Überschall-Jet AS2Die Concorde-Nachfolgerin gibt ordentlich Schub
uri
28.1.2021
Über 50 Jahre nach dem Erstflug der Concorde lebt der Traum vom kommerziellen Überschallflug weiter. Flugzeugbauer Aerion ist seinem luxuriösen Superjet nun einen Schritt näher gekommen.
Im Jahr 2026 will die Aerion Corporation ihren AS2 Business Jet auf den Markt bringen – ein bis zu 1,4 Mach (rund 1700 km/h) schnelles Überschallflugzeug für maximal zwölf Passagiere. Nun hat das Unternehmen einen weiteren wichtigen Abschnitt auf dem Weg dahin geschafft.
In Melbourne im US-Bundesstaat Florida wurde kürzlich mit dem Bau des Hauptquartiers begonnen. Im 110 Hektar grossen Aerion Park sollen die Verwaltungsgebäude und die Einheiten für Forschung, Design und auch die Produktionshallen entstehen.
Aerion will hier in einem Zeitraum von zehn Jahren rund 300 AS2-Flugzeuge bauen, berichtet CNN. Bislang habe sich das Unternehmen bereits Aufträge im Wert von 6,5 Milliarden Dollar gesichert.
Tom Vice, Vorsitzender, Präsident und CEO der Aerion Corporation, erklärte dem Sender, man sehe für die rund 120 Millionen Dollar teure AS2 einen entsprechenden Bedarf, da Kunden bereit seien, für den Zeitgewinn in der Luft zu zahlen. Mit der AS2 soll der Trip von New York ins südafrikanische Kapstadt etwa dreieinhalb Stunden kürzer dauern. Mehr als vier Stunden hole man sogar auf der Strecke von New York nach Singapur oder nach Sydney raus.
Klimaneutrales Fliegen
Entscheidend sei bei der Maschine aber auch, dass sie bedeutend umweltfreundlicher werde als die Concorde. «Die Concorde war eine brillante Maschine, ein edles Experiment, aber sie hat zu viel Emissionen verursacht, sie war viel zu laut und auch zu teuer im Betrieb», meinte Vice gegenüber CNN.
Mit der AS2 soll das alles anders werden. Dem Lifestyle-Magazin «Robb Report» erklärte der Manager, die AS2 werde nicht nur «das erste privat gebaute Überschall-Geschäftsflugzeug sein»; er erwarte auch, «dass unser Flugzeug die erste Wahl der Reisenden ist, nicht nur, weil es das schnellste und luxuriöseste ist, sondern auch weil es das umweltverträglichste ist».
So soll die AS2 bereits zukunftssicher sein, wenn die Welt ab 2050 klimaneutral werden solle, meint Vice. Man habe deshalb zehn Jahre lang an fortschrittlicher Aerodynamik und kraftstoffsparenden Triebwerken geforscht.
Vom ersten Tag an soll das Hyperschallflugzeug auf fossile Treibstoffe verzichten können und zu 100 Prozent mit synthetischen Kraftstoffen abheben. Auch wolle das Unternehmen sich an einem Wiederaufforstungsprogramm beteiligen, um jedem Kunden auf jedem Flug einen CO2-Ausgleich zu bieten.
Überschall ohne Knall
Besonders stolz ist man aber darauf, dass die AS2 über eine «Boomless Cruise»-Technologie verfügen wird. Das bedeutet, dass der für Überschallflugzeuge typische und ohrenbetäubende Knall komplett ausbleiben soll. Der Clou: Der Schall werde in die Atmosphäre abgeleitet, anstatt auf die Erde zurückzuprallen. Auch verzichte die Maschine auf den üblichen Nachbrenner, um die Geräuschemissionen zu senken.
Für das ehrgeizige Projekt hat man bereits viele Partner gewonnen. Die Affinity-Turbofan-Triebwerke etwa kommen von GE Aviation, die Technologie im Cockpit von Honeywell, das bereits grosse Erfahrungen bei Militärjets gewonnen hat, und das Luftmanagementsystem stammt vom europäischen Hersteller Liebherr-Aerospace.
Vice ist sich sicher, dass man nicht nur die Zulassungsbehörden mit der Maschine überzeugen werde. Vor allem glaubt er daran, dass das Produkt reiche Entscheidungsträger mit chronischer Zeitknappheit begeistern wird: «Wir haben analysiert, wie Geschäftsinhaber fliegen», sagte er zu CNN. Wären diese Personen mit der neuen AS2 geflogen, «hätten sie 142 Stunden im Jahr gespart».