Coronavirus Forscherteam mit Berner Beteiligung hilft, Mutanten zu enträtseln

iw, sda

26.2.2021 - 12:48

Der Umgang mit Sars-Erregern erfordert erhöhte Sicherheitsvorkehrungen. Das Hochsicherheitslabor des Instituts für Virologie und Immunologie (IVI) verfügt darüber. Hier wurden Sars-Varianten "aufeinander losgelassen", um zu untersuchen, was Mutanten befähigt, sich durchzusetzen (Pressebild)
Der Umgang mit Sars-Erregern erfordert erhöhte Sicherheitsvorkehrungen. Das Hochsicherheitslabor des Instituts für Virologie und Immunologie (IVI) verfügt darüber. Hier wurden Sars-Varianten "aufeinander losgelassen", um zu untersuchen, was Mutanten befähigt, sich durchzusetzen (Pressebild)
Keystone

Die Gefährlichkeit neuer Corona-Mutationen ist immer noch rätselhaft. Was verleiht einem Erreger erhöhte Durchschlagskraft? Ein internationales Forscherteam mit Schweizer Beteiligung hat ein Verfahren entwickelt, um die «Fitness» von Mutationen zu messen.

Entwickelt haben die Wissenschaftler die Methode an der Variante D614G, die vor dem Auftauchen der britischen Mutation B. 117 die weltweit am meisten verbreitete Form des ursprünglichen Sars-CoV-2-Erregers war. Sie konnten nun im Labor und an Tiermodellen zeigen, weshalb die D614G-Variante gegenüber dem ursprünglichen Sars-CoV-2-Virus die Oberhand gewinnen konnte. Die Methode wird auch auf künftige Mutationen anwendbar sein.

«Mit unserem Vorgehen können wir auch neu auftretende Mutationen wie die britische Variante B.117 schneller und besser charakterisieren», sagt Volker Thiel vom Institut für Virologie und Immunologie (IVI) des Bundesamts für Lebensmittelsicherheit und Veterinärwesen BLV, einer der vier Hauptautoren der Studie. Die Erkenntnisse sind für die Bekämpfung neuer Mutanten, die überhand zu nehmen drohen, sehr wichtig, da sie zeigen, wie ein Fitness-Vorteil von Virus-Varianten zu höherer Übertragung führen kann.

Anhand von Zellkulturen mit menschlichen Zellen aus den oberen Atemwegen und der Nase konnte gezeigt werden, dass die D614G-Variante dank einer Mutation im Spike-Protein leichter an menschliche Zellen andockt, sich stärker bindet und schneller vermehrt als das ursprüngliche Virus. Das bestätigte sich im Mausmodell, das allerdings durch Hamster- und Frettchenmodelle ersetzt wurde, weil sich an diesen Tieren die Ausbreitung der Viren besser messen lässt.

Varianten werden aufeinander losgelassen

Die beiden Varianten wurden verglichen, indem jeweils einem Tier ein Gemisch zu gleichen Teilen der ursprünglichen Version des Sars-CoV-2-Virus und der D614G-Variante unter leichter Narkose in die Nase geträufelt wurde. Nach einem Tag wurde es mit einem gesunden Tier der gleichen Art zusammengebracht, um die Übertragung der beiden Varianten im direkten Vergleich zu messen. Der Versuch wurde mit je sechs solcher Tier-Paare wiederholt.

Bei praktisch allen neu infizierten Tieren sei der Anteil der übertragenen SARS-CoV-2-Viren schon früh fast vollständig von der D614G-Variante dominiert worden, schreibt die Universität Bern in einer Mitteilung vom Freitag.

Dank einer vor einem Jahr am IVI entwickelten Klontechnik können Sars-CoV-2-Viren dem Vernehmen nach im Labor exakt nachgebaut werden, um sie gleichsam in den Ring zu schicken und im «Wettstreit» gegeneinander antreten zu lassen. «Mit unserer Teststrategie können wir jetzt auch prüfen, wieso sich andere, neu auftauchende Virus-Varianten durchsetzen», erklärt Volker Thiel.

Neues Forschungszentrum in Bern

Das IVI ist derzeit noch das einzige Hochsicherheitslabor in der Schweiz, in welchem hochansteckende Tierseuchen diagnostiziert und erforscht werden können. An der im Fachmagazin «Nature» veröffentlichten Studie zum neuen Analyseverfahren haben ausserdem Wissenschaftler der Uni Bern, des Centers for Disease Control and Prevention (USA) und des Friedrich-Loeffler Instituts (Deutschland) mitgearbeitet.

Ähnliche Forschungsprojekte zu infektiösen Erregern wie das geschilderte könnten in Zukunft auch am neu gegründeten Multidisciplinary Center for Infectious Diseases and Immunity (MCIDI) der Universität Bern bearbeitet werden, wie die Uni Bern schreibt.

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