Psychologie Darum halten sich Menschen an die Corona-Regeln – und andere nicht

SDA/uri

1.10.2020

Auf einer Demonstration in Berlin tut ein Corona-Leugner seine Meinung kund. (Archiv)
Auf einer Demonstration in Berlin tut ein Corona-Leugner seine Meinung kund. (Archiv)
Bild: Keystone

Herkunft und Alter haben nur wenig damit zu tun, ob Menschen die Corona-Regelungen befolgen. Wichtiger sind psychologische Motive, wie zwei Schweizer Studien herausgefunden haben.

Maskentragen, Abstandhalten und Händewaschen: Zürcher und Genfer Forschende zeigen in zwei Studien, dass die Psychologie eine wichtige Rolle spielt, ob sich jemand an die Corona-Regeln hält oder nicht.

Die Forschenden untersuchten, wie sich das freiwillige Ergreifen von Schutzmassnamen erklären lässt. Gerade jetzt sei dies wichtig zu verstehen, da sich im Laufe des Sommers eine gewisse Corona-Müdigkeit eingeschlichen habe, sagte der Umweltwissenschaftler Max Friedrich vom Eawag Spin-off Ranas im Gespräch mit Keystone-SDA.

Er startete gemeinsam mit seinen Kolleginnen und Kollegen der Eawag und der ETH Zürich im April und Mai 2020 eine repräsentative Online-Umfrage unter tausend Personen in der Deutschschweiz. Demnach befolgten mehr als die Hälfte der Teilnehmer die Verhaltensempfehlungen konsequent. Zwölf Prozent hingegen räumten ein, sich «nur manchmal» oder «selten» daran zu halten. Die Gesundheitspsychologen der Universität Genf führten eine Umfrage in Grossbritannien ebenfalls mit tausend Personen durch.

Was denken andere über mich?

Die Psychologie spielte eine wichtige Rolle: So nahmen sich gemäss der Zürcher Studie die «braven» Menschen zu Herzen, was andere über sie denken und sie fühlten sich gegenüber Risikogruppen und dem Gesundheitspersonal moralisch verpflichtet. Ebenfalls liessen sie sich vom Tun anderer beeinflussen.

Letzteres unterstrich die im Fachmagazin «Applied Psychology: Health and Well-Being» erschienene Genfer Studie: Je mehr die Menschen dachten, dass sie die einzigen Regelkonformen sind, desto weniger hielten sie sich an die Regeln. Doch manche Menschen wähnten sich auch in Sicherheit und befolgten die Regeln nicht, weil dies andere bereits taten. Ebenfalls schätzten die Nicht-Regelkonformen ihren Beitrag als wenig nützlich im Vergleich zur Grösse der Gefahr ein.

Risikogruppen nicht regelkonformer

«Interessant ist, dass diese psychologischen Gründe offenbar stärker sind als andere Faktoren», sagte Friedrich gemäss einer Mitteilung des Wasserforschungsinstituts Eawag. So befolgten Menschen, die rauchten oder an Krebs litten, die Regeln nicht häufiger als andere. Zu einem ähnlichen Ergebnis kam auch die Genfer Studie: Wer sich verletzlich fühlte, hielt die Regeln nicht besser ein als andere.

Alter, Bildungsniveau und familiäres Umfeld hatten gemäss den Genfer Psychologen keinen Einfluss auf das Verhalten. «Das ist ein Ergebnis, das Gerüchten widerspricht, wonach bestimmte Bevölkerungsgruppen, zum Beispiel Jugendliche, Anweisungen weniger befolgt hätten als andere», sagte die Erstautorin Lisa Moussaoui gemäss einer Mitteilung der Uni Genf.

Ideen für neue Kampagnen

«Psychologische Motive, die besonders stark mit einem schützenden Verhalten zusammenhängen, sollten aus unserer Sicht in Kampagnen direkt angesprochen werden», liess sich die Verhaltensforscherin Silvie Palacios in der Eawag-Mitteilung zitieren. Das sehen auch die Genfer Forschenden so.

Demnach sollte eine Kampagne etwa vermitteln, dass andere Menschen enttäuscht sind, wenn man sich nicht an die Regeln hält. Oder umgekehrt: Die Mitmenschen finden es klasse, wenn man den Empfehlungen folgt. Hebe man diese Gefühle hervor, würden sich die Menschen – laut den Studienergebnissen – eher an die Regeln halten, so Friedrich.

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