Wissen Bericht identifiziert Hebel für wirksamen Biodiversitätsschutz

stsc, sda

9.6.2022 - 10:01

Um die Biodiversität zu erhalten, ist gemäss Fachleuten ein transformativer Wandel zu mehr Nachhaltigkeit notwendig: eine artenreiche Magerwiese im bündnerischen Prättigau. (Archivbild)
Um die Biodiversität zu erhalten, ist gemäss Fachleuten ein transformativer Wandel zu mehr Nachhaltigkeit notwendig: eine artenreiche Magerwiese im bündnerischen Prättigau. (Archivbild)
Keystone

Dem Weltbiodiversitätsrat zufolge gibt es Möglichkeiten, um der Verarmung der Natur und dem weltweiten Artensterben entgegenzuwirken. Von einer wirkungsvollen Umsetzung dieser Handlungsoptionen ist die Schweiz aber noch weit entfernt.

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Das geht aus einem am Donnerstag veröffentlichten Bericht hervor, der unter Federführung des Forums Biodiversität der Akademie der Naturwissenschaften Schweiz (SCNAT) und des Büros «Interface Politikstudien» ausgearbeitet wurde.

Demnach braucht es eine effizientere Nutzung der Ressourcen, einen Ersatz bestehender Stoffe und Technologien durch nachhaltigere Alternativen, geschlossene Stoffkreisläufe und eine Reduktion des Konsums auf ein verträgliches Mass. Wenn die Schweiz eine Trendwende herbeiführen wolle, müsse sie die direkten und indirekten Treiber des Biodiversitätsverlustes angehen, schreiben die Expertinnen und Experten.

Denn der Mensch beutet die Natur aus und gefährdet damit seine eigene Lebensgrundlage. Gemäss dem Weltbiodiversitätsrat (IPBES) sind aktuell eine Million Arten vom Aussterben bedroht. «Weitermachen wie bisher» ist Fachleuten zufolge keine Option. Der IPBES formuliert eine Fülle von Handlungsoptionen, um den Negativtrend zu stoppen.

Handlungsempfehlungen für Schweiz

Der neue Bericht fokussiert sich darauf, welche dieser Massnahmen in der Schweiz effektiv die Biodiversität schützen können und wo es Verbesserungspotenzial gibt. Thematisiert werden acht Sektoren, vom Finanzsektor über die Raumplanung, den Verkehr bis zum Energiesektor.

Wie die Autorinnen und Autoren ausführen, werden sektorenübergreifend nur gerade 3 Prozent der vom IPBES vorgeschlagenen Handlungsoptionen «wirksam umgesetzt». 47 Prozent werden zwar umgesetzt, doch es besteht Verbesserungspotential. Der Rest erhält das Prädikat «Kaum Praxisumsetzung», «In Entwicklung» oder «Noch nicht veranlasst».

Subventionen schädigen Biodiversität

So ist Biodiversität im Schweizer Finanzsektor bisher kaum ein Thema. «Dem Bund fehlen die gesetzlichen Grundlagen für Abgaben oder Steuern, um biodiversitätsschädigende Investitionen und Kredite zu mindern», heisst es. Als Vorschlag für einen nachhaltigeren Finanzsektor wird etwa die Einführung eines Labels genannt, mit dem sich die Schweiz ein Standortvorteil schaffen könnte.

Auch in der Landwirtschaft gibt es gemäss den Forschenden viel Luft nach oben. Zwar zeigten die bisherigen Instrumente gewisse Erfolge. Doch insbesondere die zahlreichen biodiversitätsschädigenden Subventionen verhinderten eine stetige Verbesserung. Eine Studie aus dem Jahr 2020 identifizierte 40 biodiversitätsschädigende Subventionen auf Bundesebene in der Landwirtschaft. Solche Fehlanreize müssten abgeschafft oder umgestaltet werden. Weitere Massnahmen sollten zudem darauf abzielen, den Ressourcenverbrauch zu reduzierten und den Konsum anzupassen.

Viel Umweltbelastung im Ausland

Ein grosser Teil des ökologischen Fussabdrucks der Schweiz liegt im Ausland: Der Import von Gütern und Dienstleistungen verursacht 75 Prozent der Umweltbelastung. Damit fungiert der internationale Handel als wichtiger Hebel. So gelte es bei Freihandelsabkommen, Biodiversität und Ökosystemleistungen explizit zu berücksichtigen, halten die Forschenden fest.

Die im Bericht genannten schweiz- und sektorspezifischen Empfehlungen bieten den Autoren zufolge «eine wichtige Grundlage, um diese Massnahmen nun im Dialog mit den relevanten Anspruchsgruppen zu konkretisieren und umzusetzen.»