Abzocke oder Service?Autohersteller verkaufen Sitzheizung neuerdings im Abo
phi
16.7.2022
Britische BMW-Kunden können künftig Ausstattungen im Monatsabo zahlen: Der Fernlicht-Assistent kostet gut 11, die Sitzheizung 17 Franken. Einige wittern Abzocke, doch die Hersteller geben sich kundenfreundlich.
phi
16.07.2022, 19:02
phi
Autobauer haben ein neues Geschäftsfeld im Blick: Sie wollen durch das monatliche oder jährliche Vermieten zusätzlicher Ausstattung zusätzliche Profite machen. Audi, BMW, Tesla, Cadillac und Porsche sollen entsprechende Pläne haben, berichtet «Consumer Reports» Ende 2021.
Wollen die Hersteller die Kunden etwa zwingen, ein Abo für den Airbag zu lösen, wenn sie keine harten Landungen hinlegen wollen? Fachkreise und Autofreunde sind in heller Aufregung: «Die Autobauer wollen dir monatlich Geld für die besten Features deines Autos berechnen», ist hier zu lesen. Und dort: «BMW will dir monatlich Kosten berechnen, um Grundfunktionen deines Autos zu nutzen.»
Doch die Kritiker haben sich hier leicht verfahren: Szenen à la «Ach, hätte ich doch bloss das ABS-Abo verlängert» wird es nicht geben. Zwar hat BMW in Ländern wie der Schweiz, Deutschland, Österreich, Grossbritannien oder Südafrika tatsächlich ein neues Bezahlsystem eingeführt, doch das gilt nur für Zusatzausstattung.
Hardware ist schon verbaut
Die Leistungen betreffen Technik, die im Wagen schon verbaut ist und nach wie vor bei der Bestellung des Autos hinzugewählt werden kann – zum Beispiel eine Lenkrad-Heizung für 240 Franken. Neu kann diese für 15 Franken aber auch monatlich freigeschaltet werden. Ein Jahresabo kostet 129 Franken, und die unbegrenzte Freischaltung ist für 269 Franken zu haben.
Ein anderes Beispiel ist die Sitzheizung, die mit 29 Franken monatlich zu Buche schlägt. Ein Vorteil des neuen Systems: Kunden müssen die winterrelevante Technik nur für jene Monate zahlen, in denen sie auch gebraucht werden. Der Fernlicht-Assistent, der abblendet, wenn ein Auto entgegenkommt, kann dagegen immer nützlich sein. Er kostet monatlich 12 Franken.
Weitere freischaltbare Ausstattung betrifft vor allem den Bordcomputer und seine Software: Die Palette geht vom Fahrassistenten für 49 Franken pro Monat über die Möglichkeit, für 19 Franken monatlich die Bordkameras für Aufzeichnungen zu nutzen, bis zum Entertainment-Paket für 299 Franken für ein Jahr.
Chance für Zweit- oder Drittbesitzer?
Solche Funktionen auf Verlangen ermöglichten es dem Kunden, die Ausstattung erst einmal zu testen, schreibt Sprecher Alexander Schmuck auf Nachfrage von CNN. Ausserdem hätten Zweit- oder Drittbesitzer so die Möglichkeit, ein Paket hinzuzunehmen, das dem ursprünglichen Besitzer nicht gefallen hat.
Es gibt auch Leistungen, die länderspezifisch angeboten werden. So können US-Kunden die Funktion mieten oder kaufen, das Auto aus der Ferne zu starten – etwa um es warmlaufen zu lassen. Ein ähnliches Feature kann man in den USA auch beim Autobauer Subaru dazubestellen.
Cadillac plant, das Super-Cruise-Fahrassistenz-System monatlich bezahlpflichtig zu machen, und auch Tesla soll ähnliche Ideen haben. Porsche bietet Intelligent Range Manager an, mit dem die Reichweite des Elektroautos erhöht und Aufladestopps minimiert werden. Das Ganze kostet in den USA 474 Dollar oder kann monatlich für 12 Dollar gemietet werden.
Solche Vertriebsmodelle könnte es in Zukunft sehr viel öfter geben, glauben Experten. Doch in der Gegenwart halten sich die Autobauer noch deutlich zurück, wenn es darum geht, sie anzupreisen.
Zu gross dürfte die Angst sein, als Abzocker hingestellt zu werden.