Vulkanausbruch vor Tonga Forscherin: «In der Schusslinie wäre es absolut furchterregend gewesen»

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21.1.2022 - 06:15

Nach der gewaltigen Eruption vor dem Inselkönigreich Tonga ist unklar, wie der Unterseevulkan Hunga-Tonga-Hunga-Ha’apai heute aussieht. Zudem suchen Forschende nach einer Erklärung für den gewaltigen Tsunami.

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Der Ausbruch des Hunga-Tonga-Hunga-Ha’apai im Pazifik gibt Vulkanologen Rätsel auf. Derart folgenschwere Eruptionen eines Untersee-Vulkans sind selten – und noch seltener sind durch Feuerberge ausgelöste Tsunamis.

Der Pazifische Feuerring mit seinen gefährlichen Vulkanen ist die geologisch aktivste Zone der Erde und entfaltet regelmässig seine zerstörerische Kraft. Die Mega-Eruption des unterseeischen Hunga-Tonga-Hunga-Ha’apai in der Südsee am vergangenen Wochenende hat aber selbst Wissenschaftler überrascht.

«Das war ein unglaubliches Ereignis, und sich in der Schusslinie des Ausbruchs zu befinden, wäre absolut furchterregend gewesen», sagt Emily Lane, Expertin für Hydrodynamik am neuseeländischen Institut für Wasser- und Atmosphärenforschung. Auch aus wissenschaftlicher Sicht sei diese Naturkatastrophe «überwältigend».

Eine Frage beschäftigt nun die gesamte Fachwelt: Was ist von dem einst 1800 Meter hohen und 20 Kilometer breiten Feuerberg, der nur 65 Kilometer nördlich der Hauptstadt des polynesischen Königreichs Tonga mitten im Ozean liegt, noch übrig? Vor dem Ausbruch lag der Rand der Caldera – also des ringförmigen Kessels – nur knapp unter der Wasseroberfläche, ihr Zentrum befand sich laut Lane in gerade einmal 200 Metern Tiefe.

«Wir wissen mehr über die dunkle Seite des Mondes»

Aber wie sieht der Hunga-Tonga-Hunga-Ha’apai jetzt aus? «Wir werden erst wissen, was mit dem Vulkan passiert ist, wenn wir Leute dorthin schicken können, um ihn zu kartografieren», erklärte Lane im Gespräch mit der Deutschen Presse-Agentur. «Im Grunde wissen wir mehr über die dunkle Seite des Mondes als über den Ozean.» Tatsächlich gibt es unzählige Unterwasser-Vulkane auf der Erde, die meisten aber in grosser Tiefe. Wenn sie ausbrechen, wird das meist kaum wahrgenommen.

Was genau zu der gigantischen Eruption im Pazifik geführt hat, könne ebenfalls erst dann geklärt werden, wenn Experten vor Ort seien, so Jonathan Hanson vom geologischen Institut GNS Science in Neuseeland. «Wegen der Aschewolken und der eingeschränkten Kommunikation mit Tonga können wir uns derzeit nicht sicher sein.»

Die Nähe des Hunga-Tonga-Hunga-Ha’apai zur Oberfläche war jedoch entscheidend. «Wenn hier Magma auf Wasser trifft, verdampft es, das Meerwasser wird erhitzt, und es entsteht Wasserdampf», zitierte die «Fuldaer Zeitung» den Vulkanologen Thomas Walter vom Geoforschungszentrum Potsdam (GFZ).

Zu einer so starken Explosion könne es kommen, wenn neu gebildeter Wasserdampf eingeschlossen wurde. «Das Volumen dehnt sich bei dem Verdampfungsprozess aus, aus einem Liter Wasser entstehen beinahe 1000 Liter Wasserdampf.»

Wellen des Tsunami waren bis zu 15 Meter hoch

Die Folge: Am vergangenen Samstag schleuderte der Vulkan eine gigantische Wolke aus Asche, Dampf und Gas bis zu 20 Kilometer in die Höhe. Die Satellitenbilder sind spektakulär – wie ein Atompilz breitete sich das Gemisch ringförmig bis in die Stratosphäre aus.

Die dadurch entstandenen Druckwellen konnten sogar in der Schweiz gemessen werden. Der Knall war Tausende Kilometer weit bis nach Neuseeland und Fidschi zu hören. Ein anschliessender Tsunami mit bis zu 15 Meter hohen Wellen verwüstete Teile von Tonga und erreichte auch weit entfernte Küsten etwa in Japan, Alaska und Südamerika.

Laut Lane handelte es sich um den ersten durch einen Vulkanausbruch ausgelösten Pazifik-weiten Tsunami seit der verheerenden Eruption des Krakatau in Indonesien im Jahr 1883. Bei einer der gewaltigsten Eruptionen der jüngeren Menschheitsgeschichte waren dort mehr als 36'000 Menschen gestorben.

Die darauffolgende gigantische Flutwelle wurde bis nach Europa registriert. «Von Vulkanen provozierte Tsunamis sind lange nicht so häufig wie solche, die von Seebeben ausgelöst werden», betonte Lane. «Nur etwa fünf Prozent der historischen Tsunamis wurden durch Vulkane verursacht.»

Teile des Feuerbergs sind zerstört

Während Vulkanforscher rund um den Globus Daten auswerten und versuchen, die Geheimnisse des Hunga-Tonga-Hunga-Ha’apai zu enträtseln, scheint eines bereits klar: Die Eruption hat zumindest Teile des Feuerbergs zerstört. So ist eine erst 2015 bei einem monatelangen Ausbruch des Vulkans entstandene, zwei Kilometer lange Insel plötzlich verschwunden, wie Satellitenaufnahmen belegen.

Wird der seit Dezember aktive Hunga-Tonga-Hunga-Ha’apai nun weiter brodeln oder gibt er zunächst Ruhe? «Das einzige, was wir sicher sagen können, ist, dass der Vulkan jetzt ausgebrochen ist. Also ist die Wahrscheinlichkeit gering, dass sich darunter noch viel mehr Magma befindet», sagte der Geochemiker Oliver Nebel von der renommierten Monash University in Melbourne zuletzt. Jedoch sei das keine Garantie: In der Vergangenheit habe es auch schon mehrere schwere Ausbrüche eines Vulkans in Folge gegeben.

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Von Carola Frentzen und Rebekah Lyell, dpa/uri