«Hakuto-R» Japans private Mondmission ist wohl misslungen

dpa/toko

25.4.2023 - 20:56

Ein Modell des Mondlanders «Hakuto-R».
Ein Modell des Mondlanders «Hakuto-R».
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Es hätte ein Moment des Jubels werden sollen, doch nach dem Landezeitpunkt herrschte Ratlosigkeit und Sorge. Mit dem japanischen Mondlander «Hakuto-R» war zunächst keine Kommunikation möglich.

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Keine Zeit? blue News fasst für dich zusammen

  • Zum geplanten Landezeitpunkt des Mondlanders «Hakuto-R» war am Dienstagabend keine Kommunikation möglich.
  • Der Wettlauf der privaten Mondmissionen geht unterdessen weiter.

Das japanische Unternehmen ispace hat am Dienstagabend zunächst nicht das Gelingen der ersten privaten Mondlandung vermelden können. Es habe keine Kommunikation mehr zum Mondlander «Hakuto-R» aufgebaut werden können, hiess es von ispace etwa eine halbe Stunde nach dem Landezeitpunkt. Damit blieb zunächst unklar, ob «Hakuto-R» weitgehend intakt aufsetzte oder schwere Schäden erlitt.

Damit könnte es bisher weiterhin nur staatlichen Programmen gelungen sein, erfolgreich auf dem Mond zu landen. Zuvor waren schon andere private Mondmissionen gescheitert.

Der deutsche Raumfahrer Reinhold Ewald reagierte skeptisch. «Eigentlich müsste längst Kommunikation da sein», sagte er der Deutschen Presse-Agentur (dpa). «Ich will die Sonde nicht abschreiben, aber die schauten im Kontrollraum schon sehr betroffen.»

«Wir drücken ihnen die Daumen»

Die Lage sei schwierig einzuschätzen, sagte Gerhard Billig von der europäischen Raumfahrtagentur Esa der dpa. Das Unternehmen ispace analysiere nun die Daten – und es gebe Hunderte von Parametern verschiedener Subsysteme. Wie rasch dieses Datenpuzzle für eine Aussage über den Zustand von «Hakuto-R» zusammengesetzt werden könne, lasse sich nicht vorhersagen. «Wir drücken ihnen die Daumen.»

Europas früherer Raumfahrtchef Jan Wörner sagte der dpa, es zeige sich immer wieder, dass Raumfahrt schwierig sei und sich Erfolg häufig erst nach Misserfolgen einstelle. «Man muss nur den langen Atem dazu haben – und bei kommerziellen Missionen die erforderliche finanzielle Unterstützung», meinte der ehemalige Generaldirektor der europäischen Raumfahrtagentur Esa. Japans private Mondmission zeige, dass die Kommerzialisierung der Raumfahrt voranschreite.

Der 2,3 Meter hohe und bei ausgefahrenen Landebeinen 2,6 Meter breite Lander hatte internationale Fracht zum Mond getragen, darunter einen kleinen Rover der Vereinigten Arabischen Emirate und einen noch kleineren Zweiradroboter. Er war von der staatlichen japanischen Raumfahrtagentur Jaxa und dem japanischen Spielzeughersteller Tomy entwickelt worden. Zwei amerikanische Konkurrenten, die Firmen Astrobotic und Intuitive Machines, planen in Kürze ebenfalls Mondmissionen.

Trümmer gescheiteter Missionen

Takeshi Hakamada, Gründer und Chef von ispace, hatte im Vorfeld der Landung «den Beginn einer neuen Ära kommerzieller Mondmissionen» angekündigt. Doch trivial ist eine Mondlandung nicht: Der Erdtrabant ist übersät mit Trümmern von Missionen, die es nicht geschafft haben. Dazu zählt die Sonde «Beresheet» der israelischen Non-Profit-Organisation Space IL, die 2019 wegen eines ausgefallenen Motors auf der Oberfläche zerschellte. Nur die USA, die Sowjetunion und China haben bisher erfolgreich Raumfahrzeuge auf dem Mond gelandet und betrieben.

Bereits seit Jahren wollen auch private Unternehmen auf dem Mond landen und andere Raumfahrtprojekte stemmen. Dabei mischen bislang vor allem US-Unternehmen wie SpaceX mit. Die Konkurrenz steht auch jetzt in den Startlöchern, noch in diesem Jahr soll es weitere Missionen von Privatunternehmen zum Mond geben. «Wir öffnen den Zugang zum Mond für den Fortschritt der Menschheit», wirbt das US-Unternehmen Intuitive Machines. Der Mond-Flug seines Landers «Nova-C» ist derzeit für Juni geplant, wurde zuvor allerdings bereits mehrfach verschoben. Der Lander soll auf dem Mond unter anderem Daten für die «Artemis»-Mission der Nasa sammeln.

Das US-Unternehmen Astrobotic Technology aus Pittsburgh will seien «Peregrine Lander» möglicherweise im Mai auf den Weg schicken. Auch dieser Start ist aber schon mehrfach verschoben worden. Der Lander soll unter anderem im Auftrag der Nasa Materialien für Experimente zum Mond bringen.

Wie bei der Raumstation ISS arbeitet die US-Raumfahrtbehörde Nasa auch bei Mond-Projekten immer enger mit kommerziellen Anbietern zusammen, weil sich das als effizienter und letztendlich kostensparender Weg erwiesen hat. Umgekehrt hängt das Geschäftsmodell privater Firmen bislang vielfach von staatlichen Auftraggebern ab.

Auch ispace hat Verträge mit Nasa und Jaxa. Ziel sei es, Daten vom Mond für die Entwicklung künftiger Mondmissionen zu sammeln, hatte das Projektteam bei Jaxa mitgeteilt. Die private Mission von ispace sei «das schnellste Mittel zur Erreichung unseres Ziels», hatte es im Vorfeld des Landeversuchs geheissen.

Raumfahrer Ewald lobte die ispace-Mission – diese sei unabhängig vom Ausgang der Landung ein Fortschritt in der Raumfahrt sowie durchaus ein Vorbild für Europa. «Wir müssen in Europa schauen, dass wir technisch den Anschluss nicht verpassen», sagte der 66-Jährige, der 1997 mit einer Sojus-Kapsel zur Raumstation «Mir» geflogen war. «Den Japanern ist es die Mondmission jetzt vielleicht misslungen – aber Europa versucht es leider nicht einmal.»

Hakuto lebt auf dem Mond

Der für «Hakuto-R» als Landeort gewählte Atlas-Krater liegt am südöstlichen Rand des Mare Frigoris («Meer der Kälte»). Eine Rakete des US-Raumfahrtunternehmens SpaceX hatte den Lander im Dezember auf den Weg gebracht. Hakuto bedeutet im Japanischen «weisser Hase» – der lebte in der japanischen Mythologie auf dem Mond. Das «R» steht für englisch reboot, Neustart.

Die Erforschung des Erdtrabanten hatte in den 1950er Jahren während des Kalten Krieges als hitziger Wettbewerb zwischen den USA und der ehemaligen Sowjetunion begonnen. Die Sowjets landeten 1959 mit einer unbemannten Sonde auf der Mondoberfläche. Den USA gelang zehn Jahre später mit «Apollo 11» die erste bemannte Mission. Vor zwei Jahren schickte China eine Kapsel zum Mond und holte Gesteinsproben. Im Zuge des «Artemis»-Projekts der USA sollen demnächst wieder Menschen zum Mond fliegen.