Abschaffung vor 50 JahrenHeimatland! Die Kavallerie!!!
Von Philipp Dahm
5.12.2022
Heimatland! Die Kavallerie!!!
Gruppenbild mit Pferden: Kavalleristen machen sich im November 1914 nach der Mobilmachung bereit für die Grenzverteidigung. Der Erste Weltkrieg läutet eigentlich das Ende ...
Bild: KEYSTONE
... der militärischen Reiterei ein, weil Maschinengewehre und Panzer die Kavallerie überflüssig machen. Hier defiliert ein Regiment durch Basel: Das Bild ist zwischen 1914 und 1918 entstanden.
Bild: KEYSTONE
Mensch und Tier überqueren bei Liesberg BL die Birs: Die Schweizer Armee schätzt nicht nur im Ersten Weltkrieg, dass Pferde auch in unwegsamen Geländen vorwärtskommen.
Bild: KEYSTONE
Defilee der 2. Division in Utzenstorf BE im Jahr 1936: Zwischen 1924 und 1938 werden einzelne Schwadronen aufgegeben, weil die Kavallerie als Stosstrupp nicht mehr taugt.
Bild: KEYSTONE
Offiziere der Kavallerie der Schweizer Armee bei einer Eintrittsmusterung von Soldaten und Pferden im November 1939: Die Dragoner sind inzwischen in Leichten Brigaden untergekommen. Im Falle eines Angriffs auf die Schweiz ...
Bild: KEYSTONE
Waffen und Material einer Kavallerie-Schwadron der Schweizer Armee liegen sortiert auf dem Sammelplatz bereit: Seit 1848 können die Soldaten ihre Pferde günstig kaufen. Das jeweilige Tier wird dann zum «Eidgenossen».
Bild: KEYSTONE
... hätte die Kavallerie den Feind im Mittelland aufhalten sollen, um Zeit für den Rückzug ins Réduit zu gewinnen. Ausserdem hätte die mobile Truppe feindliche Fallschirmjäger angreifen wollen.
Bild: KEYSTONE
Reiter ohne Ende: Die Leichte Brigade 3 der mobilisierten Schweizer Armee präsentiert sich am 17. Juli 1940 auf der Strasse zwischen Gossau und Wil im Kanton St. Gallen.
Bild: KEYSTONE
Kavallerie-Soldaten vom Schwadron 24 mit ihren Pferden im Einsatz bei einer Übung am 22. Juli 1940 in Uster ZH: Ein Problem für die Truppe ist während des Zweiten Weltkriegs der Mangel an Heu und Hafer.
Bild: KEYSTONE
Eine Kavallerie-Einheit reitet im Mai 1959 auf dem Flugplatz Payerne an Zuschauern vorbei. Hinter dem Schwadron fahren «Wagen, die vorne mit Magneten ausgerüstet sind, um Nägel und Hufeisen aufzulesen». Sie haben «hinten automatische Besen», welche die Piste von den Spuren der treuen Vierbeiner reinigen, heisst es zum Foto.
Bild: KEYSTONE
Soldaten nehmen am 18. Februar 1967 in Les Reussilles im Jura im Schneegestöber am Defilee des Dragoner-Regiments 1 teil: Schon direkt nach dem Zweiten Weltkrieg werden Forderungen laut, die Kavallerie abzuschaffen.
Bild: KEYSTONE
Die Kavallerie zeigt am 12. März 1970 bei Schwarzenburg ihr Können: Die Zahl der Schwadronen verringerte sich von 30 im Jahr 1938 auf nur noch 18 im Jahr 1961.
Bild: KEYSTONE
Die Diskussionen um die Abschaffung der Kavallerie in der Schweizer Armee nehmen kein Ende: Hier greift ein Parlamentarier 1972 sinnbildlich zum eisernen Besen, um auszumisten. Rudolf Gnägi entscheidet sich in diesem Jahr endgültig, die militärische Reiterei aufzugeben.
Bild: KEYSTONE
Heimatland! Die Kavallerie!!!
Gruppenbild mit Pferden: Kavalleristen machen sich im November 1914 nach der Mobilmachung bereit für die Grenzverteidigung. Der Erste Weltkrieg läutet eigentlich das Ende ...
Bild: KEYSTONE
... der militärischen Reiterei ein, weil Maschinengewehre und Panzer die Kavallerie überflüssig machen. Hier defiliert ein Regiment durch Basel: Das Bild ist zwischen 1914 und 1918 entstanden.
Bild: KEYSTONE
Mensch und Tier überqueren bei Liesberg BL die Birs: Die Schweizer Armee schätzt nicht nur im Ersten Weltkrieg, dass Pferde auch in unwegsamen Geländen vorwärtskommen.
Bild: KEYSTONE
Defilee der 2. Division in Utzenstorf BE im Jahr 1936: Zwischen 1924 und 1938 werden einzelne Schwadronen aufgegeben, weil die Kavallerie als Stosstrupp nicht mehr taugt.
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Offiziere der Kavallerie der Schweizer Armee bei einer Eintrittsmusterung von Soldaten und Pferden im November 1939: Die Dragoner sind inzwischen in Leichten Brigaden untergekommen. Im Falle eines Angriffs auf die Schweiz ...
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Waffen und Material einer Kavallerie-Schwadron der Schweizer Armee liegen sortiert auf dem Sammelplatz bereit: Seit 1848 können die Soldaten ihre Pferde günstig kaufen. Das jeweilige Tier wird dann zum «Eidgenossen».
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... hätte die Kavallerie den Feind im Mittelland aufhalten sollen, um Zeit für den Rückzug ins Réduit zu gewinnen. Ausserdem hätte die mobile Truppe feindliche Fallschirmjäger angreifen wollen.
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Reiter ohne Ende: Die Leichte Brigade 3 der mobilisierten Schweizer Armee präsentiert sich am 17. Juli 1940 auf der Strasse zwischen Gossau und Wil im Kanton St. Gallen.
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Kavallerie-Soldaten vom Schwadron 24 mit ihren Pferden im Einsatz bei einer Übung am 22. Juli 1940 in Uster ZH: Ein Problem für die Truppe ist während des Zweiten Weltkriegs der Mangel an Heu und Hafer.
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Eine Kavallerie-Einheit reitet im Mai 1959 auf dem Flugplatz Payerne an Zuschauern vorbei. Hinter dem Schwadron fahren «Wagen, die vorne mit Magneten ausgerüstet sind, um Nägel und Hufeisen aufzulesen». Sie haben «hinten automatische Besen», welche die Piste von den Spuren der treuen Vierbeiner reinigen, heisst es zum Foto.
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Soldaten nehmen am 18. Februar 1967 in Les Reussilles im Jura im Schneegestöber am Defilee des Dragoner-Regiments 1 teil: Schon direkt nach dem Zweiten Weltkrieg werden Forderungen laut, die Kavallerie abzuschaffen.
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Die Kavallerie zeigt am 12. März 1970 bei Schwarzenburg ihr Können: Die Zahl der Schwadronen verringerte sich von 30 im Jahr 1938 auf nur noch 18 im Jahr 1961.
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Die Diskussionen um die Abschaffung der Kavallerie in der Schweizer Armee nehmen kein Ende: Hier greift ein Parlamentarier 1972 sinnbildlich zum eisernen Besen, um auszumisten. Rudolf Gnägi entscheidet sich in diesem Jahr endgültig, die militärische Reiterei aufzugeben.
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Die Kavallerie galt einst als «Bollwerk des Widerstands» der Schweizer Armee. Doch 1972 bläst Rudolf Gnägi zum Zapfenstreich. Auch 432'430 Unterschriften, die in nur 24 Tagen zusammenkommen, ändern das nicht.
Von Philipp Dahm
05.12.2022, 06:50
05.12.2022, 13:30
Philipp Dahm
Die Schweizer Kavallerie ist schon oft totgesagt worden. Etwa nach dem Zweiten Weltkrieg, doch 1947 sammelt die «Petition fürs Pferd» 158'000 Unterschriften ein – und die Rösser bleiben. Oder 1959, doch wieder wird der Bundesrat von der Kavallerie-Lobby gestoppt.
Im März 1972 beantragt der Bundesrat erneut die Auflösung der Reiter-Truppe. Nun kommen in nur 24 Tagen sogar 432'430 Unterschriften zustande – bei insgesamt 6,26 Millionen Einwohner. Doch diesmal zieht die Politik das Vorhaben durch – und das Parlament beschliesst am 5. Dezember 1972 die Auflösung der Schweizer Kavallerie.
Die Enttäuschung darüber entlädt sich an Rudolf Gnägi, dem Vorsteher des Militärdepartements. Dragoner, die 1973 zu Panzergrenadieren umgeschult werden sollen, protestieren in Bure JU: Zu Pferde ziehen sie eine Panzer-Attrappe durch den Ort, an dessen Geschützrohr eine Puppe aufgeknüpft ist, schreibt NZZ. Um den Hals hängt ein Schild, auf dem «Gnägi» steht.
Dabei tut sich der «urchige SVP-Bundesrat, Sohn eines Seeländer Bauern und ‹Superkavalleristen› sichtlich schwer mit seinem Anliegen», weiss die «NZZ». Dabei will der Verteidigungsminister nur mit der Zeit gehen. Nur in der Sowjetunion gibt es 1972 noch Kavallerie-Einheiten, die aber auch nur noch für Filmaufnahmen in den Sattel steigen.
«Unser Volk ist wehrwillig und dem Pferd freundlich gesinnt»
Doch die Schweiz liebt ihre Reiterei. Das zeigen nicht nur die 432'430 Unterschriften unter der Petition «zur Erhaltung des Pferdes in der Armee», sondern auch der Moment, in dem 250 Berittene – angeführt von Fanfarenbläsern – diese Unterschriften auf dem Berner Bundesplatz abgeben. «Viele Schaulustige verfolgten den eindrucksvollen Auftritt, und es gab Beifall auf offener Strasse», schreibt «Der Bund» am 12. Mai 1972.
«Unser Volk ist wehrwillig und dem Pferd freundlich gesinnt», heisst es in einem Kommentar der Zeitung. Kritisiert wird, dass eine Abschaffung der Kavallerie dem Reitsport schaden und die «Pflege des Wehrgeistes» ohne die Rösser zu kurz kommen würde.
Das könnte daran liegen, dass das Pferd im Milizsystem für die Verbundenheit zur Heimat und Armee steht: Ab 1848 können Reitersoldaten ihre Tiere der Eidgenössischen Militärpferdeanstalt in Thun zu einem ermässigten Preis abkaufen. Der so erworbene «Eidgenoss» ist für Ackerbauern deshalb doppelt wichtig.
«Ein Bollwerk des Widerstands»
Doch die Macher der Armeeordnung 1961 ficht das nicht an: Sie wollen die Streitkräfte fit für den Kalten Krieg machen. Deshalb werden die Dragoner auf 18 Schwadronen mit knapp 3500 Mann reduziert, bevor Gnägi die Milizarmee ausbaut und auf Panzer und mechanisierte Einheiten umstellt und den Kavallerie-Stall 1972 endgültig ausmistet.
Die «Schweizer Film-Wochenschau» ist am 15. Dezember 1972 deswegen untröstlich: Das TV berichtet von «der möglicherweise letzten Heerschau» des Dragoner-Regiments 4. Gegen den Entscheid des Bundesrats haben sich die entsprechenden Verbände ein halbes Jahr «mit allen Mitteln» gewehrt, heisst es weiter. Doch «militärische und finanzpolitische Erwägungen liessen die Politiker anders entscheiden».
60 Millionen Franken hätte die Truppe einmalig gebraucht – und 12 Millionen jährlich für den laufenden Betrieb. Die Kavallerie sei «ein Bollwerk des Widerstands», lobt der Bericht die Truppe. Doch auch ihre «Beweglichkeit in schwierigen Gelände» kann das Aus nicht verhindern, obwohl die Kavallerie «kaum Dienstverweigerer und Langhaar-Probleme» gebe.
Kampfstärke schlägt Tradition
Die Auseinandersetzung mit dem Thema sei «hart geführt» worden, so die «Schweizer Film-Wochenschau». Die Kavallerie sei eigentlich «ein unersetzliches Element des Vertrauens zwischen Armee und Volk». Doch Gnägi hat einen Angriff des Warschauer Pakts vor Augen: «Ausschlaggebend war für uns das Argument der Kampfstärke», wischt er damals alle Bedenken – und Emotionen – beiseite.
Wie eng die Bande zwischen Volk und Kavallerie tatsächlich sind, zeigt sich trotz der Abschaffung aber auch heute noch. Traditionalisten haben sich diese Form der Reiterei in Vereinen erhalten – wie etwa das Schweizer Kavallerie Schwadron 1972. Auch die Offiziers-Reitgesellschaft Zürich ORG ist noch aktiv. Sie lädt am 21. Januar zum «grossen Reiterfest».
Ehrengast ist der Chef der Armee, Korpskommandant Thomas Süssli. Zudem beehren «Delegationen aus Dänemark, England und Schweden» die Zürcher. Die Garderobe an so einem Anlass ist entsprechend: «Festlich elegant, Smoking [oder] dunkler Anzug». Tradition verpflichtet eben.
Trainpferde, die den Materialtransport in unwegsamen Gelände besorgen, sind auch heute noch bei der Armee im Einsatz, wie das unten stehende Video zeigt. Verantwortlich ist hier das Kompetenzzentrum Veterinärdienst und Armeetiere in Schönbühl BE. Hier kann auch noch die Sonderausbildung zum Patrouillenreiter absolviert werden.