohnern zum Opfer gefallen ist. Die Einheimischen glauben, dass es vom Trinken des Wassers verursacht wurde, das von Asche verunreinigt wurde. Und Pferde sind in grosser Anzahl aus demselben Grund gestorben.»
Dass dieses Unglück in «Niederländisch-Indien» das Schicksal der Schweiz so beeinflusst, liegt an der enormen Wucht des Ausbruchs. Die Rauchsäule steigt 43 Kilometer hoch. Schwefelgase gelangen dabei in die Stratosphäre, verteilen sich entlang des Äquators und zerfallen zu Kleinstpartikeln, die sich innert eines Jahres wie ein Schleier über den Planeten legen.
Frankreich und die Schweiz am stärksten betroffen
Die Folge: weniger Sonnenstunden, mehr Kälte, nasse Sommer – und somit auch Ernteausfälle in einem Europa, das gerade erst die Napoleonischen Kriege hinter sich gelassen hat.
In Genf sinkt das Quecksilber um 2,5 bis 3 Grad, doch die Westschweiz steht noch verhältnismässig gut da: Dem Zürcher Oberland, aber vor allem der Ostschweiz wird 1816 eine Hungerkatastrophe beschert, der bis zu zehn Prozent der Bevölkerung zum Opfer fallen.
Das «Jahr ohne Sommer» sorgt nach den Ernteausfällen für eine Teuerungskrise, beschreibt eine Facharbeit der Universität Bern sehr anschaulich.
«Die jährlichen Durchschnittspreise verdoppeln oder verdreifachen sich auf vielen Märkten in Europa zwischen 1815 und 1817. In der Schweiz bewegt sich die Teuerung zwischen 22 Prozent in Genf und 600 Prozent in Rorschach. In einer Zeit, in der die Mehrheit der Bevölkerung 60 bis 70 Prozent ihres Einkommens für Nahrungsmittel ausgeben musste, konnten sich viele ihr tägliches Brot nicht mehr leisten.»
Der Tambora-Ausbruch verändert die Welt nachhaltig. In Europa sorgte er noch 1817 für schwere Überschwemmungen, weltweit steigen die Anbauflächen, und in China bauen Bauern neu Mohn an, um weniger abhängig zu sein. Es dauert ein Jahrhundert, bis das globale Ausmass der Naturkatastrophe erkannt und erklärt werden kann.
Die Schweiz ist von Anfang an dabei: Der erste Mensch, der es nach dem Unglück wagt, den Tambora zu besteigen, ist 1847 der Schweizer Lehrer und Botaniker Heinrich Zollinger.
Bis heute mahnt uns dieser indonesische Vulkanausbruch, die planetaren Folgen von Klimaveränderung ja nicht zu unterschätzen.
Drei Zinnen, Italien: In den Sextener Dolomiten erstreckt sich ein Bergpanorama der Superlative und heraus ragen drei felsige Giganten. Sie wirken fast so, also hätte man sie dort eigenhändig platziert. Die drei steinernen Riesen (2999 Meter) haben einen Top-Ten-Platzierung unter den schönsten Gipfel der Welt verdient.
Bild: iStock
Aiguille du Dru, Montblanc, Frankreich: Der elegante Doppelgipfel ist legendumwoben. Aufgrund seiner faszinierenden Formationen und der spektakulären Aussicht übt er eine grosse Anziehung auf Bergsteiger aus. Die Gipfel Grand Dru und Petit Dru messen 3754 und 3733 Meter.
Bild: iStock
Matterhorn, Schweiz: Der Gipfel gehört zu den Wahrzeichen des Landes und ist nicht von Ungefähr einer der meistfotografierten Gipfel der Welt. Majestätisch ragt der steinerne Schönling in den Himmel empor. Am 14. Juli 1865 erreichte der Brite Edward Whymper erstmals den 4478 hohen Gipfel des Matterhorns.
Bild: iStock
Mount Fuji, Japan: Der Anblick des Mount Fuji in bringt fast jeden Menschen zum Träumen – ein Vulkan, der stimmungsvoller nicht sein könnte. Der Kegel ragt spitz in die Höhe, leicht bedeckt mit einer wunderschönen weissen Schneedecke, als ob sie ihm jemand aufgesetzt hätte. Er wurde auch 2013 Teil des Unesco-Weltkulturerbes.
Bild: iStock
Lone Eagle Peak, USA: Der Berg in Colorado brennt sich schnell ins Gedächtnis ein. Erhaben steht der 3633 Meter hohe und stolze Riese in der Wildnis. Er ist besonders im Winter hübsch anzusehen, wenn der Schnee sich wie Puderzucker auf das Gestein des Gipfels legt.
Bild: iStock
Uli Biaho Tower, Pakistan: 6109 Meter hoch ist der Berg auf der Westseite des Trango-Gletschers. Am 3. Juli 1979 schafften vier US-Amerikaner Bill Forrest, Ron Kauk, John Roskelley und Kim Schmitz seine Erstbesteigung.
Bild: Getty Images
Bugaboo Spire, Kanada: Eingebettet in eine beeindruckende Gletscherlandschaft ragen die steilen Felsnadeln in den Himmel. Der schönste Gipfel der kanadischen Gebirgslandschaft lässt so manches Abenteuerherz höher schlagen. Auch von unten ist die Aussicht auf die 3204 Meter hohen Haifischzähne ein prächtiges Erlebnis.
Bild: iStock
Ama Dablam, Nepal: «Mutter und ihre Halskette» – diesen sympathischen Namen trägt der nepalesische Berg. Der 6814 Meter hohe Gipfel liegt in der Khumbu-Region des Himalaya. Aufgrund seiner äusseren Erscheinung wird er auch als das «Matterhorn Nepals» bezeichnet
Bild: iStock
Cerro Torre, Patagonien, Argentinien: Der Cerro Torre (spanisch: Turm-Berg) ist 3128 Meter hoch und zählt unter Bergsteigern nicht nur zu den schwierigsten, sondern auch zu den schönsten Gipfeln der Welt. Im Frühjahr 2014 kam der Dokumentarfilm «Cerro Torre – Nicht den Hauch einer Chance» in die Kinos.
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Monte Piano, Italien: Spektakuläre Aussichten erwartet Wanderer, die es mit dem 2324 Meter hohen Monte Piano in den Sextener Dolomiten auf sich nehmen. Kaum zu glauben, dass der Berg auf einer schrecklichen Vergangenheit ruht: Noch heute ist das Plateau von Schützengräben durchzogen und machen aus dem Gipfel ein Freilichtmuseum über den Ersten Weltkrieg.
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Taulliraju, Peru: Wie fast alle Schneeberge der peruanischen Cordillera Blanca liegt auch der 5830 Meter hohe Taulliraju im Huascarán-Nationalpark. Er ist ein anspruchsvoller Gipfel, auch für erfahrene Bergsteiger.
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Mount Everest, Himalaya, Nepal/China: Mit seinen 8848 Metern ist er der höchste Berg der Welt. Der Gigant unter den Gipfeln ist der Traum aller Bergsteiger. Für die Sherpas ist der Everest ein heiliger, von Geistern und Dämonen bevölkerter Berg. Besonders am Morgen und in der Abendröte wohnt dem Blick auf den Gipfel etwas Mystisches inne.
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