Glaziologie In Seen mündende Gletscher fliessen und schmelzen schneller

stsc, sda

27.1.2022 - 08:43

Mündet die Zunge eines Gletschers in einen See, fliesst und schmilzt das Eis schneller: Der Lake Jialong Co im zentralen Himalaya.
Mündet die Zunge eines Gletschers in einen See, fliesst und schmilzt das Eis schneller: Der Lake Jialong Co im zentralen Himalaya.
Keystone

Glaziologen haben herausgefunden, dass in Seen mündende Gletscher im Himalaya deutlich schneller fliessen als solche, die an Land enden. Weil sie dadurch auch schneller schmelzen, dürften einige Regionen Asiens früher mit Wassermangel zu kämpfen haben als erwartet.

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Im Himalaya-Gebirge münden etwa zehn Prozent der Gletscher in einen Gletschersee. Eine Studie im Fachmagazin «Scientific Reports» aus dem Jahr 2019 zeigte bereits, dass solche Gletscher deutlich schneller abschmelzen. Sie sind demnach für bis zu 30 Prozent des Verlusts an Eismasse verantwortlich. Bisher war aber noch wenig über die Mechanismen bekannt, die den verstärkten Eisverlust verursachen.

Das Forschungsteam um Tobias Bolch und Jan Bouke Pronk von der schottischen St. Andrews Universität analysierte nun Satellitenbilder, um die Fliessgeschwindigkeit von 319 Gletschern im zentralen und östlichen Himalaya zu bestimmen. Ihre Erkenntnis: Gletscher, die in einen See münden, fliessen im Durchschnitt mehr als doppelt so schnell wie Gletscher, die an Land enden. Das berichten sie im Fachblatt «The Cryosphere».

Eisströmungsmodelle deuten demnach darauf hin, dass die Gletscherzunge im Wasser weniger Widerstand überwinden muss, als wenn sie über den Boden kriecht.

Wassermangel droht früher

Das Schmelzwasser der Himalaya-Gletscher versorgt Flüsse wie den Ganges und den Brahmaputra, von denen über eine halbe Milliarde Menschen für ihren täglichen Bedarf abhängen. Weil sich heutigen Gletscherseen vermutlich ausdehnen werden und neue entstehen dürften, könnten wichtige Zuströme für die grossen Flüsse schneller versiegen als vermutet.

Denn bisher sei der beschleunigende Effekt von Gletscherseen bei Vorhersagen nicht berücksichtigt worden, sagte Bolch gemäss einer Mitteilung des Schweizerischen Nationalfonds (SNF), welcher das Projekt finanzierte. «Wassermangel in den betroffenen Regionen in Asien könnte deshalb früher auftreten als erwartet», prognostiziert der Glaziologe.

https://doi.org/10.5194/tc-15-5577-2021