Gross FriedrichsburgDie deutsche Kolonie vor den deutschen Kolonien
Von Philipp Dahm
2.1.2023
Die kurbrandenburgische Kolonie Gross Friedrichsburg
Das Fort Gross Friedrichsburg auf einem Foto von 1966: Die Überreste der Festung stehen noch heute. Nachdem im Mai 1681 mit lokalen Häuptlingen entsprechende Verträge abgeschlossen worden sind, ...
Bild: Commons/Rijksdienst voor het Cultureel Erfgoed
... wurde an der Mündung zweier Flüsse auf einem Hügel das Fort gebaut. Das Material wurde samt und sonders aus Europa zur sogenannten Goldküste ins heutige Ghana gebracht. Am 1. Januar 1683 ...
Bild: Gemeinfrei
... wurde dort die brandenburgische Flagge gehisst und mit dem Bau begonnen. 1984 standen bereits die vier Bastionen, die durch dicke Mauern verbunden waren. Der Machtbereich der Deutschen beschränkte sich allerdings auf die Küste.
Bild: Gemeinfrei
Der Innenbereich der Festung mit Treppe zum zweigeschossigen Hauptgebäude: Je nach Quelle lebten maximal 50 oder 90 Europäer in Gross Friedrichsburg. Hier wurden auch Waren gelagert, zu denen leider auch ...
Bild: Commons/Obruni
... Sklaven zählten, die in diesen Räumen festgehalten wurden. Am 1. März 1686 besteht die Garnison aus folgenden Personen: 1 Generaldirektor, 5 Beamte, 2 Chirurgen, 11 Handwerker, 1 Sergeant, 1 Korporal, 1 Konstabler, 2 Gefreite und 25 Mann.
Bild: Commons/Obruni
Hinzu kommen Einheimische, die zu Arbeiten herangezogen werden. Einige dienen als Soldaten, wobei ihnen Waffen aber nur im Ernstfall gegeben werden. Nachts werden sie ausserdem eingesperrt, was zeigt, wie wenig Vertrauen in sie gesetzt wurde.
Bild: Commons/Rijksdienst voor het Cultureel Erfgoed
Die Bewaffnung bestand zunächst aus 20 Geschützen – darunter zwei 18- und zwei 12-Pfünder. Nach 1678 wurde aufgerüstet, weil es zu vielen Auseinandersetzungen mit den Niederländern kam.
Bild: Commons/Obruni
Blick vom Eingangsbereich des Forts: 1687 überfallen Niederländer brandenburgische Aussenposten und fordern die Übergabe von Gross Friedrichsburg, doch sie können die Einheimischen nicht zum Kampf bewegen.
Bild: Commons/Obruni
Zudem kapern sie brandenburgische Schiffe und blockieren die Kolonie von See aus. Ein Krieg der europäischen Mächte wurde wohl durch den Tod des Grossen Kurfürsten 1688 verhindert.
Bild: Commons/Rijksdienst voor het Cultureel Erfgoed
Englische Darstellung von Gross Friedrichsburg: Das Fort wird zwar noch bis 1692 aufgerüstet, doch ab 1697 geht es bergab mit der Kolonie.
Bild: Gemeinfrei
Dieses Bild wurde wohl in den 1890er Jahren von Briten gemacht, die es «Ruins of Fort Brandenburg at Prinses» betitelten.
Bild: The National Archives UK
SMS «Sophie» vor Gross Friedrichsburg im Februar 1884: Erst 160 Jahre nach der Aufgabe der Kolonie fasst das Deutsche Reich wieder in Afrika Fuss.
Bild: Gemeinfrei
Die kurbrandenburgische Kolonie Gross Friedrichsburg
Das Fort Gross Friedrichsburg auf einem Foto von 1966: Die Überreste der Festung stehen noch heute. Nachdem im Mai 1681 mit lokalen Häuptlingen entsprechende Verträge abgeschlossen worden sind, ...
Bild: Commons/Rijksdienst voor het Cultureel Erfgoed
... wurde an der Mündung zweier Flüsse auf einem Hügel das Fort gebaut. Das Material wurde samt und sonders aus Europa zur sogenannten Goldküste ins heutige Ghana gebracht. Am 1. Januar 1683 ...
Bild: Gemeinfrei
... wurde dort die brandenburgische Flagge gehisst und mit dem Bau begonnen. 1984 standen bereits die vier Bastionen, die durch dicke Mauern verbunden waren. Der Machtbereich der Deutschen beschränkte sich allerdings auf die Küste.
Bild: Gemeinfrei
Der Innenbereich der Festung mit Treppe zum zweigeschossigen Hauptgebäude: Je nach Quelle lebten maximal 50 oder 90 Europäer in Gross Friedrichsburg. Hier wurden auch Waren gelagert, zu denen leider auch ...
Bild: Commons/Obruni
... Sklaven zählten, die in diesen Räumen festgehalten wurden. Am 1. März 1686 besteht die Garnison aus folgenden Personen: 1 Generaldirektor, 5 Beamte, 2 Chirurgen, 11 Handwerker, 1 Sergeant, 1 Korporal, 1 Konstabler, 2 Gefreite und 25 Mann.
Bild: Commons/Obruni
Hinzu kommen Einheimische, die zu Arbeiten herangezogen werden. Einige dienen als Soldaten, wobei ihnen Waffen aber nur im Ernstfall gegeben werden. Nachts werden sie ausserdem eingesperrt, was zeigt, wie wenig Vertrauen in sie gesetzt wurde.
Bild: Commons/Rijksdienst voor het Cultureel Erfgoed
Die Bewaffnung bestand zunächst aus 20 Geschützen – darunter zwei 18- und zwei 12-Pfünder. Nach 1678 wurde aufgerüstet, weil es zu vielen Auseinandersetzungen mit den Niederländern kam.
Bild: Commons/Obruni
Blick vom Eingangsbereich des Forts: 1687 überfallen Niederländer brandenburgische Aussenposten und fordern die Übergabe von Gross Friedrichsburg, doch sie können die Einheimischen nicht zum Kampf bewegen.
Bild: Commons/Obruni
Zudem kapern sie brandenburgische Schiffe und blockieren die Kolonie von See aus. Ein Krieg der europäischen Mächte wurde wohl durch den Tod des Grossen Kurfürsten 1688 verhindert.
Bild: Commons/Rijksdienst voor het Cultureel Erfgoed
Englische Darstellung von Gross Friedrichsburg: Das Fort wird zwar noch bis 1692 aufgerüstet, doch ab 1697 geht es bergab mit der Kolonie.
Bild: Gemeinfrei
Dieses Bild wurde wohl in den 1890er Jahren von Briten gemacht, die es «Ruins of Fort Brandenburg at Prinses» betitelten.
Bild: The National Archives UK
SMS «Sophie» vor Gross Friedrichsburg im Februar 1884: Erst 160 Jahre nach der Aufgabe der Kolonie fasst das Deutsche Reich wieder in Afrika Fuss.
Bild: Gemeinfrei
Am Neujahrstag hissen Matrosen die Flagge Brandenburgs im heutigen Ghana: Der deutsche Kleinstaat gründet vor 340 die erste deutsche Kolonie in Afrika. Gross Friedrichsburg hat von Beginn an einen schweren Stand.
Von Philipp Dahm
02.01.2023, 00:00
Philipp Dahm
Als der Hohenzollern Friedrich Wilhelm im Jahr 1640 sein Erbe antritt, liegt Brandenburg in Trümmern. Der Dreissigjährige Krieg hat zwischen 1618 und 1638 das Kurfürstentum entvölkert. Die Wirtschaft liegt am Boden. Und es gibt jede Menge Ärger mit den Nachbarn Polen und Schweden.
Doch Friedrich Wilhelm reisst das Ruder herum. Er besiegt seine Feinde militärisch, bringt Preussen in Personalunion unter seine Kontrolle, zentralisiert den Staat und bringt den Handel durch Modernisierung und Einwanderung in Schwung. So erwirbt er sich den Beinamen Grosser Kurfürst.
Beeinflusst ist der Regent durch seine Jugend in den Niederlanden, die genau in jener Zeit zwischen 1634 und 1638 ihr Goldenes Zeitalter erleben. Was dort geleistet wird, beeindruckt Friedrich Wilhelm: Wie kann ein so kleines Land aussenpolitisch so mächtig und wirtschaftlich so stark sein?
Der Kurfürst weiss: Um denselben Kurs wie die Niederlande einzuschlagen, braucht er eine Marine. Mit dem Ende der 1670er Jahre – als sein Reich einigermassen konsolidiert ist – baut er eine Flotte auf: Das Handwerk für den Schiffsbau hat er in seinen Lehrjahren an der Nordsee kennengelernt.
Aufbau der Marine
Der Hohenzollern schliesst einen Vertrag mit der Stadt Emden in der Grafschaft Ostfriesland ab – und lässt sich von dem niederländischen Reeder Benjamin Raule helfen. Der stockt Brandenburgs Marine auf 28 Schiffe auf. Sie hat zwei Aufgaben.
Zum einen soll sie einen Kaperkrieg gegen Spanien führen. Das Königreich schuldet Brandenburg 1,8 Millionen Taler an nicht gezahlten Kriegshilfen. Wegen bescheidener Erfolge und internationalen Protestes wird dieser Kaperkrieg jedoch nach einem Jahr 1681 eingestellt.
Zum anderen soll die neue Marine dem Grossen Kurfürsten den Einstieg in den lukrativen Sklavenhandel ermöglichen. Dass Kolonien viel wert sein können, hat Friedrich Wilhelm ebenfalls in seiner Zeit in den Niederlanden gelernt. Schon 1651 will er eine ostasiatische Handelskompanie gründen, doch ihm fehlt das Geld und Investoren findet er auch keine.
Handelsvertrag mit Hindernissen
Am 2. August 1879 macht Benjamin Raule dem Kurfürsten allerdings ein Angebot, das der nicht ausschlagen kann: Brandenburg stellt Besatzung und Flagge für zwei Schiffe, die wiederum dem Reeder aus den Niederlanden gehören. Die Boote sollen Land in Afrika nehmen, so wie es auch die Niederländer, Briten oder Portugiesen tun. Das wirtschaftliche Risiko muss Raule selbst tragen.
Am 17. September 1680 brechen die Fregatte Morian mit 16 Kanonen und die Wappen von Brandenburg mit 22 Kanonen von Pillau bei Danzig auf und erreichen nach rund vier Monaten die Goldküste Westafrikas. Weil die Brandenburger den Eingeborenen ein Fass Branntwein verkaufen, kapert die Niederländisch-Westindische Kompanie die Wappen von Brandenburg.
Doch der Crew gelingt es, einen Freundschafts- und Handelsvertrag mit den drei Häuptlingen der Ahanta zu schiessen, der den Deutschen auch erlaubt, ein Fort auf ihrem Territorium zu errichten. Als das Schiff im August 1681 mit den guten Nachrichten wieder in Glückstadt an der Elbe eintrifft, ist die Freude am Potsdamer Hof gross.
30 Kanonen, 50 Mann Garnison
In Berlin gründen Friedrich Wilhelm, Reeder Raule und brandenburgische Kaufleute am 17. März 1682 deshalb die Brandenburgisch-Afrikanische Compagnie, die den Bau der Festung besorgen soll. Am 12. Juli 1682 brechen die Morian und die Chur Prinz von Brandenburg Richtung Afrika auf. An Bord sind Ingenieure, Soldaten und Arbeiter.
Die Expedition landet im Dezember 1682 nahe dem heutigen Dorf Princes Town, findet den idealen Standort am Fusse eines Hügels zwischen zwei Flussmündungen. Am 1. Januar 1683 – vor genau 340 Jahren – hissen sie die brandenburgische Flagge, um die erste deutsche Kolonie in Übersee perfekt zu machen: Gross Friedrichsburg.
Eine viereckige Festung mit Bastionen an den Ecken entsteht: Die Garnison ist rund 50 Mann stark, die aus Matrosen oder Soldaten des 1684 gegründeten Marinier-Corps Brandenburgs rekrutieren. Der jeweilige Kommandeur der 30 Geschütze starken Mannschaft ist gleichzeitig der Gouverneur des Kurfürsten.
Einstieg in den Sklavenhandel
Brandenburg steigt in den Menschenhandel ein – wie die Niederländer und die Briten, die in der Nachbarschaft Stationen unterhalten: «Der Grosse Kurfürst avancierte zum ersten bedeutenden deutschen Sklavenhändler», schreibt der «Spiegel».
Die Brandenburger verschleppen demnach mindestens 30'000 Afrikaner in die Karibik, wobei bis zu 40 Prozent die Ankunft dort nicht erleben. Eine erste Zusammenarbeit mit dänischen Kolonialisten auf der Insel St. Thomas schlägt fehl.
Lange kann sich der Grosse Kurfürst an seiner Kolonie nicht erfreuen. Zum einen, weil es immer wieder Streit mit den Niederländern gibt, die regelmässig seine Schiffe kapern. Und zum anderen, weil er 1688 stirbt. Sein Sohn Friedrich III. kann sich die Abenteuer Flotte und Kolonie nicht leisten, sodass beides verfällt.
7200 Dukaten und 12 Sklaven
Nach 1695 wird Gross Friedrichsburg zum Minusgeschäft, 1711 muss die Brandenburgisch-Afrikanische Compagnie bereits Konkurs anmelden. Als Freidrich Wilhelm I. 1713 die Herrschaft übernimmt, wickelt er die koloniale Altlast ab. Er verkauft zwischen 1717 und 1720 alle Rechte für 7200 Dukaten und 12 Sklaven an die Niederländisch-Westindische Compagnie.
Die haben zunächst jedoch keine Freude an der Erwerbung: Der letzte deutsche Generaldirektor vor Ort überträgt das Fort dem lokalen Sklavenhändler Jan Conny, der mit den Deutschen zusammengearbeitet hat. Der wiederum erkennt die neuen niederländischen Besitzer nicht an – und schlägt einen Angriff aufs Fort 1720 blutig zurück.
Erst nach vier Jahren gelingt es den Niederländern, Conny zu vertreiben, der Gross Friedrichsburg so lange als Handelsplatz genutzt hat. Der Ort heisst fortan Fort Hollandia, bis auch diese afrikanische Kolonie an Grossbritannien abgetreten wird. Bis das Deutsche Reich als Kolonialmacht in Erscheinung tritt, werden 160 Jahre vergehen.