Milliarden-Auftrag für Siemens Ägypten gleist gigantisches Schnellzug-Netz auf

Von Philipp Dahm

30.5.2022

Künstlerische Darstellung des neuen Hochgeschwindigkeitsnetzes in Ägypten.
Künstlerische Darstellung des neuen Hochgeschwindigkeitsnetzes in Ägypten.
Siemens

Der deutsche Siemens-Konzern soll ein 2000 Kilometer langes Netz für Hochgeschwindigkeitszüge in Ägypten bauen. Dieses wird das Land in dieser Kategorie weltweit auf Platz 6 katapultieren.

Von Philipp Dahm

30.5.2022

Stelldichein der politischen Elite Ägyptens: Präsident Abdel Fattah El-Sisi und Premierminister Mostafa Madbouly wohnen in Kairo der Vertragsunterzeichnung ebenso bei wie der er deutsche Botschafter Frank Hartmann und Siemens Mobility CEO Michael Peter.

Olaf Scholz meldet sich per Videobotschaft aus Davos zu Wort, wo der deutsche Kanzler am WEF teilnimmt, bevor Verkehrsminister Kamel Al Wazir und Roland Busch, der Vorstandsvorsitzende von Siemens, und andere das Dokument unterschreiben.

Der Vertrag sieht den Bau der sechstgrössten Hochgeschwindigkeitsstrecke für Züge weltweit vor: 2000 Kilometer soll die Strecke dereinst umfassen, die 60 Städte miteinander verbindet und «90 Prozent der ägyptischen Bevölkerung Zugang» zur schnellen Eisenbahn made in Germany verschaffen soll, wie der deutsche Konzern schreibt. Für den Bau wird ein deutsch-ägyptisches Konsortium gegründet, das bis zu 40'000 Jobs vor Ort schaffen will.

Kairo verliert durch Staus 2,57 Milliarden Franken pro Jahr

Der Anteil des kumulierten Auftragswerts, den Siemens Mobility dabei einstreicht, liegt nach Firmenangaben bei 8,3 Milliarden Franken. Im Preis enthalten ist die Lieferung von 41 achtteiligen Hochgeschwindigkeitszügen Velaro, 94 vierteiligen Regionalzügen Desiro und 41 Güterlokomotiven vom Typ Vectron, der Bau von acht Betriebs- und Güterbahnhöfen sowie 15 Jahre Wartung.

Nach Fertigstellung soll das neue Bahnnetz pro Jahr etwa 500 Millionen Menschen transportieren und die CO2-Emissionen im Vergleich zum bestehenden Bus- oder Autoverkehr um 70 Prozent senken, so Siemens. Dass verkehrstechnisch etwas passiert, ist überfällig: Allein in Kairo verursachen Staus Kosten, die pro Jahr 4 Prozent des Bruttoinlandprodukts betragen sollen: 2,57 Milliarden Franken gehen so angeblich verloren.

Staus in Kairo kosten den Staat jedes Jahr über 2,5 Milliarden Franken.
Staus in Kairo kosten den Staat jedes Jahr über 2,5 Milliarden Franken.
AP

Der Vertrag für das erste Teilstück ist bereits im September 2021 unterzeichnet worden: Für knapp 2,8 Milliarden Franken entsteht eine Strecke, die Ain Suchna, einen Ferienort am Golf von Suez, mit Alexandria und weiter im Westen mit Marsa Matruh, einer Hafenstadt am Mittelmeer verbinden soll.

Grösster Auftrag der Firmengeschichte

Die zweite Strecke wird dann 1100 Kilometer lang sein und von Kairo bis nach Abu Simbel im Süden führen. Abu Simbel gilt als aufstrebendes Wirtschaftszentrum im Süden und liegt in der Nähe der Grenze zum Sudan. Das dritte, 225 Kilometer lange Teilstück soll die Lücke zwischen Luxor und Hurghada, einem Ferienort am Roten Meer, schliessen. Auch der Hafen von Safaga in gut 50 Kilometer Entfernung soll eingebunden werden.

Lage der geplanten Strecken: Die Haltestellen «October Gardens» und «Neue Hauptstadt» liegen in Kairo.
Lage der geplanten Strecken: Die Haltestellen «October Gardens» und «Neue Hauptstadt» liegen in Kairo.
Siemens

«Das neue elektrifizierte Bahnnetz ist das Ergebnis der fruchtbaren Zusammenarbeit zwischen Ägypten und Deutschland im Bereich der Infrastruktur», sagte der ägyptische Präsident Abdel Fattah El-Sisi bei der Unterzeichnung. «Es ist eine wertvolle Erweiterung des ägyptischen Verkehrssystems und stellt den Beginn einer neuen Ära für das Eisenbahnsystem in Ägypten, Afrika und im Nahen Osten dar.»

Der Mammut-Auftrag ist der grösste in der 175-jährigen Siemens-Geschichte, teilt der Konzern mit, der rund 300'000 Menschen beschäftigt. Die Deutschen werden sich auch um digitale Lösungen kümmern, die den Netzbetrieb vereinfachen, besser auslasten und automatisieren sollen.