Läuft ohne Uran Schweizer Firma entwickelt revolutionären Kernreaktor

Von Philipp Fischer

9.10.2023

Ein Modell des Transmutex-Reaktors, der in der Mitte zu sehen ist: Rechts in Grün: der Teilchenbeschleuniger.
Ein Modell des Transmutex-Reaktors, der in der Mitte zu sehen ist: Rechts in Grün: der Teilchenbeschleuniger.
Gemeinfrei

Mit einem völlig neuen Reaktortyp will eine Schweizer Firma Atomenergie sicherer machen. Dabei soll Uran durch Thorium ersetzt werden – sogar radioaktive Abfälle konventioneller AKWs können vernichten werden.

Von Philipp Fischer

9.10.2023

Keine Zeit? blue News fasst für dich zusammen

  • Das Genfer Start-up Transmutex entwickelt einen neuen  Kernreaktor.
  • Es setzt auf einen Thoriumreaktor kombiniert mit einem Teilchenbeschleuniger.
  • Im Vergleich zu einem Kernreaktor, der mit Uran betrieben wird, haben die Abfälle aus dem Thoriumreaktor eine viel kürzere Lebensdauer.
  • Der Thoriumreaktor kann auch mit radioaktiven Abfällen aus bestehenden Kernkraftwerken betrieben werden.

Das Genfer Start-up Transmutex entwickelt einen völlig neuen Atomreaktor, der statt Uran das weniger problematische Thorium verwendet, berichtet die «SonntagsZeitung».

Der neue Reaktor-Typ soll die Probleme der Kernenergie bezüglich Sicherheit, langlebigen Abfällen und Verbreitung von Atomwaffen erheblich verbessern. Selbst radioaktive Abfälle herkömmlicher AKWs könne der neue Thoriumreaktor vernichten.

Der Müll des neuen Reaktortyps soll laut Aussagen von Maurice Bourquin, ehemaliger Rektor der Uni Genf und Ex-Präsident des Cern-Rats, «nur etwa 300 Jahre» strahlen. Konventionelle Atomkraftwerke produzieren dagegen radioaktive Abfälle, die Hunderttausende von Jahren strahlen.

Erhebliche Verkürzung der Atommüllendlagerung

Zwar liesse sich damit die Problematik von Atommüllendlagern damit nicht vollkommen lösen, «denn 90 Prozent der schwach radioaktiven Abfälle könnten auch mit der neuen Technologie nicht transmutiert werden», erklärt Jagna Züllig, die Sprecherin der Nationalen Genossenschaft für die Lagerung radioaktiver Abfälle.

Dennoch bedeutet eine Lagerungszeit von 300 Jahren eine immense Verkürzung im Vergleich zu dem bisherigen Atommüll konventioneller Kraftwerke. «Das macht die Lagerung berechenbar und damit sehr viel einfacher», so Bourquin. Der emeritierte Physikprofessor fordert deshalb vom Bund, das Projekt trotz AKW-Verbot zu prüfen.

Interesse vom Bund

Wie die «Sonntagszeitung» berichtet, sollen sich sowohl die Axpo, der grösste Schweizer Energieversorger, als auch das Umwelt- und Energiedepartement von Bundesrat Albert Rösti bereits mit der neuen Reaktor-Variante befassen.

So teilt die Axpo mit: «Wir hatten Kontakt mit dem Unternehmen Transmutex und haben eine erste Analyse vorgenommen.» Eine endgültige Bewertung stehe jedoch noch im Raum, schliesslich befindet sich der Reaktor noch im Entwicklungsstadium.

Unterstützung erhält das Transmutex-Projekt auch von dem Geologen und Sozialwissenschaftler Marcos Buser. Er beschäftigt sich als Mitglied der Eidgenössischen Kommission für nukleare Sicherheit seit vielen Jahrzehnten mit der Kernenergie und der Entsorgung chemotoxischer Sonderabfälle in der Schweiz.

Buser gilt eigentlich als Gegner herkömmlicher Atomkraftwerke, die neue Schweizer AKW-Technologie kann aber auch ihn überzeugen. «Sie könnte eine massive Entschärfung des Abfallproblems mit sich bringen. Der Reaktor von Transmutex scheint in diesem Sinne ein sehr interessanter Ansatz zu sein», so Buser.