Antarktis Weltgrösstes Fischbrutgebiet entdeckt

SDA

13.1.2022 - 18:21

Ein Forschungsteam unter Leitung des Alfred-Wegener-Instituts (AWI) hat in der Antarktis das vermutlich grösste bisher bekannte Fischbrutgebiet der Welt entdeckt. Das Areal beherberge schätzungsweise 60 Millionen Nester von Eisfischen auf 240 Quadratkilometern.

Die Wissenschaftler bemerkten an Bord des Forschungseisbrechers «Polarstern» viele tausend Eisfischnester auf dem Grund des Weddellmeers, als sie live Bildaufnahmen eines Unterwasserkamerasystems auswerteten. Der Fund kam völlig überraschend und löste bei den Experten Begeisterung aus. Durchschnittlich zählten sie ein aktives Nest alle drei Quadratmeter, teils noch viele mehr.

Eisfische auf dem Grund des Weddellmeers: Forschende haben in einem Gebiet über 100'000 Nester dieser Fische entdeckt.
Eisfische auf dem Grund des Weddellmeers: Forschende haben in einem Gebiet über 100'000 Nester dieser Fische entdeckt.
Keystone

Die Gesamtgrösse des Brutgebiets veranschlagten die Forschenden später anhand ozeanografischer und biologischer Kartierung auf 240 Quadratkilometer mit einer geschätzten Gesamtzahl von rund 60 Millionen Nestern. AWI-Biologe und Studienerstautor Autun Purser bezeichnete die Entdeckung, die in der Zeitschrift «Current Biology» vorgestellt wurde, als «faszinierend».

Bis zu 2500 Eier in einem Nest

Das Weddellmeer ist ein Teil der antarktischen Küste im äussersten Südatlantik. Es ist gemäss einer Mitteilung des AWI seit den 80er Jahren immer wieder Ziel von Forschungsfahrten der «Polarstern». Dabei seien zuvor aber immer nur einzelne Eisfische der Art Neopagetopsis ionah oder kleinere Ansammlungen von Nestern registriert worden.

Die Fische legen dem Institut zufolge zu Brutzwecken kreisrunde Steinnester auf dem Meeresboden an, in die sie bis zu 2500 Eier legen. Gelege werden häufig von einem erwachsenen Fisch bewacht.

Zunächst gelang es dem Team, zu dem auch Patricia Burkhardt-Holm von der Universität Basel zählt, anhand der Bildaufnahmen mehr als 16'000 Nester nachzuweisen. Durch Sonarsignale des Kameraschlittens wurden schlussendlich mehr als hunderttausend Nester bestätigt.

Die Gesamtgrösse kalkulierten die Forschenden durch weitere Untersuchungen. Das Einzugsgebiet des Brutareals in einer Wassertiefe von 420 bis 535 Metern stimme mit einer Zone überein, in der wärmeres Tiefenwasser einströme, berichtete das AWI weiter.

Argument für Schutzgebiet

Nach aktuellem Forschungsstand handle es sich wahrscheinlich um die räumlich ausgedehnteste bekannte Fischbrutkolonie, so die Wissenschaftler. In der Entdeckung sehen sie auch ein weiteres Argument für ein grosses Meeresschutzgebiet im atlantischen Sektor der Antarktisküste.

Das Brutgebiet sei ein «äusserst wichtiges Ökosystem für das Weddellmeer», betonten sie. Weitere Untersuchungen zeigten etwa, dass das Areal mit aktiven Eisfischnestern ein begehrtes Ziel von Weddellrobben sei, die dort vermutlich auf Nahrungssuche gingen. Das hätten Forschungen mit Peilsendern an Robben ergeben.