Vor 40 Jahren Blut, Frieden und Revolution – 1979 als Schicksalsjahr des Nahen Ostens 

ap/phi

23.1.2019

Ein Angehöriger der US-Botschaft im November 1979 in Teheran. 
Ein Angehöriger der US-Botschaft im November 1979 in Teheran. 
Bild: keystone

Islamische Revolution im Iran, Blutbad in Mekka, Sowjets in Afghanistan und Frieden zwischen Ägypten und Israel: 1979 prägt mit politischen Erdbeben die Topographie des Nahen Ostens – bis heute.

Amerikanische Geiseln werden mit verbundenen Augen durch die Reihen der Revolutionäre geführt. Zwei erbitterte Feinde unterzeichnen einen Friedensvertrag. Und eine Supermacht marschiert in ihrem Nachbarland ein und entfacht damit einen jahrzehntelangen Konflikt.

1979 haben diese Ereignisse die Fernsehnachrichten und Titelseiten der Zeitungen dominiert. 40 Jahre später ist klar: Damals wurden entscheidende Weichen für heutige Konflikte, Bündnisse und Machtverhältnisse gestellt.

Die Islamische Revolution im Iran machte aus einem treuen US-Verbündeten einen Erzfeind. Israels Friedensschluss mit Ägypten hat bis heute gehalten. Der Einmarsch der Sowjetunion in Afghanistan löste einen Aufstand in dem Land aus, der bis heute andauert.

Der Aufstieg des Ajatollah Chomeini

Vor allem die Folgen der Revolution im Iran sorgten damals für grosse Veränderungen. Der todkranke Schah Mohammed Resa Pahlavi verliess das Land im Januar 1979. Die folgende Revolution besiegelte das Ende der 2500 Jahre langen Monarchie in Persien.

Der damalige US-Präsident Jimmy Carter (rechts) mit Schah Mohammed Resa Pahlavi . 
Der damalige US-Präsident Jimmy Carter (rechts) mit Schah Mohammed Resa Pahlavi . 
Bild: keystone

An ihre Stelle trat eine Islamische Republik, in der die höchste Instanz ein schiitischer Geistlicher ist, der auch über den gewählten Volksvertretern sowie den militärischen und paramilitärischen Einheiten des Landes steht. Der Islam war damit plötzlich eng verwoben mit einer neuen, modernen Regierung.

Die Bildergalerie zur Iranischen Revolution:

Obwohl die Schiiten weltweit nur eine Minderheit der Muslime stellen, war ihre Machtergreifung Inspiration für viele militante Islamisten. Zugleich war sie eine Warnung an andere Staaten im Nahen Osten, wo religiöse Extremisten nach eigener Darstellung im Namen Gottes begannen, gegen Korruption und Unglauben zu kämpfen.

Blutbad in Mekka

Eine Gruppe ultrakonservativer Sunniten besetzte in Saudi-Arabien im November 1979 die Grosse Moschee in Mekka, eine der heiligsten Stätten des Islams. Sie forderten die Abdankung der Königsfamilie. Nach einer zweiwöchigen Belagerung wurde die Moschee gestürmt, 229 Menschen wurden dabei offiziellen Angaben zufolge getötet. Die Königsfamilie wandte sich danach noch stärker dem Wahabismus zu, einer ultrakonservativen Doktrin des sunnitischen Islams.

Begründete die Attacke den radikalen Islamismus?

Die meisten Länder im Nahen Osten werden von Sunniten dominiert, der grössten Glaubensgruppe im Islam. Dort sah man die Entwicklungen im Iran mit Sorge. Im Nachbarland Irak inszenierte Saddam Hussein vor laufenden Kameras eine Säuberungsaktion seiner Baath-Partei und legte damit den Grundstein für seine diktatorische Herrschaft. Im Jahr 1980 sollte sein Land im Iran einmarschieren, der Auftakt für einen blutigen Krieg über acht Jahre mit einer Million Toten.

Israel etabliert sich in der Region

Im Jahr 1979 wurde auch der Dschebel-Ali-Hafen in Dubai eröffnet, der grösste von Menschenhand geschaffene Hafen. In einer von Konflikten erschütterten Region waren die Vereinigten Arabischen Emirate ein sicherer Ort. Der in der Folge zunehmende Handel trug mit zum heutigen Wohlstand und der wirtschaftlichen Bedeutung des Scheichtums bei.

Dubais Hafen ist eine 47 Quadratkilometer grosse Freihandelszone, in der etwa 130'000 Menschen arbeiten.
Dubais Hafen ist eine 47 Quadratkilometer grosse Freihandelszone, in der etwa 130'000 Menschen arbeiten.
Bild: keystone

US-Präsident Jimmy Carter, dessen Regierung in einen Dauerkonflikt mit dem Iran geriet, war auf einem anderen Gebiet erfolgreich: Er brachte mit Israel und Ägypten zwei langjährige Erzfeinde zusammen. Unter Präsident Anwar Sadat unterzeichnet Ägypten als erstes arabisches Land einen Friedensvertrag mit Israel.

26. März 1979: Bevor Ägyptens Präsident Anwar Sadat (links) und Israels Premier Menachem Begin (rechts) den Friedensvertrag unterschreiben, singen sie zusammen mit Jimmy Carter (Mitte) die Nationalhymnen.
26. März 1979: Bevor Ägyptens Präsident Anwar Sadat (links) und Israels Premier Menachem Begin (rechts) den Friedensvertrag unterschreiben, singen sie zusammen mit Jimmy Carter (Mitte) die Nationalhymnen.
Bild. keystone

Zwar war der Friedensvertrag ein Grund für die Ermordung Sadats im Jahr 1981. Doch er bereitete auch den Weg dafür, dass Jordanien mit Israel 1994 ein eigenes Abkommen schloss. Heute scheinen selbst die meisten Golfstaaten näher an einer Anerkennung Israels. Der ägyptische Präsident Abdel-Fattah al-Sisi räumte kürzlich sogar ein, dass Israel sein Land beim Kampf gegen islamistische Extremisten auf der Sinai-Halbinsel unterstütze.

Geiselnahme in der US-Botschaft

Mit dem Sturm auf die US-Botschaft am 4. November 1979 sorgte der Iran abermals für Schlagzeilen. Auslöser war, dass Carter dem krebskranken Schah erlaubt hatte, sich in den USA behandeln zu lassen. 444 Tage lang wurden 52 Amerikaner als Geiseln festgehalten. Der Demokrat Carter verlor schliesslich die US-Wahlen, die am ersten Jahrestag der Geiselnahme stattfanden. Der Republikaner Ronald Reagan wurde neuer Präsident. Die Geiseln kamen wenige Minuten nach seiner Amtseinführung frei.

Drei von 60 Geiseln aus der US-Botschaft werden präsentiert, bevor sie am Folgetag freigelassen werden.
Drei von 60 Geiseln aus der US-Botschaft werden präsentiert, bevor sie am Folgetag freigelassen werden.
Bild: Keystone

Reagan setzte auch auf eine stärkere Konfrontation mit Moskau. Die Sowjets waren Ende 1979 in Afghanistan einmarschiert, um dort die unbeliebte kommunistische Regierung zu stützen, die ein Jahr zuvor mit einem blutigen Putsch an die Macht gekommen war. Zehn Jahre blieben die sowjetischen Soldaten in Afghanistan, sahen sich in dieser Zeit mit einem Aufstand afghanischer und ausländischer Kämpfer konfrontiert, die den Konflikt als einen Heiligen Krieg – den Dschihad – sahen.

Niederlagen der russichen Armee gestern und heute:

Der amerikanische Auslandsgeheimdienst CIA versorgte die Rebellen mit Waffen, darunter auch tragbare Raketenwerfer, die von der Schulter abgefeuert werden konnten und mit denen zahlreiche sowjetische Helikopter und Flugzeuge abgeschossen wurden. Unter den Kämpfern von damals war auch ein junger Mann aus einer wohlhabenden saudi-arabischen Familie: Osama bin Laden. Jahre später wurde er der Kopf des Terrornetzwerks Al-Kaida  – verantwortlich für die Terroranschläge in den USA vom 11. September 2001.

Osama bin Laden 1989 in Afghanistan.
Osama bin Laden 1989 in Afghanistan.
Bild:  India Today

Ab Ende der 1970er Jahre hatten die USA Afghanistan weitgehend seinem Schicksal überlassen – die Taliban kamen an die Macht. Die USA erklärten nach den Anschlägen vom 11. September den Krieg, weil sie Bin Laden und seinen Leuten Unterschlupf gewährt hatten. Der Krieg, der längste der amerikanischen Geschichte, dauert bis heute an.

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