Sammlung Gurlitt Kunstmuseum Bern könnte weitere Werke zurückgeben

fa, sda

18.1.2021 - 18:00

Vor drei Jahren zeigte das Kunstmuseum Bern die Ausstellung «Bestandsaufnahme Gurlitt». Derzeit klärt das Museum die Provenienz mehrere Gemälde, die möglicherweise während der Zeit des Nationalsozialismus geraubt wurden.
Vor drei Jahren zeigte das Kunstmuseum Bern die Ausstellung «Bestandsaufnahme Gurlitt». Derzeit klärt das Museum die Provenienz mehrere Gemälde, die möglicherweise während der Zeit des Nationalsozialismus geraubt wurden.
Bild: Keystone

Das Kunstmuseum Bern will bei weiteren Werken aus der Sammlung Gurlitt, deren Herkunft nicht zweifelsfrei geklärt werden konnte, eine allfällige Rückgabe neu beurteilen – und geht damit progressiv vor.

Noch letzte Woche hatte Deutschland mit dem Kunstmuseum Bern so etwas wie einen Schlussstrich gezogen: Eine Zeichnung von Carl Spitzweg war auf Wunsch der Erben des ehemaligen Besitzers an das Auktionshaus Christie's übergeben worden; damit seien alle 14 Werke aus der Sammlung Gurlitt, die eindeutig als NS-Raubkunst identifiziert wurden, restituiert worden.



Nun, eine Woche später zeigt sich jedoch, dass das Kunstmuseum Bern die Lage für 20 weitere Werke neu beurteilt. Bei diesen Bildern, etwa Aquarellen von Otto Dix oder Otto Griebel, bestehen Verdachtsmomente, dass sie während des Nationalsozialismus jüdischen Besitzern oder Besitzerinnen geraubt wurden oder diese unter Wert verkaufen mussten. Zweifelsfrei klären lässt sich das kaum mehr.

Keine zweifelsfreie Klärung

Aber Erben fordern deren Rückgabe. Das Kunstmuseum Bern verhandelt derzeit laut Radio SRF 2 Kultur mit zwei Familien, den Erben von Ismar Littmann und von Fritz Salo Glaser. Nina Zimmer, Direktorin des Kunstmuseums Bern und des Zentrums Paul Klee (KMB-ZPK), bestätigte eine entsprechende Meldung von Montag gegenüber Keystone-SDA. Marcel Brülhart, Stiftungsrat der Dachstiftung KMB-ZPK, sagte gegenüber Radio SRF 2 Kultur, die Verhandlungen seien kompliziert, weil «Claims auf der ganzen Welt hängig sind und sich die meisten Museen weigern, etwas herauszugeben».

Die Verhandlungen mit den beiden Familien liefen sehr gut, so Brülhart weiter. «Man wendet dort halt jetzt auch andere Gesichtspunkte an und versucht, eine einvernehmliche Lösung zu finden.» Genau mit einer solchen «einvernehmlichen Lösung», die die menschlichen Schicksale einbezieht, setzt das Kunstmuseum Bern nun eigene Akzente, zeigt ein progressives Vorgehen. Vergleichbar war bereits das Kunstmuseum Basel vorgegangen, das sich letzten Frühling mit den Erben von Curt Glaser geeinigt hatte.

Jüdische Schicksale berücksichtigt

Im aktuellen Fall konnte sich Deutschland nicht für eine Rückgabe entscheiden, weil eben die Forschung keine eindeutigen Beweise für NS-Raubkunst gefunden hat. Entscheiden müssen nun die Berner. Und Brülhart, der das Dossier Gurlitt von Anfang an betreut, sagt zwar, entschieden sei noch nichts. Aber er räumt ein, dass man, wenn man das persönliche Schicksal der jüdischen Sammlerin, des jüdischen Sammlers, berücksichtige, «auch mal etwas zurückgeben» würde, «was bis anhin eigentlich undenkbar gewesen wäre».

Hintergrund dieser Erwägungen ist, dass das Kunstmuseum Bern derzeit überlegt, welche Werke es aus der Sammlung Gurlitt übernimmt. Im Frühsommer will das Museum dazu informieren.

2014 hatte das Kunstmuseum Bern das Erbe von Cornelius Gurlitt akzeptiert; bis Mai 2020 wurde die Provenienz zwischen 1933 und 1945 der insgesamt über 1500 Kunstwerke erforscht. Für rund 1000 Werke konnte diese Provenienz nicht zweifelsfrei geklärt werden. Bis kommenden Sommer «werden noch etwa 100 Werke intensiv beforscht», so Brülhart.

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