Erster BurenkriegDie Schlacht vom Majuba Hill, Ohrfeige für eine Weltmacht
Von Philipp Dahm
27.2.2021
Vor 140 Jahren besiegen am Majuba Hill in Südafrika Buren die Weltmacht Grossbritannien – auch wenn der Sieg der aus den Niederlanden stammenden Pioniere nicht von Dauer sein soll.
Von der Mitte des 17. Jahrhunderts an ist Südafrika in der Hand der Niederländer: Die Dutch East India Company baut am Kap der Guten Hoffnung eine Station auf, um besser zu den Kolonien in Indonesien gelangen zu können. Niederländische Pioniere werden ins Land gebracht, um Güter anzubauen, die die Seefahrer auf ihrem Weg versorgen können.
1806 übernehmen die Briten das Regiment in Südafrika – und in der Folge strömen immer mehr Menschen aus dem Weltreich der Queen in die Kapkolonie. Die Buren gehen deshalb von 1835 bis 1841 auf den Grossen Treck, der sie in neue Siedlungsgebiete führt. Die Briten, die den Buren 1834 den Sklavenhandel untersagt haben, lassen sie ziehen – immer an den Flüssen Oranje und Vaal entlang.
Sie gründen zwei neue Länder: 1854 den Oranje-Freistaat und drei Jahre später die Südafrikanische Republik alias Transvaal-Republik. Zuvor hat London den Siedlern vertraglich zugesichert, sie könnten sich nördlich des Vaal niederlassen. Die Krone hielt das Gebiet für wertlos: Allenfalls könnten die Buren die Pionierarbeit übernehmen, bevor Grossbritannien womöglich nachrückt.
Doch 1867 und 1868 ändert sich die Lage, als am Oranje-Fluss und im Grenzgebiet zu den Burenrepubliken Gold und Diamanten gefunden werden: Plötzlich stehen deren Siedlungsgebiete wieder hoch im Kurs. Nicht zuletzt befürchtet London, andere Kolonialmächte könnten sich die Gebiete schnappen, wenn die Krone nicht reagiert.
Steuer-Streit löst Kämpfe aus
Ein willkommener Anlass, die eigene Macht auszubreiten, bietet sich bald: Die Burenrepubliken, deren Wirtschaft noch immer auf der Ausbeutung von Schwarzen beruht, haben seit ihrem Bestehen mit Völkern wie den Zulu Krieg. 1877 annektiert London kurzerhand die Transvaal-Republik – vorgeblich, um diese vor den Zulu zu schützen.
Die Buren protestieren, verweisen auf die Abmachungen von 1852, doch davon will das Weltreich nichts mehr wissen. Der neue Gouverneur Sir George Pomeroy Colley ist nicht vor Ort, sondern verlässt sich auf die Berichte eines Untergebenen, der wiederum die Buren völlig falsch einschätzt. Erst im Dezember 1880 telegrafiert Sir Owen Lanyon, die Lage vor Ort spitze sich zu, er brauche Verstärkung. Da ist es schon zu spät.
Es eskaliert, als Briten am 11. November 1880 die Wagen und Waren eines Buren konfiszieren wollen, um seine Steuerschuld zu tilgen. Einige Hundert Buren schwärmen aus, und als britische Truppe sie verfolgen, fallen Schüsse. Der Krieg beginnt inoffiziell. Offiziell erklärt sich die Südafrikanische Republik am 16. Dezember erneut für unabhängig.
Arrogante Briten
Die Briten bemerken das allerdings erst am 20. Dezember, als ein Militärkonvoi in Potchefstroom überfallen wird. Zwei Tage später werden britische Stellungen im ganzen Gebiet belagert. Zu grösseren Kampfhandlungen kommt es jedoch nur dreimal: die Schlacht von Laing's Nek am 28. Januar, die Schlacht von Schuinshoogte am 8. Februar und schliesslich die Schlacht am Majuba Hill am 27. Februar.
Schon die ersten beiden Konfrontationen verlaufen nicht gut für die Briten, doch Majuba Hill wird zu einer Blamage für die Weltmacht. Am Vortag der Kämpfe beziehen 405 Briten die Anhöhe in den Drakensbergen. Artillerie hat Gouverneur Colley nicht mitgebracht. Den Rat seiner Offiziere, sich auf dem Hügel einzugraben, schlägt der Kommandeur in den Wind.
Diese Arroganz kommt die Truppe teuer zu stehen: Die Buren stellen 450 Mann auf, bilden drei Angriffsgruppen und beginnen am Morgen des 27. Februars den Aufstieg. Während die einen innerhalb der Gruppen Deckung geben, rücken andere vor: Es gelingt den Buren, die Briten einzukreisen. Deren Linien brechen schliesslich zusammen.
Blamage in den Drakensbergen
Gouverneur Colley versucht noch, den wilden Rückzug zu ordnen, als eine Kugel sein Leben nimmt. Er ist eines von 92 Opfern unter seinen Mannen, von denen 134 weitere verwundet und 59 festgenommen werden. Die Buren beklagen einen Toten und fünf Verwundete. Für einige Historiker ist die Schlacht vom Majuba Hill die erniedrigendste militärische Niederlage Grossbritanniens überhaupt.
Wie kann der nur 30 Minuten dauernde Kampf derart enden, obwohl die Weltmacht mit ihren erfahrenen Berufssoldaten in die Schlacht gezogen ist? Auf der einen Seite liegt es an der Arroganz der Briten, die den Gegner unterschätzen, während sie selber in ihren leuchtend roten Uniformen ideale Zielscheiben abgeben.
Und auf der anderen Seite sind die Buren besonders gute Schützen, die mit ihren Gewehren hervorragend umgehen können. Schiessen ist für sie zum einen ein Sport und zum anderen oft genug das Mittel der Wahl bei der Ernährung. Die Pioniere vermeiden dann auch den Nahkampf, wissen dafür aber das hohe Gras zu nutzen, um die Europäer aus der Entfernung das Fürchten zu lehren.
Am Ende bloss ein Pyrrhussieg
Die Buren verpflichten jeden Mann zwischen 16 und 60 zum Kämpfen: Die mobilen Streiter müssen ihr eigenes Gewehr und Pferd mitbringen. Diese Leute kämpfen um ihre Heimat, während die Motivation der 92nd Highlander, des 58th Regiment und der Handvoll Marineinfanteristen deutlich geringer gewesen sein dürfte.
In London ist derweil ein neuer Premier in Amt und Würden: William Gladstone ist klar, dass der Krieg nur mit Verstärkungen weitergeführt werden kann, was teuer und zeitaufwändig ist. Am 23. März wird ein Waffenstillstand und am 3. August ein Friedensvertrag unterschrieben. Die Buren bleiben unabhängig, während die Krone sie in aussenpolitischen Belangen vertritt.
Der Frieden wird nicht von langer Dauer sein: 1886 wird im Gebiet der Südafrikanischen Republik Gold gefunden. Zehn Jahre später versucht der britische Premier Cecile Rhodes, Burenpräsident Paul Kruger mit dem Jameson Raid abzusetzen. Die Spannungen entladen sich 1899 im Zweiten Burenkrieg, der 1902 mit der Annexion ihrer Republiken endet.