Engpass in SpitälernPatienten müssen auf manche Medizinprodukte lange warten
tchs
15.8.2024
Schweizer Spitäler haben mit einem Engpass an verschiedenen Medizinprodukten zu kämpfen, auch Medtech-Firmen sind von neuen EU-Richtlinien betroffen. Die Politik will Lösungen, doch die Umsetzung stockt.
tchs
15.08.2024, 00:00
Christopher Schmitt
Keine Zeit? blue News fasst für dich zusammen
Die Medical Device Regulation (MDF) der EU sorgt dafür, dass in Schweizer Spitälern ein Engpass an verschiedenen Medizinprodukten herrscht.
Auch Schweizer Medtech-Firmen sind von den neuen EU-Regelungen betroffen.
Zulassungen für Europa sind deutlich schwerer zu bekommen.
Die Politik forciert eine Anpassung für die Schweiz, doch es hapert bislang an der Umsetzung.
Die sogenannte Medical Device Regulation, kurz MDR, wurde 2017 in der EU im Jahr 2017 als Reaktion auf mangelhafte Brustimplantate eingeführt – und ist nun der Hauptgrund dafür, dass in Schweizer Spitälern an Mangel an verschiedenen Medizinprodukten herrscht.
Das Ziel des MDR war es, die Patientensicherheit zu verbessern, weshalb alle Medizinprodukte neu geprüft werden müssen. Dies gilt auch für bereits zugelassene Produkte.
«Wir haben wöchentlich Anfragen wegen Lieferschwierigkeiten und müssen uns um Alternativen kümmern», berichtete Severine Dziergwa, die Teamleiterin der Interventionellen Radiologie am Unispital Basel, dem SRF. Unter anderem seien für minimalinvasive Operationen Katheter nötig, aber immer schwieriger zu beschaffen. Es bedeute «einen sehr grossen Aufwand, um an andere Produkte zu kommen», erklärt Dziergwa. Zudem brauche es «eine hohe Flexibilität der Mitarbeitenden».
Medtech-Firmen: Hoher Aufwand für EU-Zulassungen
Auch Schweizer Medtech-Firmen sind von den neuen EU-Regelungen betroffen, unter anderem das Start-up Stimit AG. Wie das SRF berichtet, hat das Unternehmen ein neuartiges Beatmungsgerät entwickelt, auf der Intensivstation soll es die künstliche Beatmung der Patient*innen revolutionieren.
Konstruiert wurde das Produkt in der Schweiz, auch die ersten klinischen Studien wurden hierzulande durchgeführt. Hergestellt wird es ebenfalls in der Schweiz. Aktuell befindet es sich im Zulassungsprozess für die USA und Kanada, nicht jedoch für die EU.
Gegenüber dem SRF beklagt sich Geschäftsführerin Ronja Müller-Bruhn über den hohen Aufwand einer europäischen Zulassung. Termine zu bekommen sei schwer und es würden viel mehr Dokumente und Studien benötigt. «Ich müsste das drei- bis fünffache Budget rechnen wie vor ein paar Jahren.»
Wann wird die Anpassung umgesetzt?
Bereits vor mehreren Jahren hat der Präsident von Swiss Medtech und Luzerner Ständerat, Damian Müller, in einer Motion gefordert, dass in der Schweiz auch Medizinprodukte verwendet werden können, die ausserhalb der EU zugelassen wurden. Das Parlament stimmte der Motion vor eineinhalb Jahren noch zu, allerdings wurde sie bislang nicht umgesetzt.
Ronja Müller-Bruhn geht das zu langsam. «Es braucht jetzt zusammen mit der Industrie einen pragmatischen Weg, um die Versorgungssicherheit und auch die Patientensicherheit zu gewährleisten», so die Geschäftsführerin der Simit AG.
Das Bundesamt für Gesundheit ist federführend für die Umsetzung des Vorstosses verantwortlich. Wie das BAG auf SRF-Anfrage mitteilt, würden zurzeit Zahlungssysteme ausserhalb der EU geprüft, «um festzustellen, wie diese Motion umgesetzt werden kann, ohne die Patientensicherheit zu gefährden». Bis wann mit einer Anpassung gerechnet werden kann, könne man noch nicht sagen.