Forscher finden Antworten im Grand Canyon Erdgeschichte hat Lücken: Die Suche nach der verlorenen Zeit

gusi

2.4.2018

Sie lesen in der Erdkruste wie in einem Geschichtsbuch. Geologen können aufgrund der Ablagerungen genau erklären, wie die Welt vor Millionen Jahren beschaffen war. Doch für die Zeitspanne von 500 Millionen Jahre finden sie keine Hinweise. In der Erdgeschichte klafft eine riesige Lücke. Im Grand Canyon haben die Forscher jetzt die Ursache gefunden.

Vor 4,6 Milliarden Jahren formte sich ein glühender Steinbrocken zu einem Planeten – es ist die Geburtsstunde der Erde. Aus dem anfänglich kargen Ort voller Lavaströmen ist eine Welt mit Gebirgen, Ozeanen, Regenwäldern, Steppen und Städten voller Menschen und Tieren entstanden. 

Und jede Zeit hat in der Erdkruste Spuren hinterlassen. Über dem Lavafels liegt eine Schicht Sandstein, darüber Kohle oder Kalkstein. Geologen können die Erdgeschichte vom Anfang bis vor einer Milliarde Jahren gut im Gestein nachlesen. Doch danach klafft ein grosses Loch und zwar über 500 Millionen Jahre lang. Aus dieser Zeit haben die Geologen kaum Spuren gefunden, sie sprechen von der «Grossen Unkonformität».

Rätselwesen wie von einem anderen Planeten

Die Forscher wissen: Es war eine Zeit der ersten grossen Umwälzungen. Erste komplexere Wesen lebten auf der Erde. Die wenigen Relikte, die gefunden wurden, beschreiben Wissenschaftler als «Lebensformen wie von einem anderen Planeten».

Gefunden wurden diese versteinerten Abdrücke unter anderem in Australien in den Ediacara Hills. Es sind sonderbare Gestalten: Viele sind flach wie Pfannkuchen, einige erinnern an Farne, andere an Fischfilets.

Ungefähr 60 Millionen Jahre lang bevölkerten Ediacara-Wesen die Meere, bis sie vor 540 Millionen Jahren auf einmal verschwanden - just zu der Zeit, als sich schlagartig die heutigen Tierstämme ausbreiteten. Waren die Ediacara-Lebensformen also nichts weiter als ein fehlgeschlagenes Experiment der Natur? Dafür fanden die Geologen wegen der klaffenden Lücke in der Erdkruste bisher keine Antworten. 

Immerhin meinen die Forscher mittlerweile, die Lücke erklären zu können: Schuld sei eine gigantische Hebung der Kontinente, schreiben Michael DeLucia von der University of Illinois in Urbana-Champaign und seine Kollegen im Fachmagazin «Geology».

Vor einer Milliarde Jahren gab es nur den Grosskontinent Rodinia und der begann vor etwa 800 Millionen Jahren zu zerfallen. Unter dem riesigen Festland hatte sich vermutlich vulkanische Hitze gestaut. Magmapilze pressten von unten, hoben die Landmassen bis das Gestein barst.

Landhebung ist eine effiziente Vernichtungsmaschine: Gestein, das der Umwelt ausgesetzt wird, erodiert: Regen, Wind, Flüsse, Lawinen oder Erdbeben beispielsweise ebnen über Jahrmillionen auch das höchste Gebirge ein. Als der Grosskontinent Rodinia sich hob, wurden immer neue Gesteinsschichten der Erosion ausgesetzt. Erdkruste mit der Dicke von etwa sieben Kilometern sei vernichtet worden, schreiben DeLucia und seine Kollegen.

Beweise im Grand Canyon

Winzige Teilchen im Gestein des Grand Canyons in den USA verrieten den Wissenschaftlern, was damals geschehen sein muss: Sie fanden Zirkon-Minerale, die nur in sieben Kilometern Tiefe entstehen können. Die Schlussfolgerung der Forscher: Die sieben Kilometer Gesteinsschichten darüber sind verschwunden.

Im Grand Canyon ist die Zeitlücke der Grossen Unkonformität besonders gross, sie umfasst beinahe eine Milliarde Jahre: Über 1,4 Milliarde Jahre altem Gestein liegen im Grand Canyon die Ablagerungen von vor 500 Millionen Jahren.

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