Fragen und Antworten Das ist über Deltakron bislang bekannt

uri

19.3.2022

Corona-Mutationen: Welche Virusvariante setzt sich durch?

Corona-Mutationen: Welche Virusvariante setzt sich durch?

Alpha, Delta, Omikron und vielleicht bald Lambda, My und Deltakron? Wer blickt da noch durch? Wir beantworten die wichtigsten Fragen im Video.

19.01.2022

Eine neue Corona-Variante ist inzwischen in mehreren Ländern nachgewiesen worden: Deltakron ist eine Kreuzung aus der Delta- und der Omikron-Variante. Was ist über die Mischform bekannt? 

uri

19.3.2022

Anfang des Jahres sorgte eine Entdeckung von Forschenden auf Zypern für Aufregung. Sie berichteten von einer Misch-Variante des Coronavirus aus Delta und Omikron, die im schlechtesten Fall die gefährlichsten Eigenschaften beider Varianten in sich vereinigen könnte. Kurz darauf gab es Entwarnung: Die Labor-Proben waren offenbar verunreinigt, der Befund ein «Irrtum». Richard Neher, Experte für Virusvarianten an der Universität Basel, ging bereits zuvor davon aus, dass es sich nur um ein sogenanntes Artefakt handelt. Im Gespräch mit der Nachrichtenagentur dpa gab er aber auch zu bedenken, dass es durchaus möglich sei, dass es zu solchen Rekombinanten komme.

Inzwischen hat die Weltgesundheitsorganisation WHO die neue Variante bestätigt. Die für Corona zuständige WHO-Expertin Maria van Kerkhove zeigte sich allerdings nicht überrascht: «Wir kennen diese Rekombinante. Es ist eine Kombination aus Delta AY.4 und Omikron BA.1.» Eine solche Rekombinante sei zu erwarten gewesen, wenn zwei Coronavarianten wie Delta und Omikron so stark zirkulieren.

Worum handelt es sich bei Deltakron genau?

Weltweit herrscht derzeit die Omikron-Variante des Coronavirus vor, die bedeutend ansteckender ist als Vorgängervarianten. Omikron führt vor allem bei geimpften Personen für leichtere Verläufe, entkommt dafür als sogenannte Immune-Escape-Variante aber häufig dem Schutz durch Impfung oder eine durchgemachte Infektion. Zuvor dominierte die Delta-Variante in den meisten Regionen der Welt das Infektionsgeschehen. Diese ist zwar weniger ansteckend, zieht nach allgemeiner Einschätzung aber schwerere Verläufe nach sich.

Bei Deltakron handelt es sich nun um eine Rekombination der beiden Varianten Delta-AY.4- und Omikron-BA.1-Linien, wie Gen-Analysen des französischen Instituts Pasteur laut der Genom-Datenbank «Gisaid» zeigen. Ein französisches Forscherteam hat die Hybridvariante laut dem «Spiegel» bereits gründlicher untersucht und charakteristische Mutationen beider Linien festgestellt. Deltakron bestehe demnach aus einem «nahezu vollständigen Spike-Gen von Omikron innerhalb einer Delta-Linie», wie die Autoren in einer noch nicht überprüften Preprint-Studie schreiben.

Vor der Herausbildung einer solchen hybriden Variante hatte der deutsche Virologe Christian Drosten im Januar gewarnt. Die entsprechende Rekombination aus Omikron und Delta könne sehr gefährlich werden, sagte er dem Deutschlandfunk. Es sei dabei möglich, dass die neue Variante dann über das Spike-Protein des Omikron-Virus verfüge und auch über dessen Immunvorteil. Zugleich könne der Rest des Genoms vom Delta-Virus stammen, womit es dann womöglich krankmachender werde. 

Wie kann seine solche Variante entstehen?

Eine Rekombinations-Variante kann dann entstehen, wenn sich eine Person zeitgleich mit zwei Coronavirus-Varianten ansteckt, oder wissenschaftlicher formuliert: «Wenn mehr als eine Variante dieselbe Person in denselben Zellen infiziert und repliziert», wie der Virologe Lawrence Young von der University of Warwick dem «Guardian» erklärte. Wahrscheinlich wird dieses Ereignis immer dann, wenn zwei Varianten zugleich in derselben Population zirkulieren. In diesem Fall eben die Delta- und die Omikron-Variante.

Ein Labor-Mitarbeiter bei der Sequenzierung von Coronavirus-Proben im Zentrallabor des Stadtspitals Triemli in Zürich. (Symbolbild)
Ein Labor-Mitarbeiter bei der Sequenzierung von Coronavirus-Proben im Zentrallabor des Stadtspitals Triemli in Zürich. (Symbolbild)
Bild: Keystone

Wie häufig ist die Variante? Und wo ist sie überall aufgetreten?

Bislang sind nur wenige bekannte Fälle der seit Anfang Januar zirkulierenden Deltakron-Variante bekannt. Laut dem «Guardian» wurde sie bislang mehr als 30 Mal in Grossbritannien nachgewiesen. Mindestens 17 Fälle wurden gemäss der Nachrichtenagentur Reuters in den USA gezählt. Daneben wurde die Variante auch in mehreren Regionen Frankreichs entdeckt und vereinzelt auch in den Niederlanden, Deutschland und Dänemark.

Wie gefährlich ist die Variante?

Wegen der noch geringen Datenlage lässt sich noch nicht absehen, wie gefährlich die Variante tatsächlich ist. Immerhin sehen Experten derzeit noch keine Hinweise darauf, dass sie einen entscheidenden Wachstumsvorteil gegenüber der dominierenden Omikron-Variante hat. «Wir müssen auf Experimente warten, um die Eigenschaften dieses Virus zu bestimmen», twitterte Soumya Swaminathan, die leitende Wissenschaftlerin der Weltgesundheitsorganisation WHO, Anfang der Woche. Sie verwies zudem darauf, dass zur Bewältigung der Pandemie weiterhin «Sequenzierung, Analytik und schneller Datenaustausch von grosser Bedeutung» seien.

Wie steht es um den Impfschutz?

Der Schutz, der durch Impfung oder Infektion bereits gegen die Omikron-Variante aufgebaut wurde, sollte auch gegen Deltakron wirken, sagte Etienne Simon-Lorière vom Institut Pasteur der «New York Times». Die Oberfläche des Virus sei nämlich sehr ähnlich zur Oberfläche der Omikron-Variante. «Der Körper wird es also genauso erkennen, wie er die Omikron-Variante erkennt», so Simon-Lorière.

Wird die Variante die Pandemie verschärfen?

Aufgrund der genetischen Ausstattung der Variante geht Experte Simon-Lorière nicht davon aus, dass die Variante eine Verschärfung der Pandemie bedeuten wird, wie er der «New York Times» erklärte. Ein weiteres Indiz dafür könnte auch sein, dass Deltakron schon seit Ende Januar im Umlauf ist, aber noch nicht häufig registriert wurde. Das könnte darauf hinweisen, dass sie womöglich keinen entscheidenden Vorteil gegenüber dem Mittbewerber Omikron hat. Allerdings stellten französische Forscher in ihrer noch nicht geprüften Untersuchung auch fest, dass die Variante sich «etwas besser an die Wirtszelle binden» könne.